Di 28.06.2011
„Unser Heer“: Ein Skandal folgt auf den anderen. Das Bundesheer (BH) ist in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Schauplatz politischer Machtspiele geworden. Während Geld für Bildung und Soziales fehlt, kommen uns die Abfangjäger von Tag zu Tag teurer.
Immer mehr Menschen fragen sich, wofür das BH eigentlich noch benötigt wird, bestand doch seine Hauptaufgabe angeblich in der Wahrung der „immerwährenden Neutralität“ während des Kalten Krieges. Der viel strapazierte Katastrophenschutz ließe sich schließlich auch anders (=zivil) organisieren.
Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ 1989 und der Auflösung des Warschauer Pakts unterstützte das österreichische Militär die Polizei beim Grenzschutz, also beim Abpassen „illegaler Einwanderer“ an der Grenze. Zusätzlich kommt dem Heer seit 1960 eine besondere Rolle bei internationalen Einsätzen zu. (Dass diese unter UN-Mandat stehen, bedeutet keineswegs, dass es sich hierbei um "friedliche Missionen" handelt.) Seit 1995 ist das BH Teil der „Partnerschaft für Frieden“ der NATO.
Hauptaufgabe: Gegen die „eigene“ Bevölkerung
Weniger bekannt ist, dass eine der drei verfassungsmäßigen Aufgaben des BH in der Erhaltung von Ordnung und Sicherheit innerhalb des Landes besteht (amtsdeutsch Aufstandsbekämpfung). Kurz: die Unterstützung der Polizei bei der Niederschlagung von Protesten. Und diese werden mit großer Wahrscheinlichkeit zunehmen, denn die Krise ist keineswegs vorbei, wie die jüngste Protestwelle in Spanien zeigt. Der Unmut unter der Bevölkerung wächst. Das bekommen auch die Herrschenden zu spüren. Sie gründen (mit Unterstützung der Grünen) EU-Battle-Groups, schränken BürgerInnenrechte ein und verstärken Repression und Überwachung, um sich gegen den „Feind im Inneren“ zu wehren. Die Hauptaufgabe des BH ist also nicht der „Schutz“ Österreichs oder der „Neutralität“, auch nicht der „Katastrophenschutz“ - sondern der Schutz von Vermögen und Besitz der herrschenden Klasse gegen „die eigenen Leute“.
Berufsheer, Abschaffung oder was sonst?
Das BH ist laut Verfassung (Artikel 79) ein Milizheer, d.h. es besteht nur zum Teil aus BerufssoldatInnen (ca. 25.000). Insgesamt sind etwa ein Achtel der österreichischen Bevölkerung ausgebildete Wehrpflichtige, wodurch sich eine starke Durchmischung mit der Bevölkerung ergibt. Daher ist es nicht so einfach, SoldatInnen auf demonstrierende ArbeiterInnen schießen zu lassen, wie das in Österreich 1934 bereits der Fall war. Die von Minister Darabos (SPÖ), den Grünen und Anderen angestrebte Umwandlung der Armee in ein reines Berufsheer würde in Krisenzeiten ein „hartes Durchgreifen“ gegen „aufmüpfige Teile der Bevölkerung“ erleichtern. Ein Rambo-Heer als Teil eines noch stärker rechtsextrem durchsetzten Sicherheitsapparates wäre die Folge.
Österreich war bekanntermaßen nie wirklich neutral, sondern hat Waffen an Diktaturen geliefert, aktiv in Kriege interveniert und auch propagandistisch stets mit antikommunistischer Rhetorik für den globalen Kapitalismus die Trommel gerührt. Hier gibt es aus unserer Sicht nichts zu verteidigen. Die Forderung nach Abschaffung des Heeres (wie von SJ, KPÖ und Anderen aufgestellt) suggeriert, dass ein solches Ziel innerhalb des Kapitalismus möglich wäre. Das ist eine Illusion: vielmehr nehmen Militarismus und Aufrüstung wieder zu. Der Ruf der Rechten nach Law & Order und einem starken Staat wird immer stärker. Auch bei einer formalen Abschaffung des Bundesheers würde das keine Ent-Militarisierung bringen, sondern nur die Verlagerung der „bewaffneten Formationen“ (Engels) auf andere Strukturen, wie Spezialeinheiten der Polizei, Geheimdienste etc. Der Ruf nach Berufsheer bzw. Abschaffung ist also bestenfalls naiv, in seinen Folgen im Rahmen eines kapitalistischen Staates aber eine reale Aufrüstung gegen die ArbeiterInnenklasse.
Weg mit diesem Heer
Für viele (männliche) Jugendliche wäre die Aufhebung der Wehrpflicht eine schöne Nachricht. Der Drill, die Vergeudung von Lebenszeit, die undemokratische Hierarchie, rechte Vorgesetzte, kaum Geld - positive Erinnerungen haben wenige. Das bestehende Milizheer ist ebenfalls Teil des bürgerlichen Staates und seines Repressionsapparates. Wir fordern daher umfassende demokratische Rechte für alle SoldatInnen, die Wähl- und Abwählbarkeit von Vorgesetzten, eine ordentliche, kollektivvertragliche Bezahlung von SoldatInnen und volle gewerkschaftliche Rechte. Wir treten für eine demokratisch organisierte Miliz unter Kontrolle der ArbeiterInnenschaft nach Vorbild der Pariser Kommune von 1871 ein. Damals, vor exakt 140 Jahren, haben ArbeiterInnen und Arbeitslose, LehrerInnen und SoldatInnen „ihre“ UnterdrückerInnen aus Paris vertrieben und selbst die „Macht im Staat“ übernommen. Alle FunktionärInnen, Staatsleute und Generäle konnten jederzeit gewählt und abgewählt werden und verdienten nicht mehr als einen Durchschnittslohn.