Sa 01.11.1997
Obwohl die ehemalige verstaatlichte Industrie schon privatisiert worden ist und die Aktionäre hohe Dividenden einstecken - wie bei der VA-Tech, VA-Stahl oder der OMV - sind noch einige „Gustostückerl“ übrig. Aber auch diese „Schmankerl“ stehen schon auf der Weihnachtswunschliste der Investoren und die Bundesregierung arbeitet fleißig an der Umsetzung.
Eines dieser „Gustostückerl“ ist neben der Austria Tabak und der Verbundgesellschaften die Post und Telekom Austria (PTA). Damit den Investoren aber auch hohe Gewinne ins Haus stehen wird zur Zeit kräftig „reformiert“ und „umstrukturiert“. Diese zwei strapazierten Schlagwörter bedeuten in der Realität sowohl für die Beschäftigten wie auch für uns, die Kunden der Post, (Benutzer) Verschlechterungen in vielen Bereichen. Zum geplanten Börsengang der PTA kommt noch dazu, daß ab 1. Jänner 1998 die völlige „Liberalisierung“ des europäischen Telefonmarktes in Kraft tritt.
Sehr deutlich sichtbar wird das bei den neuen Telefontarifen fürs Festnetz, die an Unübersichtlichkeit kaum noch übertreffbar sind. Da gibt es jetzt neue Zonen, verschiedene Tarife für jede Tages- und Nachtzeit und ein neues System (?) für die Grundgebühren. Als erstes steht die Wahl eines der vier Grundtarife ins Haus, die reichen vom „Minimumtarif“ um ÖS 170,4 bis hin zum „Geschäftstarif 2“ um ÖS 482,4. Dann beginnt bei jedem Telefonat die große Recherche über die Entfernung des anderen Gesprächsteilnehmer. Denn den alten „günstigen“ Ortstarif zu 66 Groschen/Min gibt es nicht mehr. Er wurde ersetzt durch einen Regionaltarif, der auf 50 Kilometer ausgedehnt worden ist. Dafür aber ist er in den Tageszeitzonen, wo die meisten Telefonate stattfinden, entschieden teurer und kostet je nach Grundtarif zwischen ÖS 1,16 bis ÖS 0,98/Min. Freilich, wer gern in der Nacht telefoniert und seinem Gesprächspartner den verdienten Schlaf rauben will, der kann das in der „Supersparzeit“ in der Zeit von 20 bis 6 Uhr zwischen ÖS 0,42 bis ÖS 0,35/Min im „Geschäftstarif 2“ günstiger tun. Fazit, die Gewinner sind Großkunden - sie profitieren von der neuen Staffelung. Ähnliche „Tarifreformen“ fanden bereits in ettlichen Ländern Europas auf dem Weg an die Börse statt und brachten nirgendwo die großen versprochenen Vergünstigungen. Vielmehr sollen mit dem „Tariflabyrinth“ die zukünftigen Dividenden der Aktionäre gesichert, die „Handytarife“ gestützt und sowohl Thomas Gottschalk, wie auch Alexander Wurz bezahlt werden. Das ganze Wirr Warr wird uns nun als die große neue Erkenntnis verkauft, durch die sich jeder viel Geld sparen kann. Nun ganz falsch ist das sicherlich nicht, denn wer vor diesem Tariflabyrinth kapituliert und lieber wieder Briefe schreibt, der kann sich eine Menge Geld sparen. Die Tarife für die Briefpost wurden allerdings bereits erhöht.