Mi 21.04.2004
Die SLP führte seit fast zwei Jahren eine Kampagne zur Verteidigungder "Lucina"- Frauenklinik, als Dietmar Fischer, Chef von HLI-Österreich die Frauensprecherin der SLP verklagte. Gegenstand der Klage war einArtikel mit dem Titel "Terror vor der Klinik", der zumInternationalen Frauentag in der Volksstimme (Nr. 10/2002) erschienen war undin dem die Methoden der radikalen Abtreibungsgegner beschrieben wurden.
Folgende im Artikel enthaltenen Punkte wurdenin der Klagsschrift als unwahr bezeichnet: Die MitarbeiterInnen von HLI"würden Terror vor der Klinik ausüben; würden Frauen beschimpfen und sogaram Betreten der Klinik hindern; würden Morddrohungen verbreiten; würdenLügenpropaganda verbreiten; würden Psychoterror ausüben." (aus derKlagsschrift vom 17.4.2002) Vertreten ließ sich Fischer von der AnwaltskanzleiGheneff-Rami, der ehemaligen Kanzlei von Justizminister Böhmdorfer.
Durch die Klage wollte der HLI-Chef jeneMenschen zum Schweigen bringen, die dieMethoden von HLI am deutlichsten aufzeigen. Bei den monatlichen Kundgebungenund in zahlreichen Publikationen wurden die HLI-AktivistInnen und derenMethoden von der SLP immer wieder angegriffen. Die Vorgehensweise der Klagengegen GegnerInnen deckt sich mit der Einschüchterungstaktik, die von militantenAbtreibungsgegner international angewendet wird. In den USA führen sie permanentProzesse und Kampagnen gegen Organisationen, die sich für das Recht aufSchwangerschaftsabbruch einsetzen.
Eines war von Anfang an klar: Wenn dieradikalen Abtreibungsgegner mit ihrer Klage durchkommen, würde das einenenormen finanziellen Verlust und eine Bedrohung für die politische Aktivitätfür die SLP bedeuten. Aber nicht nur auf uns hätte eine Niederlage vor Gerichtkatastrophale Auswirkungen gehabt. Hätte HLI vor Gericht Erfolg gehabt, hättensie in der Zukunft wesentlich leichter gegen Frauenorganisationen,JournalistInnen und alle anderen vorgehen können, die ihre Methoden aufzeigen.Sie hätten dazu ein richtungsweisendes Urteil in der Hand gehabt.
Dies hätte eine weitere Offensive gegen dasFrauenrecht auf Abtreibung bedeutet. Deshalb war es notwendig, im Rahmen derVerteidigung vor Gericht, den Wahrheitsbeweis anzutreten. Zahlreiche Frauen(ehemalige Patientinnen) und Klinikpersonal unterstützten uns dabei, indem sieaussagten, was ihnen vor den Kliniken widerfahren ist. Diese Frauen bewiesengroßen Mut, denn nach wie vor ist Schwangerschaftsabbruch eingesellschaftliches Tabuthema für das sich nur wenige öffentlich einsetzen.
Die erste Verhandlung fand am 19. Dezember2002 statt. Dietmar Fischer und seine Anwältin Huberta Gheneff hatten nichtviel vorzuweisen. Die Zeuginnen und Zeugen allerdings, die für Claudia Sorgeraussagten, schilderten sehr eindrucksvoll, in welcher Form sie von denHLI-Aktivisten terrorisiert worden sind. Ein Zeuge meinte auf die Frage, ob erdie Belästigungen von HLI als Terror bezeichnen würde: "Terror ist zueinem Schlagwort geworden, aber wie sollte man das sonst bezeichnen."
Am 10. Juli 2003 fand der letzteVerhandlungstermin in erster Instanz im Prozess von HLI gegen die SLP statt.Sabine Beham - als Leiterin der Lucina-Klinik eine der wichtigsten ZeugInnen- bestätigte den im Artikelbeschriebenen Sachverhalt. Laut ihrer Aussage hat Frau Beham seit dem Jahr 2000mehrmals Morddrohungen erhalten. Diese waren immer telephonisch und anonym."Wenn ich nochmals vor die Klinik auftauche, bekomme ich eine Kugel in denKopf" und "Es wurde mir mein Grabstein vorgelesen, mit Geburtsdatum,in welcher Reihe er am Zentralfriedhof stehen wird, nur das Sterbedatum hatgefehlt." Sie berichtete auch von Anschlägen auf die Klinik, von denextremen Belästigungen von HLI-AktivistInnen an PatientInnen sowie demKlinikpersonal. Da die Morddrohungen anonym waren, konnte "nur" eindeutlicher Zusammenhang zu den Aktivitäten der radikalen Abtreibungsgegner vonHLI hergestellt werden. Konkret benennen konnte sie einen Aktivisten namensBucher, der mehrmals mit hochgestreckten Armen vor der Klinik gestanden undgerufen hatte "Herr, hilf mir, diese Klinik in die Luft zu sprengen."
