Wien: neoliberal statt anders

Auch die Wiener Stadtregierung setzt zur Krisenbewältigung auf Umverteilung von Unten nach oben!
Albert Kropf und Karin Wottawa

Laut Finanzbericht lag der Wiener Schuldenstand Ende 2015 bei fast 5,5 Milliarden Euro und hat sich seit 2007 vervierfacht FPÖ, ÖVP und Neos fordern daher weitere Privatisierungen und Sozialabbau. Stichwort: Mindestsicherung kürzen. Doch die Schulden stammen nicht aus den meistens bereits ausgelagerten Gemeindebetrieben. Im Gegenteil – Kanal, Wasser, Müll und Parken bringen viel Geld in die Stadtkassa. Trotzdem werden fast jährlich die Gebühren erhöht. Mit 1. Jänner sind Müll, Wasser und Parkscheine dran.

Ein Großteil der Schulden ist in Schweizer Franken. Seit Jahren warnen Arbeiterkammer und Verbraucherschutz vor Fremdwährungskrediten. Dass die Gemeinde sich darauf einlässt, zeigt die Perspektivenlosigkeit der Stadtregierung. Da die steigenden Einnahmen aus Gebühren nicht reichen, um Schulden und Zinsen zu bedienen, schnürt Rot/Grün ein gewaltiges Sparpaket. 10% sollen ausgabenseitig quer durch eingespart werden und das bei in vielen Bereichen ohnehin schon sehr dünnem Personalstand. Die Krise im Gesundheitsbereich zeigt wohin die Reise geht: Sparen auf Kosten der Allgemeinheit!

Rot/Grün versucht sich in der Finanzdebatte in ein fortschrittliches Licht zu stellen. Der Großteil der Ausgaben läge im Sozialbereich und ein Teil der Schulden stamme aus „Bewältigung“ der Wirtschaftskrise, wird vom Rathaus behauptet. Die wichtigste Frage dabei ist allerdings, wer die Kosten für eine Krise bezahlt, die nicht die Allgemeinheit verursacht hat. Und hier zeigt sich das wahre Gesicht von Rot/Grün.

Die Kosten werden ArbeitnehmerInnen, PensionistInnen, AlleinerzieherInnen, Kranken und Armen durch steigende Gebühren, Sozialabbau sowie den zig tausenden Beschäftigten in und um die Gemeinde Wien umgehängt. Das ist „normale“ neoliberale Krisenbewältigung. In manchen Bereichen mag die Gemeinde Wien noch sozialer sein als andere Städte, in vielen ist sie es längst nicht mehr. Fakt bleibt, die Strategie der Stadtregierung zielt darauf ab, die wirklich Reichen nicht angreifen zu müssen.

Kürzungen im längst nicht mehr roten Wien

  • Hinter dem Kürzel WiStA verbirgt sich der „Wiener Strukturreform- und Ausgaben-Lenkungsausschuss“. Hier sollen “Ideen” gesammelt werden, wo in Wien “Einsparungen” gemacht werden könnten oder sollten. Laut Stadträtin Brauner soll es “keine Denkverbote” geben. Das bedeutet im PolitikerInnensprech, dass jeder Vorschlag, zu kürzen, erlaubt ist. Das Ziel sind 10 % Einsparungen.
  • Die ÖVP sieht ein Einsparungspotential von bis zu 1,1 Milliarden Euro, denn “man solle sich den Nebengebührenkatalog anschauen”. Das betrifft die Bezahlung von Arbeit an Sonn- und Feiertagen, unter erschwerten Bedingungen, sowie Überstunden. Also weitere Flexiblisierungen und Lohnverluste für öffentlich Beschäftigte. Die Privatwirtschaft folgt rasch. Betroffen wären z.B. KindergärtnerInnen und die Pflege.
  • Indem Beschäftigte (auch mit Abschlägen) in Frühpension geschickt und diese Posten nicht nachbesetzt werden, wird Personal abgebaut. Und: MitarbeiterInnen sollen mehr Aufgaben übernehmen, also mehr Arbeit in der gleichen Zeit erledigen. Zusammengelegte Abteilungen, weniger Personal, mehr Aufgaben: wie sich das auf Wartezeiten und in überlasteten Bereichen wie Jugendamt auswirkt, kann man sich vorstellen.
  • Die hochbezahlten und privat versicherten „ExpertInnen“ sehen Einsparungspotential, das sie selbst nicht trifft. In den Wiener Spitälern soll es bis 2018 um 328 weniger Stellen für ÄrztInnen geben. Schon jetzt fehlt es in den Schulen an SozialarbeiterInnen und PsychologInnen. Bauauflagen sollen reduziert werden. Mit problematischen Folgen für Sicherheit, Mietpreise, Grünzonen und soziale Durchmischung. 

 

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: