So 16.01.2005
Aufgrund der immer wieder geäußerten taktischen Überlegungen der SPÖ-Wien, die Gemeinderatswahlen auf 2005 vorzuziehen, trifft die SLP auf ihrer Konferenz folgende grundsätzliche Feststellungen:
1. Seit dem Regierungsantritt der blau-schwarzen Koalition ist nicht nur bundesweit eine neue Qualität der gesellschaftlichen und sozialen Polarisierung, sowie (v.a. durch die Streikbewegung 2003) des Klassenkampfes eingetreten. Ebenso deutlich wurde der Ruck nach Rechts des gesamten politischen Establishments. Dort wo die SPÖ an der Macht ist betreibt sie – wie zu Zeiten der Großen Koalition – selbst den neoliberalen Umbau der Gesellschaft. In Wien verfügt die SPÖ über eine absolute Mehrheit. Sie könnte, wenn sie eine grundsätzlich andere Politik hätte als blau-schwarz, dies in der Praxis beweisen. Aber in Wien gibt es unter anderem im Sozial- und Gesundheitsbereich Ausgliederungen und Privatisierungen (Hanusch-Spital, die Ereignisse rund um den „Fonds Soziales Wien“), Tariferhöhungen im Öffentlichen Verkehr bei gleichzeitigen Einkommenskürzungen für die Beschäftigten, Streichung der Subventionen bei MigrantInnenstrukturen wie dem Verein „Echo“. Auch die Grünen haben eine ähnliche Entwicklung durchgemacht. In Wien steht eine Kandidatin an der Spitze, die die Grünen als „Wirtschafts- und Unternehmenspartei“ positioniert. Gleichzeitig wird bei diesen Wahlen wahrscheinlich der äußerste rechtsextreme Flügel der FPÖ antreten. Vor allem HC Strache hat in seinem Vorwahlkampf 2004 bereits deutlich gemacht, dass die FPÖ einen von Rassismus und Angstparolen strotzenden Wahlkampf gegen MigrantInnen und Linke führen wird. Eine Wahl des „kleineren Übels“ SPÖ oder Grüne ist darum kein Mittel, Rechtsextremismus und Sozialabbau zu bekämpfen.
2. In dieser Situation ist eine Partei, die die Interessen der ArbeiterInnenklasse nicht nur vertritt, sondern den Unmut und v.a. den Widerstand bündelt und organisiert, besonders wichtig. Um nicht in kapitalistischen Sachzwängen hängen zu bleiben, braucht eine solche Partei unseres Erachtens ein sozialistisches Programm und antikapitalistische Positionen, die eine echte sozialistische Alternative zur bestehenden Gesellschaftsordnung vertritt. Ein solches Programm muss die Brücke zwischen den tagtäglichen Problemen und einer sozialistischen Antwort bilden und auch Anleitung und Unterstützung für konkrete Kämpfe sein. Es gilt z.B. zu erklären, wie der gemeinsame Kampf der Betroffenen – bis hin zu Fabriksbesetzungen – Fabriksschließungen verhindern kann. Es ist notwendig, die Arbeit auf alle zu verteilen: durch die Senkung der Arbeitszeit auf 30 Stunden bei vollem Lohn (finanziert durch die Gewinne der Unternehmen). Es ist aus unserer Sicht auch notwendig zu sagen, dass es im Rahmen des Kapitalismus immer wieder zu Arbeitslosigkeit kommen wird und dass daher der Sturz des Kapitalismus notwendig ist. Zur Zeit existiert keine Massenpartei, die ein solches Programm auch nur annähernd aufstellt. Sie kann in Zukunft als Ergebnis von Klassenkämpfen und Umbrüchen in der Gewerkschaft entstehen. Bisher gibt es aber keine konkreten Ansätze dafür. Es ist nicht zu erwarten, dass sich eine neue linke politische Struktur, ähnlich der „(W)ASG“ in Deutschland, in den kommenden Monaten in Österreich formieren wird.
