Do 18.05.2006
Seit einigen Tagen gibt es aus den Reihen des ÖGB die Initiative „Zeichen setzen“. Die im Aufruf formulierten Ziele spiegeln Wut und Unmut über den bisherigen ÖGB wider, in dem Frauen, kleinere Fraktionen und alle, die nicht dem traditionellen Berufsbild (männlich, fixer Job, 40 Stunden/Woche) entsprechen, untergehen. Und sie spiegeln die Enttäuschung über eine ÖGB-Führung wieder, die massive Privilegien hat, über den Kopf der Basis hinweg entscheidet und die sozialen Interessen der Mitglieder nicht entschieden genug verteidigt hat.
Angesichts der tiefen Krise des ÖGB ist eine Initiative zur Demokratisierung hoch an der Zeit. Die „Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften“ begrüßt und unterstützt diese Initiative.
Wichtig ist, wie die gesetzten Zeichen nun UM-gesetzt werden können. Wir gehen davon aus, dass viele enttäuschte Gewerkschaftsmitglieder diese Möglichkeit, ihren Protest zu zeigen, nutzen wollen. Eine Initiative die den ÖGB erneuern will, sollte eine aktive Teilnahme ihrer UnterstützerInnen ermöglichen. Je mehr KollegInnen aktiv mitarbeiten, desto besser werden wir die Zeichen UM-setzen.
Wir haben diesbezüglich Vorschläge, die wir an die InitiatorInnen und alle UnterstützerInnen dieser Initiative richten möchten. Wir schlagen daher die Einrichtung eines Internetforums auf www.zeichensetzen.at vor, um eine möglichst breite Diskussion zu ermöglichen.
Wir brauchen Programm gegen Angriffe auf ArbeiterInnen-Rechte:
Der Mitgliederschwund hat nicht erst seit Bekanntwerden des Bawag-Skandals begonnen, sondern ist das Ergebnis der Politik des ÖGB in den letzten Jahrzehnten. Die Sparpakete und Privatisierungen der 1980er und 1990er Jahre wurden teilweise mit umgesetzt, dem Sozialabbau und Pensionsraub der blau-orange-schwarzen Regierung nur zahmer Widerstand entgegen gebracht. Gewerkschaften brauchen ein Programm, dass nicht die Logik von Neoliberalismus, Standortdenken und Kapitalismus als Ansatzpunkt hat, sondern die Bedürfnisse der Beschäftigten, Arbeitslosen und Jugendlichen. Wir brauchen ein Programm, das mit dem sozialpartnerschaftlichen Kuschelkurs endgültig Schluss macht. Zentrale Punkte in einem solchen Programm könnten
- eine einschneidende Arbeitszeitverkürzung (z.B. 30-Stundenwoche) bei
vollem Lohn/Gehalt
- eine Wertschöpfungsabgabe
- die Wiedereinführung der Vermögenssteuer
und die Abschaffung des Stiftungsrechts
- die Anhebung von Mindestpension und
Arbeitslosengeld auf EUR 1.100,-- netto
- soziale
und arbeitsrechtliche Absicherung für prekär Beschäftigte
Für eine offene Konferenz von „Zeichen setzen“:
Ein wesentliches Problem des ÖGB ist, dass die Mitgliedschaft keine wirklichen Möglichkeiten hat, sich einzubringen. Eine diesbezügliche Demokratisierung bedeutet eine Stärkung der Gewerkschaft, da sich die Mitglieder dann mit der Politik der Gewerkschaft identifizieren können und bereit sind, diese aktiv nach außen zu tragen und zu verteidigen. Eine solche Demokratisierung bedeutet z.B.
- die
Einbeziehung der Mitgliedschaft durch Abstimmungen über
Verhandlungsergebnisse und demokratische Wahlen der FunktionärInnen
- das
Recht auf Informationen über Arbeit und Einkommen der FunktionärInnen
- die
regelmäßige Durchführung von BetriebsrätInnenkonferenzen und
AktivistInnentreffen.
Die jetzige Initiative „Zeichen setzen“ kann ein vielversprechender Schritt in diese Richtung sein. Um die im Aufruf angesprochene „radikalen Veränderung“ erreichen zu können, brauchen wir die Energie, die Ideen und die Mitarbeit vieler KollegInnen. Wir schlagen daher eine offene Konferenz für alle, die die Ziele von „Zeichen setzen“ unterstützen, vor. Eine solche Konferenz, die vor den kommenden Nationalratswahlen stattfinden sollte, muss sich mit den politischen Zielen gewerkschaftlicher Politik und mit den notwendigen weitgehenden Strukturveränderungen beschäftigen. Eine solche Konferenz muss weiters eine Strategie entwickeln, WIE diese Ziele umgesetzt werden können.