Mo 30.06.2008
Die Krise der SPÖ ist eine tiefe. Egal ob Neuwahlen oder nicht, die internen Debatten gehen weiter. Und die Angriffe auf den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse ebenso. Der Wechsel an der Parteispitze wird nichts bringen. Der Versuch, mehr Profil gegenüber der ÖVP zu zeigen, und hier v.a. in den Bereichen Soziales und EU, werden als das wahrgenommen, was sie sind: verzweifelte – mehr populistisch motivierte als einen inhaltlichen Schwenk widerspiegelnde - Versuche den schlechten Umfragewerten entgegen zu wirken. Von einem echten Kurswechsel kann nicht die Rede sein. Auch die neue Position in Bezug auf EU und Volksabstimmung spiegelt kein plötzliches Demokratieverständnis wieder. Die neue Position deckt sich zwar mit jener von Teilen der SPÖ- und Gewerkschaftsbasis und kann daher auch Parteiintern als „Wende zur Basis“ verkauft werden. Sie ist aber – das zeigt auch der gewählte Weg (Kronenzeitung statt parteiinterne Diskussion, Bekanntgabe ohne Beschlüsse in der Partei über die Köpfe der FunktionärInnen und Mitglieder hinweg) - v.a. der Versuch WählerInnen von der FPÖ (zurück) zu gewinnen. Aus der SPÖ mehren sich die Stimmen, die darin auch die Vorbereitung einer Zusammenarbeit mit der FPÖ sehen.
Die SPÖ ist heute eine Partei, deren Politik sich nicht von jener anderer bürgerlicher Parteien unterscheidet. Aber in der SPÖ gibt es noch eine Reihe von Mitgliedern, die GewerkschafterInnen sind bzw. sich als Linke sehen. Sie sind mit der neoliberalen Politik der SPÖ nicht einverstanden und versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas „dagegen zu tun“. Sie sind angesichts der tiefen Krise der SPÖ, dem Mitglieder- und WählerInnenverlust, der Orientierung an Unternehmensinteressen beunruhigt und wollen die SPÖ wieder für eine Politik im Sinne der ArbeitnehmerInnen zurück gewinnen.
Wir meinen, dass Linke in der SPÖ dazu einen Plan, ein Programm und ein Konzept braucht. Und dass der Versuche, die SPÖ wieder zu einer Partei für ArbeitnehmerInnen und Jugendliche zu machen, nach einer gewissen Zeit bilanziert werden sollte. Die SLP unterstützt den Kampf von Mitgliedern der SPÖ bzw. von SPÖ-nahen Organisationen (SJ, FSG…) gegen den neoliberalen und oft rassistischen Kurs der Parteispitze und bietet eine Zusammenarbeit an – gemeinsam gegen Sozialabbau und Rassismus.
Die Linken in der SPÖ sind verstreut und weitgehend unorganisiert. Zwar gibt es einige Zusammenschlüsse, aber keine organisierte Vernetzung auf Bundesebene, die über Diskussionen hinausgeht. Wie könnte der Aufbau einer solchen Linken vor sich gehen?
- Widerstand gegen die nächsten Angriffe organisieren: egal ob Neuwahlen oder nicht, die nächsten Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen kommen (leider) bestimmt. Auf der Liste stehen u.a. Pensionsautomatik, Privatisierungen, Arbeitszeitregelungen, Angriffe auf Arbeitslose unter dem Deckmantel der Bedarfsorientierten Grundsicherung, Gesundheitsreform… In- und außerhalb der SPÖ gibt es Widerstand dagegen. Wir meinen, dass entschlossener und organisierter Widerstand notwendig ist. GewerkschafterInnen sollen in den Gewerkschaften, Jugendliche in Schulen&Unis, alle in sozialen Bewegungen gegen die Angriffe mobil machen. Dies kann Kampagnen, Demonstrationen und Streiks umfassen. Weil das bedeuten kann, auch gegen die SPÖ aktiv zu werden, braucht es dazu eine größere Unabhängigkeit der Strukturen wie FSG und SJ. Wir denken, dass die BündnispartnerInnen in einem solchen Kampf nicht pseudo-linken SPÖ-SpitzenfunktionärInnen sein können, die in ihrem Machtbereich selbst neoliberale Politik betreiben (Buchingern, Burgsthaler, Haider) sondern GewerkschafterInnen und Linke in- und außerhalb der SPÖ.