3. Die SLP hat ihre Bündnisfähigkeit in der Vergangenheit oft unter Beweis gestellt. Sie ist Bestandteil unserer sozialistischen Identität: Wir streben die größtmögliche Einheit von ArbeiterInnen und Jugendlichen im konkreten Kampf gegen Sozialabbau und rechte Hetze an. Unabhängig von Wahltagen – aber eben auch vor diesen – werden sich hier konkrete Aufgaben für AktivistInnen verschiedener politischer Zugänge stellen. Wir hoffen, sie gemeinsam bewältigen zu können, v.a. auch mit jenen aktiven GewerkschafterInnen und Jugendlichen, die 2005/06 noch SPÖ oder Grüne wählen werden. Aus dem Wunsch nach „etwas neuem“ sowie „linker Einheit“ aus den Reihen von linken AktivistInnen einerseits und durch den Druck aus der krisengeschüttelten KPÖ bzw. den sich nach rechts entwickelnden Grünen/SPÖ andererseits wird der Druck auf uns und für ein „linkes Wahl- bzw. Bündnisprojekt“ steigen. Die SLP steht für eine Kandidatur auf Basis eines sozialistischen Programms, weil es notwendig ist, angesichts der Krise des Kapitalismus und die Unmöglichkeit, die Probleme der Menschen im Rahmen des Kapitalismus zu lösen, sozialistische Antworten zu geben. Die SLP steht für eine Kandidatur, die einen Schritt in Richtung des Aufbaus einer neuen ArbeiterInnenpartei darstellt und AktivistInnen der Klassenkämpfe der letzten Jahre beinhaltet. Die SLP steht für eine Kandidatur, die dem Unmut nicht nur eine Stimme gibt. Sie versucht, Kämpfe gemeinsam mit den Betroffenen zu führen und diese auch längerfristig zu organisieren. Es geht nicht nur um die Chance auf ein gutes Stimmenergebnis, sondern um die Möglichkeit, eine breite klassenkämpferische Alternative in den Wahlkampf einzubringen und längerfristig aufzubauen. Wir haben daher bei bisherigen Kandidaturen stets ganz bewusst auch solche Menschen angesprochen, die uns gar nicht wählen konnten (Jugendliche, MigrantInnen) und werden das auch in künftigen Wahlkämpfen tun. Eine solche Kandidatur, die weit über den Rahmen der existierenden linken Organisationen hinausginge, wäre notwendig. Leider gibt es aber keine Anzeichen dafür. Wenn sich in Zukunft Organisationen bzw. Wahlbündnisse aus Kämpfen entwickeln, die von Sozialabbau und Rassismus Betroffene zusammenbringen, stellen diese eine neue Qualität dar. Die SLP wird ein Bündnis von wirklich kämpferischen Schichten aktiv unterstützen und sich daran beteiligen. Wir werden in diesen neuen Formationen für ein sozialistisches Programm eintreten, seine Existenz aber nicht zur Bedingung für unsere Teilnahme machen.
4. Eine „linke Bündniskandidatur“, die nur bestehende Gruppen zusammenfasst und v.a. auf die existierende Linke orientiert, und die versucht, durch inhaltliche Verwässerung eine nicht vorhandene gesellschaftliche Breite vorzutäuschen, die mehr auf die „Zivilgesellschaft“ als auf die ArbeiterInnenbewegung und die Jugend und die Notwendigkeit von Klassenkämpfen orientiert, kann für die Entwicklung einer neuen ArbeiterInnenpartei durch ihr Scheitern längerfristig sogar ein Hindernis sein. Für ein solches Projekt steht die SLP nicht zur Verfügung.
