Do 02.10.2008
Die Wahlen am 28. September waren eine ordentliche Ohrfeige für SPÖ und ÖVP. Das rechte Lager ist massiv gestärkt und erhält fast 1/3 der Stimmen. Kleinere Listen sind geschwächt (Grüne) oder marginalisiert (LiF). Linke erhalten wenig Stimmen – bauen aber weiter auf.
Der große Schock des Wahlabends war die Stärkung der extremen Rechten, von FPÖ und BZÖ. Grundlage dafür war die Politik von SPÖ und ÖVP in den letzten Jahren. Und zwar nicht das "Gestreite", wie uns Medien und AnalystInnen weiß machen wollen, sondern ihre Politik. Immer abgehobener von den Bedürfnissen haben sie Verschlechterungen für uns alle beschlossen. Die ÖVP wurde für ihre Arroganz und Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen der Menschen - insbesondere angesichts sozialer Verschlechterungen - abgestraft. Der SPÖ gelang es durch soziale Rhetorik, der kaum soziale Taten folgen werden, den Platz eins zu halten - trotz massiver Stimmenverluste.
Dass Menschen über die etablierten Parteien sauer sind ist verständlich. Dass sie deswegen die extreme Rechte wählen ist ein Ausdruck für das Fehlen einer linken Alternative. Diese aufzubauen ist Ziel der AktivistInnen des Wahlbündnisses LINKE. Aber dass sie es bei dieser Wahl (noch nicht) war, wussten wir im Vorhinein.
Linke-Kandidatur: (kleiner) Schritt in die richtige Richtung
Schon bei der Gründung der Wahlplattform LINKE am 19. Juli wurde uns von manchen erklärt, wie falsch unser Projekt wäre. Diese fühlen sich durch das schwache Abschneiden bestätigt. Tatsächlich gab es aber keine Alternative zum Antreten.
Das Stimmenergebnis der LINKE blieb hinter den Erwartungen zurück. Zwar war uns klar, dass es nicht möglich ist, das Potential von 5-10%, das es für eine neue linke Kraft gibt, bei dieser Wahl abzuschöpfen, aber wir hatten doch auf eine Stärkung der linken Stimmen insgesamt (LINKE und KPÖ) gehofft. Das war letztlich nicht der Fall. Aber anstatt Schuldzuweisungen (riskantes Projekt, falsches Programm, falscher Wahlkampf…) ist eine Analyse der Rahmenbedingungen notwendig. Tatsache ist, dass alle kleineren Listen - unabhängig von ihrer Medienpräsenz und ihrer Geldmittel (LiF!) - marginalisiert wurden. Tatsache ist, dass die Linke insgesamt (LINKE und KPÖ) Stimmen verloren hat. Tatsache ist, dass es auch bei der LINKE keine herausragenden Einzelergebnisse gibt, die Rückschlüsse auf einen "guten" oder "schlechten" Wahlkampf zulassen. Tatsache ist, dass die Polarisierung und Kampagnisierung der etablierten Parteien es für kleinere Listen schwierig gemacht hat. Angesichts der drohenden - und dann auch eingetretenen - Stärkung der Rechten hat auch das Argument vom "kleineren Übel" wieder gegriffen. Eine echte Mobilisierung ist im wesentlich auf Seiten der Rechten gelungen. Grüne, LiF, KPÖ, LINKE haben nur ihr unmittelbares Stammpotenital zur Urne gebracht. Die LINKE wurde dabei als schwächstes Glied geradezu pulverisiert. Wir verstehen, wenn Menschen aus Angst vor der FPÖ wieder die SPÖ gewählt haben. Wir sind aber überzeugt, dass die SPÖ keine Barriere für ein weiteres Erstarken des Rechtsextremismus darstellt. Da sich ihre soziale Rhetorik wieder nur als Stimmenfang herausstellen wird, wird eher das Gegenteil der Fall sein.
Ein Fehler wäre gewesen, nicht zu kandidieren
Eine Kandidatur wäre dann falsch gewesen, wenn es uns nur um Stimmen und den Einzug ins Parlament gegangen wäre. Doch das war niemals der Fall. Die SLP und andere AktivistInnen der LINKE haben vom ersten Tag an betont, dass die Kandidatur ein Schritt im Aufbau einer neuen Formation links von SPÖ und Grünen ist. Wir haben beim Unterstützungserklärungen-Sammeln und beim Wahlkampf viele getroffen, die eine solche neue Kraft wollen. Und auch viele, die sich aktiv am Aufbau beteiligen wollen. Falsch sind Behauptungen, die Kandidatur hätte einem solchen linken Projekt geschadet. Denn WIE verläuft der Aufbau einer solchen neuen Kraft? Nicht am Reißbrett nach einem Schema F. Diverse schon existierende solcher neuen Formationen zeigen die unterschiedlichsten Wege dorthin an.