- Linken Flügel organisieren und in die Offensive gehen: EinzelkämpferInnen sind mutig – aber wenig erfolgreich. Auf die pseudo-linken SPÖ-SpitzenfunktionärInnen ist kein Verlass, ihnen geht es meist um den eigenen Machterhalt (in den Bundesländern aus denen die lauteste Kritik kommt, sind bald Wahlen). Im Herbst ist SPÖ-Parteitag.Auch wenn der Parteitag erfahrungsgemäß wenig demokratisch ist, und kaum linke BasisaktivistInnen als Delegierte zugelassen werden, bietet er doch eine Möglichkeit für Linke in der SPÖ gemeinsam und lautstark aufzutreten. Dazu können RednerInnen, Anträge und Wahlvorschläge genutzt werden. Konkrete Vorschläge bedeuten auch, dass die medienbekannten „linken KritikerInnen“ wie Haider und Buchinger Farbe bekennen müssen – bzw. entzaubert werden. KritikerInnen wird oft vorgeworfen, sie würden das Image der SPÖ schädigen, wenn sie öffentlich Kritik äußern. Die fehlende Parteidemokratie lässt ihnen keine andere Möglichkeit und der Ruf der SPÖ wird nicht durch linke BasisaktivistInnen, die den Kurs von Gusenbauer&Co. kritisieren ruiniert, sondern durch eben deren neoliberale Politik. Um am Parteitag erfolgreich auftreten zu können muss eine organisierte linke Opposition rasch beginnen, diese Intervention vorzubereiten. Ziel einer organisierten Opposition sollte es sein, sich nicht auf Kritik zu beschränken, sondern offensiv ein anders Programm und eine andere Parteiführung vorzuschlagen und für eine Mehrheit dafür zu kämpfen. Das bedeutet einen inhaltlichen und personellen Bruch mit der pro-kapitalistischen Führung, mit neoliberaler und rassistische Standortlogik.
- Ein linker Flügel in der SPÖ braucht ein Programm: Ein Programm mit dem er sich offensiv an ArbeitnehmerInnen, Jugendliche, PensionistInnen, sozial Schwache und MigrantInnen wendet. Gerade in der Frage einer EU-Volksabstimmung wird die Notwendigkeit klar sozialistischer Positionen deutlich. Fehlen diese, bleibt oft eine Anbiederung an nationalistische und häufig rassistische Positionen wie von FPÖ und Krone propagiert. Eckpunkte eines solchen Programms können sein:
- Arbeitszeitverkürzung und Mindestlohn statt Flexibilisierung und Angriff auf Arbeitslose
- Ausbau des öffentlichen Dienstes, ein öffentliches Investitionsprogramm in Wohnen, Gesundheit und Verkehr statt Privatisierungen und Sozialabbau.
- Gleiche Rechte für alle in Österreich lebenden Menschen statt soziale und politische Diskriminierung und Rassismus.
- Für ein vereinigtes Europa der ArbeitnehmerInnen, gegen rassistische Hetze und kapitalistische Profitwirtschaft.
- Eine ganz andere Partei notwendig: Wir unterstützen den Kampf von GewerkschafterInnen und Linken für eine „Rückbesinnung der SPÖ auf alte Werte“. Wir denken, dass dafür ein Bruch mit der kapitalistischen Logik notwendig ist. Eine Linke in der SPÖ muss sich auch die Frage stellen, wie konnte es mit der SPÖ soweit kommen. Dies ist nicht allein die Schuld einiger rechter PolitikerInnen sondern das Ergebnis einer auf die Logik des Kapitalismus aufbauenden Parteipolitik. Wir sind – aufgrund unserer Analyse der SPÖ – skeptisch, ob so eine Rückbesinnung möglich ist. Wir denken, dass die SPÖ heute undemokratischer und entleerter ist, als jemals zuvor und dass neoliberale Inhalte zum Parteicredo geworden sind. Wir möchten auch an erfolglose Versuche in der Vergangenheit hinweisen, die gescheitert sind bzw. von der Parteiführung bürokratisch unterdrückt wurden. Dennoch denken wir, dass GenossInnen in der SPÖ, die auf eine solche Rückbesinnung hoffen, diesen Kampf mit voller Kraft versuchen sollten und bieten dafür auch unsere Unterstützung an. Wir denken aber auch, dass ein solcher Kampf nach einiger Zeit bilanziert werden muss. Hat es Erfolge gegeben? Gibt es eine organisierte linke Opposition in der SPÖ, die wesentliche Positionen gewinnen konnte? Hat sich am Kurs der SPÖ etwas geändert? Gibt es wieder mehr ArbeiterInnen und Jugendliche die sich positiv auf die SPÖ orientieren und sie als ihre Kampforganisation betrachten. Fällt die Bilanz positiv aus, dann ist die SPÖ nicht nur ein bisschen verändert worden, sondern wurde quasi neu aufgebaut, ist eigentlich eine völlig neue Partei. Fällt eine Bilanz negativ aus, dann halten wir es für notwendig, einen anderen Weg einzuschlagen. Eine Partei ist kein Selbstzweck sondern ein Mittel um – wir sprechen hier von einer ArbeiterInnenpartei – Verbesserungen für ArbeitnehmerInnen zu erkämpfen, gegen Angriffe auf den Lebensstandard von ArbeiterInnen zu mobilisieren. Erfüllt eine Partei diese Aufgabe auf Dauer nicht und gibt es hier trotz intensiver Bemühungen keine Verbesserung, stellt sich die Frage nach dem Aufbau einer neuen politischen Kraft. Die SLP tritt schon länger für den Aufbau einer neuen Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche ein. Schon jetzt sind viele Linke außerhalb der SPÖ aktiv. Wir laden alle Mitglieder der SPÖ und ihrer Vorfeldorganisationen dazu ein mit diesen zu kooperieren und im Bündnis mit uns und anderen Linken sich am Aufbau einer solchen neuen Partei zu beteiligen wenn sie zu dem Schluss kommen, dass die SPÖ nicht zurückgewonnen werden kann.