5. Die SLP stellt sich als sozialistische und revolutionäre Partei ihrer Verantwortung, Wahlauseinandersetzungen durch Kandidaturen zu nutzen, um deutliche sozialistische Akzente zu setzen. Die SLP blickt in diesem Zusammenhang auf eine Bilanz zurück, die sie (angesichts ihrer Mittel und Möglichkeiten) durchaus positiv präsentieren kann. Neben Bündniskandidaturen bei den EU-Wahlen 1996 und verschiedenen AK-Wahlen, wurden bei den letzten Bezirks-, Gemeinde- und Nationalratswahlen in Wien durch Eigenkandidaturen der SLP linke Achtungserfolge erzielt (2001 erhielten wir in Wien-Margareten auf Bezirksebene 139 Stimmen und im Wahlkreis Wien-Zentrum auf Gemeindeebene 100 Stimmen. Bei den Nationalratswahlen 2002 erhielten wir in Wien 3906 Stimmen.) Die hier gesammelten Erfahrungen können und werden wir auch in die kommenden Wiener Wahlen einbringen. Eine Erfahrung war, dass ein sozialistisches Programm kein Hindernis für einen erfolgreichen Wahlkampf und um ArbeiterInnen und Jugendliche zu erreichen, darstellt. Eine andere Erfahrung war, dass das Antreten der SLP bisher in keinem Fall zur weiteren Zersplitterung der ohnehin fragmentierten traditionellen österreichischen Linken geführt hat. Vielmehr wurden zusätzliche Stimmen mobilisiert.
6. Die Kandidatur einer neuen ArbeiterInnenpartei bei den kommenden Gemeinde- und Bezirksratswahlen ist notwendig. Eine solche ist aber nicht in Sicht. Die SLP wird deren Notwendigkeit aufzeigen und die Möglichkeiten für eine Bündniskandidatur nach deutschem Vorbild („Liste gegen Sozialkahlschlag“) v.a. unter den KämpferInnen und AktivistInnen der letzten Periode austesten. Wir werden auch auf die Verantwortung jener hinweisen, die in den vergangen Kämpfen eine Rolle gespielt haben, und die Möglichkeit gehabt hätten, hier Initiativen zu setzen (z.B. Postbus-Betriebsrat Robert Wurm, dem als kämpferischen Gewerkschafter eine wichtige Rolle zugekommen wäre). Für die konkrete Frage der Kandidatur ist die Entwicklung einer neuen Formation (einer neuen Partei, oder auch nur eines Wahlbündnisses), die eine neue Qualität darstellt, aber unwahrscheinlich. Die SLP strebt in diesem Fall eine Eigenkandidatur bei den kommenden Bezirks- und Gemeinderatswahlen an.
7. Unser Ziel in diesem Wahlkampf wird vorrangig die Gewinnung neuer Mitglieder sein. Insbesonders steht bei einem eigenständigen Antreten der Aufbau und die Verankerung von sozialistischen Ideen und Strukturen für uns im Vordergrund. Ziel einer solchen Kandidatur ist die Verbreitung sozialistischer Ideen. Ein klares sozialistisches Programm wird daher ebenso notwendig sein, wie pointierte Forderungen rund um einige zentrale Punkte, die wir in den Mittelpunkt unseres Wahlkampfes stellen werden. Ziel ist es auch, mit einer solchen Kandidatur zu zeigen, was möglich wäre. Wir streben daher auch an, MitstreiterInnen aus dem Widerstand gegen Sozialabbau und rechte Hetze für eine Kandidatur zu gewinnen. Ziel ist es, die Bekanntheit der SLP zu erhöhen und die SLP aufzubauen. Dafür sind umfassende Aktivitäten, die Einbindung und Betreuung von AktivistInnen und potentiellen/neuen Mitgliedern wichtig.
8. Die Ressourcen der SLP werden sich daher auf die von uns gewählten Schwerpunkte – räumlich und thematisch – konzentrieren. Wir halten faire Absprachen und Vereinbarungen mit anderen Listen links von SPÖ und Grünen bezüglich Unterstützungserklärungen und der Frage, in welchen Bezirken man antritt, für sinnvoll. In jenen Wahlkreisen, in denen wir nicht antreten, werden wir auf Grundlage der jeweiligen Programme darüber entscheiden, ob wir für andere antretende Gruppen einen Wahlaufruf abgeben.