Richtig ist aber, dass eine neue, starke linke Partei nicht unabhängig von sozialen Bewegungen und Klassenkämpfen entstehen wird. Viele nehmen dieses - an sich richtige Argument - als Ausrede, warum sie sich jetzt (noch?) nicht an Schritten in diese Richtung beteiligen wollen. Wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, passiv darauf zu warten, dass "etwas passiert". Gerade in Österreich ist aufgrund der langen Tradition der Stellvertreterpolitik und der fehlenden Erfahrungen mit Klassenkämpfen die Entstehung von sozialen Bewegungen und Streiks erschwert. Linke können daher bei ihrem Zustandekommen und ihrem Verlauf eine zentrale Rolle spielen. Es gibt daher eine notwendige Wechselwirkung zwischen der politischen Arbeit in den Gewerkschaften, für eine kämpferische Politik und der Beteiligung an Schritten zum Aufbau einer neuen politischen Kraft. Konkret zeigt sich das daran, dass die LINKE aktiver Teil der Bewegung gegen die Schließung der Glanzstoff in St. Pölten ist und mit Kazim Yildirim ein betroffener und aktiver Kollege bei der LINKE kandidiert hat.
Linke notwendiger den je
Die Form der künftigen Koalition ist bei Redaktionsschluss noch offen. Ob Große Koalition oder eine andere Zusammenarbeit mit Unterstützung aus dem rechten Lager - sie werden vor dem Hintergrund einer kommenden Wirtschaftskrise agieren. Das macht jede kommende Regierung instabil, da sie ständig mit dem Schielen auf die kommenden Wahlen in der Regierung Wahlkampf wird betreiben müssen, um von den Angriffen auf die ArbeitnehmerInnen abzulenken. Wie die kommenden Angriffe genau aussehen werden, ist noch offen, dass sie kommen werden gewiss - und dass sie drastisch sein werden auch. Zu erwarten sind eine "Gesundheitsreform" mit ev. höheren Selbstbehalten, Leistungskürzungen und einem schlechteren Angebot in Spitälern. Zu befürchten sind weitere Kürzungen bei den künftigen Pensionen. Weitere Verschlechterungen bei Arbeitszeit, Einkommen uvm. Während in den 1990er Jahren noch breit akzeptiert wurde dass "wir alle den Gürtel enger schnallen müssen" zog die "wir können uns das nicht leisten" Propaganda der ÖVP nun überhaupt nicht. Jeder/m war klar, dass eine Reihe von Wahlzuckerln beschlossen wurden, kaum jemand lies sich dadurch zum Wählen einer Partei bringen, aber die Stimmung war: "Freiwillig gebt ihr uns ohnehin nie etwas, also nehmen wir jetzt mal, was wir kriegen können." Das spiegelt die soziale Polarisierung und den Wunsch nach etwas neuem wieder.
Zur Zeit kann nur die Rechte diesen Wunsch nach einer Ohrfeige fürs Establishment bedienen. Gerade unter jungen WählerInnen, die ja die Haupt-Leidtragenden der Verschlechterung des Lebensstandards sind, hat die FPÖ besonders gut abgeschnitten. Das liegt v.a. daran, dass es auf der Linken diesmal keine starke Alternative zur Wahl gestanden ist.
Weiter machen
Die LINKE war ein Wahlprojekt von Menschen, die längerfristig eine neue linke Kraft aufbauen wollen. Daher geht es auch nach dem 28.9. weiter. Ein höheres Stimmenergebnis hätte das vielleicht leichter gemacht, aber an der grundsätzlichen großen Aufgabe, die vor uns liegt, nichts geändert. Die Notwendigkeit einer neuen linken Kraft ist überdeutlich. Die SLP schlägt daher der LINKE eine Kampagne für eine Lohnerhöhung von mindestens 8% bei den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen vor. Und wir werden Aktionen gegen FPÖ&Co organisieren. Denn der Aufbau der LINKE hat gerade erst begonnen.