Frau Beham bestätigte somit die Aussagen der ehemaligen Patientinnen, die inden beiden vorigen Verhandlungsterminen ausgesagt hatten. Die betroffenenFrauen berichteten von den massiven Belästigungen und Beschimpfungen ("Dubist eine Mörderin!", "Bitte Mama, bring dein Kind nicht um!",...). Auch ein in der Klinik zeitweise beschäftigter Anästhesist, berichteteüber die bedrohlichen Meldungen der HLI-Aktivisten gegenüber den Frauen:"Sie können da oben sterben." oder "Sie gehen in ein Schlachthaus." Insgesamt wurde im Rahmen desVerfahrens ausführlich bewiesen, dass HLI Psychoterror gegen Patientinnen undKlinikpersonal ausübt.
Die Aussagen einzelner Zeuginnen gingen sogarüber die im Volksstimme-Artikel beschriebene Vorgangsweise der militantenAbtreibungsgegner hinaus. Besonders erschütternd war die Aussage einer jungenFrau, die von HLI-AktivistInnen gegen ihren Willen im "Lebnszentrum"zwei Stunden festgehalten worden war. Der Anwalt, der die SLP und dieVolksstimme in dieser Sache vertrat, Dr. Andreas Löw, bezeichnete in seinemSchlussplädoyer die Aussage einer Zeugin als die beunruhigendste. "Was HLIsich ihr gegenüber erlaubt hat, sprengt eigentlich bei weitem die vomPrivatankläger inkriminierten geradezu verharmlosenden Äußerungen. Das Lockender Zeugin unter falschen Voraussetzungen, nämlich, dass sie bei den Leuten vonHLI einen Schwangerschaftsabbruch durchführen könne; das anschließendeFesthalten von ca. 2 Stunden, währenddessen sie sich einen Film ansehen musste,das Absperren des Raumes (...) erfüllt alle Voraussetzungen derFreiheitsberaubung und der Nötigung." Trotz dieses strafrechtlichenTatbestandes wurden seitens des Gerichtes keine weiteren rechtlichen Schritteeingeleitet, was die Untätigkeit des Rechtsstaates gegen die kriminellenAktivitäten der radikalen AbtreibungsgegnerInnen bestätigt.
Interessanterweise wechselte HLI im Laufe desGerichtsprozesses die Anwaltskanzlei. Die Anwaltskanzlei Gheneff-Rami (vormalsBöhmdorfer-Gheneff) war anscheinend nicht reaktionär genug, weshalb sich HLIAlfons Adam engagierte. Adam ist Obmann der ultrakonservativen Pro VitaBewegung für Menschenrecht auf Leben und somit selbst Teil des Netzwerks umHLI. Im Plädoyer des HLI-Anwalts wurdeder ideologische Hintergrund dieser Klage offensichtlich, als er meinte:"Es gibt kein Recht auf Abtreibung." Auf dieser Grundlagerechtfertigte er die Methoden der HLI-Aktivisten und das gerichtliche Vorgehenvon HLI gegen Claudia Sorger. Auch bei der Zeugenaussage eines HLI-Aktivistenkam deren Gesinnung deutlich zum Ausdruck. Auf die Frage der Richterin, was derZeuge zu den Aussagen der Frauen meint, sagte dieser: "Frauen können auchlügen. Es gibt gute und böse."
Nachdem die Richterin am Landesgericht Wien die Klage in allen Punktenzurückwies, kündigte der HLI-Anwalt an, in Berufung zu gehen. Das Urteil wurdejedoch auch vom Oberlandesgericht am 15.3 2004 bestätigt. Dieses Urteil ist einRiesenerfolg, denn imZuge des Verfahrens wurde ausreichend bewiesen
- dass HLI Terror und Psychoterror gemacht hat
- dass Frauen beschimpft und am
Betreten der Klinik gehindert wurden
- dass Morddrohungen verbreitet wurden
und
- dass HLI Lügenpropaganda verbreitet
hat.
Im Rahmen dieses Prozesses wurde ein Beweisverfahren geführt, in dem
jeder einzelne geklagte Punkt durch die zahlreichen ZeugInnen und das
schriftliche Beweismaterial dokumentiert wurden. In diesem Zusammenhang ist
noch einmal allen ZeugInnen zu danken, die enormen Mut bewiesen haben und durch
ihre Aussagen einen entscheidenden Beitrag zum positiven Ausgang des Verfahrens
geleistet haben. Die HLI-Strategie der Einschüchterung ist nicht aufgegangen -
im Gegenteil: Die Klage von HLI hat dem Thema zusätzliche Brisanz und damit
verstärktes Interesse gebracht. Der Ausgang des Verfahrens hat bestätigt, dass
wir es hier nicht mit harmlosen Lebensschützern zu tun haben, reaktionären, frauenfeindlichen
Fundamentalisten, die mit Methoden arbeiten, die bis ins Kriminelle reichen.