So 27.01.2008
Die Jännerstreiks 1918
Im Herbst 1917 siegte in Russland erstmals eine sozialistische Revolution. Sie beendete nicht nur den Weltkrieg auf russischer Seite und schaffte den Kapitalismus zu Gunsten der Herrschaft der ArbeiterInnen und Bauern ab. Sie hatte auch einen gewaltigen Einfluss auf die ArbeiterInnen der ganzen Welt. Die junge Sowjetrepublik erklärte das Ende des Krieges von russischer Seite und begann Friedensverhandlungen mit den Mittelmächten. Die österreichisch-ungarische ArbeiterInnenklasse, die über drei Jahre lang unter dem Krieg hatte leiden müssen und deren Lebensbedingungen immer schlechter wurden, verfolgte mit Spannung und Anteilnahme die Entwicklung der russischen Revolution und der Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk. Als dann am 14. Jänner 1918 die Mehlrationen um 50% gekürzt wurden, legten die ArbeiterInnen des Daimler-Motorenwerks in Wiener Neustadt die Arbeit nieder. Daraus entwickelte sich eine gewaltige Streikbewegung, die zu ihrem Höhepunkt 750.000 ArbeiterInnen in der ganzen Monarchie umfasste. Bald wurden aus den Forderungen der Streikenden nach einer besseren Versorgung revolutionäre Losungen. Sie forderten die sofortige Annahme des russischen Friedensangebotes und das Ende der Monarchie. Zum ersten Mal wurden nach russischem Vorbild ArbeiterInnenräte gewählt. Die Streiks in Österreich waren die Initialzündung für eine Reihe von ähnlichen Bewegungen in Deutschland, Italien und Frankreich. Die Streikbewegung wurde bald von der Führung der Sozialdemokratie (SDAP) abgewürgt, revolutionäre ArbeiterInnen inhaftiert oder in Strafkompanien an die Front geschickt. Im Laufe des Jahres 1918 kam es immer wieder zu Streiks in den Berieben und Meutereien in Flotte und Heer. Die Sozialdemokratie nützte jedoch ihre Vorherrschaft in den Räten um die Bewegung auf rein ökonomische und Tagesforderungen zu reduzieren und verlängerte damit letztlich sogar die Herrschaft der Habsburger. Umgekehrt setzte sich bei den führenden Kreisen zunehmend die Erkenntnis durch, in dieser kritischen Phase auf die Integrationskraft der Sozialdemokratie zu setzten und sie sogar mit der Führung der Staatsgeschäfte zu betrauen.
"Hoch die sozialistische Republik"
Im November 1918 war der vollständige militärische Zusammenbruch der Mittelmächte nur noch eine Frage von wenigen Wochen. Anfang November zwangen Meutereien in der Armee, Streiks im ganzen Land und eine gewaltige Massendemonstration im Zentrum Wiens den Kaiser "auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften" zu verzichten. Die Gründungsfeiern für die neue Republik waren am 12. November überall von roten Bannern und Aufrufen für den Sozialismus begleitet. Am Abend des 12. November trennten Mitglieder der kommunistischen "Roten Garde" bei einer Massenkundgebung am Ring den weißen Mittelstreifen aus der rot-weiß-roten Fahne und hissten sie am Parlament.
Die Bedingungen für eine sozialistische Revolution waren gegeben, doch die ArbeiterInnenklasse hatte keine bewusste revolutionäre Führung, wie sie in Russland in Form der Bolschewiki bestand. Die "austromarxistische" Linke um Friedrich Adler und Otto Bauer hatte, im Gegensatz zu Lenin und Trotzki, auch zu diesem Zeitpunkt darauf verzichtet, ernsthafte Schritte zu unternehmen, um mit den Strukturen und dem Verrat der Sozialdemokratie von 1914 zu brechen. Der Raum für eine neue Massenpartei war 1918-1920 zwar da, doch er konnte von der kleinen, unerfahrenen KPÖ nicht gefüllt werden. Die offizielle Sozialdemokratie, unterstützt von ihren "Linken" hingegen versuchte mit allen Mitteln, die Kampfbereitschaft der ArbeiterInnen abzuwürgen und setzte in einer Koalition mit den Bürgerlichen alles daran, die Bewegung nicht zu einer Bedrohung für den Kapitalismus werden zu lassen. Damit wurde die SDAP, die einstige politische Vertretung der ArbeiterInnenklasse zur Verteidigerin der Interessen der Bourgeoisie. 1951 schrieb die Arbeiterzeitung (langjähriges Organ der SPÖ): "Das österreichische Bürgertum [...] müsste täglich seinem Gott auf den Knien danken und beten, dass die österreichische Sozialistische Partei recht stark bleibe." Denn sie war der Garant für das Überleben des Kapitalismus.
