Fr 04.03.2022
Ein Mann zu werden ist kompliziert. Um der systematischen Benachteiligung von Frauen und queeren Menschen zu entgehen, muss Mann sich entsprechend benehmen. Das heißt, spielen mit Puppen ist Tabu, genauso wie rosa und Nagellack. Wenn du ein Mann werden willst, zeigst du besser wenig Gefühle. Mann lernt auch schnell, wie “richtiger” Sex geht und dass man besser nur auf Frauen steht. Mädchen sind zuerst doof, dann Trophäen und wenn man sie später mal gern hat, sollst du deinen “Besitz” verteidigen.
Wo dieses „Erziehen“ von Männern hinführt, zeigten in Österreich letztes Jahr 31 Frauenmorde. Die meisten Täter sind Ex-Partner. Woher kommt dieses Bild vom Besitz der Partnerin, das so oft in Gewalt endet? Die dominante, gesellschaftliche Rolle von Männern etablierte sich mit der Entstehung von Klassengesellschaften. Angehäufter Reichtum sollte vererbt werden und so wurde es relevant, Kontrolle über den eigenen Nachwuchs zu erlangen. Das ist auch der ganze Zauber hinter der Monogamie-Kontrolle. Zur Legitimierung der Unterdrückung von Frauen wurde der Mythos vom unselbstständigen “schwachen Geschlecht” geschaffen. Männer sollen die “Herren” der Familie sein und diese ernähren, sich aber gleichzeitig im Job den Kapitalist*innen unterordnen. In der Realität von Familien der Arbeiter*innenklasse müssen beide Elternteile arbeiten gehen, um alle Kosten zu decken. Männer stehen unter dem Druck eines für die Mehrheit der Bevölkerung unerfüllbaren Ideals des Familienernährers. Gleichzeitig treffen Frauen aus der Arbeiter*innenklasse, die arbeiten müssen, damit genug Geld vorhanden ist, absolut unrealistische Erwartungen bezüglich Erziehung, Haushalt & Co.
Es sind diese sexistischen Rollenbilder, die der Kapitalismus zum Überleben braucht, gepaart mit wachsendem Stress und unerfüllbaren Erwartungen in einer Klassengesellschaft, die dazu führen, dass Frust und Spannungen sich - viel zu oft - in (Männer)Gewalt in der Partnerschaft entladen. Reduzierung der Arbeitszeit, Besserstellung von prekären, oft frauendominierten, Berufen, Mieten, die nur 10% des Einkommens ausmachen, ganztägige, kostenlose Kinderbetreuung würden nicht nur Frauen entlasten und Trennungen aus gewalttätigen Beziehungen erleichtern. Sie würden auch den Erwartungsdruck von Männern nehmen und bessere Voraussetzungen für die Arbeitsteilung in Familien schaffen. Wenn Männer gegen Sexismus angehen, geht es daher auch nicht nur um Solidarität. Eben weil auch Männer in ein Rollenbild mit all seinen Nachteilen gepresst werden, das zur Aufrechterhaltung eines Systems dient, das von der Ausbeutung der Arbeiter*innenklasse im Allgemeinen und von Frauen im Besonderen lebt, ist der Kampf für Verbesserungen von Frauen immer ein Kampf für die gesamte Arbeiter*innenklasse und muss deshalb von dieser geschlossen geführt werden. Sexismus ist daher auch weit mehr als dumm oder ein Kavaliersdelikt, es spaltet uns und hilft den Herrschenden, an der Macht zu bleiben.