Di 01.06.2004
“Mit Jubel und tosendem Applaus für ihren Spitzenkandidaten Herbert Tumpel haben die im Anna-Boschek-Haus der Wiener Arbeiterkammer versammelten FSG-Funktionäre den prognostizierten Stimmzuwachs für ihre Fraktion in Wien quittiert.” Das ist der ganze, doch eher knappe Kommentar auf der FSG-Homepage zum Endergebnis der AK-Wahlen. Während die ÖVP-Fraktion und Freiheitliche 2,2 bzw. 4,4 Prozentpunkte verloren, hält die FSG nun eine solide Zwei-Drittel-Mehrheit. Zweifelsohne bringt dieses Wahlergebnis eine weitere Niederlage für die Regierungsparteien. Doch dass die FSG-Spitze aufgrund dieses Ergebnisses ihre Politik zugunsten einer wirklich kämpferischen Politik für ArbeitnehmerInnen ändern wird, ist nicht abzusehen. So etwas wird ja nicht mal auf deren Homepage wortreich angekündigt. Die Fraktion “Gewerkschaftlicher Linksblock” (GLB), auf dessen Liste in Wien auch AktivistInnen der SLP kandidierten, hat ein zweites Mandat trotz guter Rahmenbedingungen extrem knapp verfehlt. Der Grund: Ein fehlender Wahlkampf und das Unvermögen der GLB-Führung insgesamt an die Streikbewegung des letzten Jahres mit einem zeitgemäßen, kämpferischen Programm anzuknüpfen. Alles scheint nun (in der AK) weiterzugehen wie bisher.
Viel Neues aus der ÖBB
Alles? Nein, denn unter vielen KollegInnen macht sich Wut breit über den Kurs der Gewerkschafts- und FSG-Führung: Mitten in die AK-Wahlen kam das Ergebnis der Verhandlungen zum neuen ÖBB-Dienstrecht heraus. Dieses und neue Arbeitszeitregelungen stellen v.a. für Turnus-Bedienstete (Schicht-Dienst) eine gewaltige Verschlechterung dar. Die Spitzen der EisenbahnerInnen-Gewerkschaft verkündeten mit Freude, dass sogar Vizekanzler und Minister Gorbach (F) mit dem Ergebnis voll zufrieden sei. Ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, die 2003 im ÖBB-Streik viel riskiert haben. Auf Initiative einiger kämpferischer Eisenbahner in Oberösterreich kam es Mitte Mai zu einem Treffen von EisenbahnerInnen, die sich diesen Ausverkauf nicht gefallen lassen wollen.
Treffen wütender ÖBB-KollegInnen
Zum Treffen erschienen an die 80 Eisenbahner (aus mindestens vier Bundesländern), einige fanden keinen Platz mehr, etwa 10 Leute standen rund 3 Stunden, um der lebhaften Diskussion zu folgen. Die Gewerkschaftsspitze versuchte mit einigen Funktionären, den Unmut abzubremsen bzw. ein Bild vom Ausmaß der Unzufriedenheit zu bekommen.
Die wesentlichen Diskussionspunkte umfassten die Fragen, wie man die Verschlechterungen noch stoppen kann, des Streiks bzw. undemokratischen Streikabbruchs 2003, die negative Rolle der GdE-Führung sowie der Gründung einer eigenen kämpferischen Fachgewerkschaft. Vertreter der GUG (Grüne Eisenbahner) brachten die Idee einer Sammelklage ein. Dies stieß auf Interesse. Gleichzeitig waren jedoch auch Stimmen zu hören, welche die Effektivität dieser Mittel in Frage stellten. Als erster konkreter Schritt sind Klage und Einspruch auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, KollegInnen von verschiedenen Dienststellen zusammenzubringen. Viel wurde auch um Details der bevorstehenden Verschlechterungen diskutiert. Da die Informationspolitik der GdE-Personalvertretung sehr schlecht zu sein scheint, nutzten viele Kollegen verständlicherweise die Möglichkeit, den anwesenden Funktionären Fragen zu stellen. Diese nutzten dies wiederum, um Ergebnisse des Treffens zu verschleppen. Hierbei kam es einmal zu einem Wendepunkt, als ein wütender Eisenbahner die Initiative ergriff, den FSG-Funktionär niederschrie und forderte, konkret über Kampfmaßnahmen zu sprechen. Es ist heute noch zu früh, die weitere Entwicklung vorherzusehen. Wichtig wird sein, möglichst viele KollegInnen zusammenzubringen, um Druck für eine kämpferische Alternative aufzubauen. Dabei sollte es keine Rolle spielen, aus welcher Fraktion jemand kommt, oder ob er/sie fraktionslos ist. Auch Nicht-Gewerkschafts-Mitgliedern oder vor allem jenen, die überlegen auszutreten könnte so ein neues Angebot zur gemeinsamen Organisierung von Widerstand gemacht werden. Die Wellen, die diese Veranstaltung an die gesamte Gewerkschaftsbewegung ausgesandt hat, werden nicht so schnell verebben. Sie sind vielleicht von größerer Bedeutung für den Kampf gegen die Regierung, als das Zwei-Drittel-Ergebnis dieser FSG bei den AK-Wahlen.