Die Rätebewegung
Die ArbeiterInnen- und Soldatenräte, die ursprünglich als sozialistische Kampforganisationen aufgebaut worden waren, wurden ebenfalls früh von der sozialdemokratischen Übermacht in deren Strukturen integriert. Bis 1919 war die Wählbarkeit zu einem Rat sogar an die Mitgliedschaft in der SDAP gebunden. Erst als der Einfluss der KPÖ durch die Enttäuschung vieler ArbeiterInnen über den Verrat der SDAP, wuchs, wurden auch KommunistInnen zu den Räten zugelassen. Der Reichsarbeiterrat bekam phasenweise eine durchaus bedeutende Stellung. Durch ihn konnten Hunderttausende ArbeiterInnen ganz direkt einen Teil der Politik bestimmen. Gleichzeitig kam es aber in Ungarn und Bayern zum Aufbau sozialistischer Räterepubliken nach dem Vorbild Sowjetrusslands. Genau dieses Modell wollte die österreichische Sozialdemokratie nicht für "ihre" Rätebewegung.
Obwohl in Salzburg und Tirol sogar einige deutsche Freikorps, die gegen die bayrische Räterepublik kämpften, operierten, verhinderte die SDAP eine effektive Unterstützung dieser Rätebewegungen. Durch ihre Isolation waren diese zum Tod verurteilt. Die Räterepubliken Bayerns und Ungarns wurden von konterrevolutionären Truppen zerschlagen und tausende RevolutionärInnen ermordet. Die Führung der österreichischen Sozialdemokratie hatte nicht nur eine Unterstützung der internationalen Revolution verhindert, sondern bemühte sich konsequenterweise auch darum, die Bewegung im eigenen Land zu ersticken. Unter anderem dadurch, dass die Räte im Rahmen des Betriebsrätegesetzes institutionalisiert wurden und ein großer Teil ihres sozialistischen Elans geraubt wurde. Mit Hilfe von weitreichenden Sozialreformen wurde ein Großteil der revolutionären Energie abgebaut.
Rotes Wien
Mit dem Ende der revolutionären Nachkriegskrise begann auch der Einfluss der Sozialdemokratie in weiten Teilen des Landes zu sinken. Die SDAP sah sich auf wenige industrielle Hochburgen zurückgedrängt. Die bedeutendste davon war Wien. Mit der Unterstützung durch die überwiegende Mehrheit der WienerInnen begann die SDAP mit einem beispiellosen Sozialprogramm. Von 1923 bis 1933 wurden 60.000 ArbeiterInnenwohnungen errichtet, die im Vergleich zu früheren Bauten endlich ordentliche Wohnungen waren. Spitäler wurden ausgebaut, Schulen, Horte und Kindergärten wurden errichtet. Das Bildungssystem der Stadt wurde so umgebaut, dass es der breiten Masse der Bevölkerung mehr zu Gute kam.
Finanziert wurde dies nach dem Prinzip: "Die Reichen sollen zahlen." So gab es besondere Steuern auf Luxusgüter und ähnliches, dass sich nur die Reichen leisten können. Luxusvillen und -wohnungen, Autos, Rennpferde und das Einstellen von Hauspersonal wurde besteuert. Wenn auch die Leistungen der sozialdemokratischen Verwaltung in Wien bedeutend waren, so entlarvten sie auch die große Illusion und das Versagen der SDAP-Führung. Den ArbeiterInnen wurde Wien als eine Enklave im kapitalistischen Meer dargestellt, was die defensive Stimmung der österreichischen ArbeiterInnenbewegung seit 1919 verdeutlichte. Mit dem "Roten Wien" schuf sich der Austromarxismus einen Bereich in dem er verzweifelt den unmöglichen Versuch unternahm, sein Versagen in der revolutionären Situation durch soziale Reformen und kulturelle Selbstdarstellung der Bewegung wett zu machen.
Linzer Programm
Zumindest im Vergleich mit anderen sozialdemokratischen Programmen der Zeit wortgewaltig, versuchte das 1926 beschlossene "Linzer Programm" der radikalen Stimmung der ArbeiterInnenklasse Rechnung zu tragen. Hinter den revolutionären Floskeln versteckte sich aber die selbe opportunistische Politik, welche die Führung schon während der revolutionären Nachkriegskrise verfolgte. So setzte sich die Partei das Ziel, im Rahmen der bürgerlichen Demokratie und mit Hilfe von Wahlen die Macht zu ergreifen und den Sozialismus einzuführen. Das bewies sich in der Folge nicht nur als gefährliche Illusion, sonder auch als offener Betrug an der ArbeiterInnenklasse. Der bewaffnete Aufstand wurde als allerletztes Defensivmittel betrachtet und nicht als Instrument zum Sturz des Kapitalismus und zum Kampf um die Macht. Im Endeffekt verzichtete die Parteiführung im Februar 1934 sogar darauf, den bewaffneten Kampf auch nur als Defensivmittel einzusetzen und überließ die ArbeiterInnenklasse ihrem Schicksal. Das Linzer Programm stellt in diesem Sinne die ideologische Grundlage des Austromarxismus dar - radikale Reden und reformistische Taten.
