Mo 01.09.1997
Ein “Gemischtwarenladen” sei nicht privatisierbar, so meldete sich Mitte Juli Wirtschaftsminister Farnleitner zu Wort. Die Post sollte eigentlich 1998 als einheitliches Unternehmen (Gelbe Post, Postautodienst und Telekommunikation) an die Börse - so war es bisher Regierungslinie.
Nun will die ÖVP wieder die Telekom als eigene Aktiengesellschaft an die Börse bringen (wie die FPÖ). Einzig der ehemalige ÖVP-Wirtschaftsminister Ditz, heute Vorstandsdirektor der Post-Telekommunikation-Austria (PTA), will die Post wie ursprünglich privatisieren.
Entzündet hat sich der Streit um die von der PTA-AG geplanten “Frühpensionierungen” nachdem Postbedienstete über 60 (bzw. 55) Jahren mit 80 % des Letztbezuges karenziert werden und erst mit Pensionsantrittsalter in die Pension wechseln. .Zufrieden war die ÖVP mit der Koalitionslinie nie, paßte sich aber den SPÖ-Plänen an. Heute ist die SPÖ angeblich auf Farnleitner-Linie. Die Regierung hatte bei der Post die letzten Jahre ordentlich abgeräumt: Gewinne aus der Telekommunikation wurden ständig entnommen und für das Budget verwendet. So war die Post gezwungen, Kredite aufzunehmen, um Gehälter bezahlen zu können und in die Brief- und Paketpost zu investieren.
Bereits 1992 betrug die Zinslast davon öS 5,2 Milliarden und stieg jährlich weiter an. Außerdem konnte die Post keine eigene Tarifpolitik machen. So häufte sich ein Schuldenberg von über öS 100 Milliarden an.
Ende 1995 kam es zum “Bundesgesetz über die Entwicklung und Aufgaben der PTA” - kurz Poststruktur-Gesetz genannt. Demnach übernimmt Vermögen und Schulden der Post eine eigene “Post- und Fernmeldeinvestitionsfinanzierungsgesellschaft” (PFIG). Sie verwaltet die Anteilsrechte des Bundes und untersteht dem Verkehrsministerium. Die PTA soll als Tochtergesellschaft des Bundes teilweise privatisiert werden. Die Gewinne aus der Telekom bleiben in der PTA, die Schulden größtenteils der PFIG!
Privatisierung = Kürzungen
Bei einer Privatisierung kommen die Postbediensteten unter den Druck der Aktionäre, die für hohe Dividenden Kündigungen und Abbau von Sozialleistungen durchziehen. Druck erzeugt auch die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes durch die EU. Die Post gerät unter den Druck privater Netzanbieter (MAX-Mobil, Tele-Ring und andere). Die versprochene Senkung der Telephongebüren ist in keinem Land mit privater Post eingetreten.
Die jetzige Absicht der ÖVP ist relativ klar: Man will SPÖ und Postgewerkschaft in die Enge treiben: Entweder eine eigenständige Privatisierung der Telekommunikation und den Verbleib der Altlasten bei der gelben Post. Oder die 10.000 Stellen werden ohne eine Garantie auf 80 % des Letztbezuges abgebaut - es käme also zu einer Kündigungswelle!
Was tut die Postgewerkschaft?
Bei einer Unterschriftenlisten-Aktion der Postgewerkschaft sprachen sich 1994 750.000 Menschen gegen eine Post-Privatisierung aus. Im Februar 1996 kam es wegen des Beamtensparpaketes und der Personalabbaupläne zu Unmut unter den Postbediensteten. Die Postgewerkschaft beschloß, einen Aktionstag in Wien abzuhalten. Dieser wurde aber am Abend davor wieder abgesagt, nachdem die Bundesregierung Verhandlungsbereitschaft signalisiert hatte. Als diese Seifenblase aber zerplatzte, verweigerte die FSG in der oberösterreichischen Post die Teilnahme am Maiaufmarsch 1996, was die SPÖ aber wenig kümmerte. Die Verteidigung der Post muß jetzt beginnen:
- Kampf gegen jeden Stellenabbau
- Gegen Trennung von Briefpost, Telegraphie und Postbus!
- Betriebs- und Dienststellenversammlungen, um alle Kolleginnen und Kollegen zu informieren.
Nimmt die Regierung ihre Pläne nicht zurück, muß zu Kampfmaßnahmen wie Demonstrationen und Streiks gegriffen werden!