Der Justizpalast brennt
Der organisierte Mord an sozialistischen ArbeiterInnen durch faschistische Mordbanden stand bereits in den 1920er Jahren an der Tagesordnung. Die bürgerliche Justiz stellte diese Taten meist mit kurzen Haftstrafen oder sogar Freisprüchen als Kavaliersdelikte dar. Es ist nicht überraschend, dass die Wut und Kampfbereitschaft der ArbeiterInnenklasse von Tag zu Tag anwuchs.
Am 30. Jänner 1927 wurden im burgenländischen Schattendorf bei einer Kundgebung ein Kriegsinvalide und ein achtjähriges Kind von Angehörigen der faschistischen Frontkämpferorganisation erschossen. Damit war das Maß voll. Als dann am 14. Juli die Mörder von Schattendorf frei gesprochen wurden explodierte die angestaute Wut der ArbeiterInnen. Die SDAP wollte sie beruhigen, doch die Massen waren dem Einfluss der Führung entglitten. Am nächsten Tag gab es Massendemonstrationen und ArbeiterInnen stürmten den Justizpalast, das Symbol der bürgerlichen Klassenjustiz, und zündeten ihn an. 600 Polizisten rückten an und schossen in die Menge. 89 tote und 1.100 verwundete ArbeiterInnen blieben zurück.
Die Ereignisse vom 15. Juli waren die revolutionärste Situation seit dem Ende der revolutionären Nachkriegskrise. Viele ArbeiterInnen hatten erkannt, dass sich die Führung der Sozialdemokratie vom Ziel der Revolution entgültig verabschiedet hatte und sie nicht einmal dazu bereit war, ihre Tagesinteressen der auf der Straße zu verteidigen. Hätte es in dieser Situation eine bewusste revolutionäre Massenpartei gegeben, es hätte ihr gelingen können weite Teile der ArbeiterInnenklasse im Kampf gegen den Kapitalismus zu organisieren und durch weitere Massenaktionen die Regierung zu stürzen. Bemerkenswert erscheint demgegenüber, dass die, inzwischen stalinisierte KPÖ, selbst diese Chance zur Profilierung nicht nutzen konnte und die Vormachtstellung der Sozialdemokratie im Rahmen der organisierten ArbeiterInnenbewegung ungebrochen blieb. Die Organisationskraft und -fähigkeit der sozialdemokratisch dominierten Partei- und Gewerkschaftsstrukturen der ArbeiterInnenbewegung war gebrochen.
Wirtschaftskrise und Erstarken der Reaktion
Im September 1929 brachen in den USA die Börse zusammen. Dies löste die bisher schlimmste Wirtschaftskrise der Geschichte aus, die einige Monate später Österreich besonders massiv betraf. Die österreichische Industrie hatte sich vom Zerfall des Großreichs kaum erholt. Die historisch zentrale Rolle der Banken und die hohe Exportabhängigkeit taten ihr übriges, dass die Weltwirtschaftskrise hier verheerende Folgen hatte. Von 1929 bis 1932 fiel die industrielle Gesamtproduktion um 39%, das Außenhandelsvolumen um 47%. Im selben Zeitraum stieg die Arbeitslosigkeit um 97%. Im Jänner 1933 waren 397.920 Menschen arbeitslos und bezogen Arbeitslosenunterstützung und noch einmal ca. 180.000 waren bereits "ausgesteuert", erhielten also gar keine Unterstützung mehr. Immer mehr Betriebe weigerten sich, organisierte ArbeiterInnen einzustellen, was zu einem massiven Mitgliederschwund der SDAP und der freien (= sozialdemokratischen) Gewerkschaften führte. Diese Entwicklung schwächte die organisierte ArbeiterInnenbewegung. Während die Gegenseite sich zunehmend radikalisierte, reagierten die sozialdemokratischen Führer mit wachsender Kompromissbereitschaft. Austrofaschistische Heimwehren und Nationalsozialisten begannen unter diesen Bedingungen einen regelrechten Wettlauf um die Macht.
Die faschistische Bedrohung
Zwar hatte die Führung der Sozialdemokratie in der Krise nach dem Krieg effektiv den Sturz des Kapitalismus verhindert, doch inzwischen wurde die bloße Existenz ihrer Organisationen als unakzeptables Hindernis zur Überwindung der allgemeinen Krise der Gesellschaft betrachtet. Die Bourgeoisie setzte mit Hilfe der Christlichsozialen Partei und der faschistischen Heimwehren an, den "revolutionären Schutt" - die demokratischen und sozialen Errungenschaften der Nachkriegsjahre - zu beseitigen. In der Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs sammelten die Faschisten jene deklassierten Elemente, Offiziere, Beamte, etc. die obwohl Verlierer im Kapitalismus sich nicht mit der ArbeiterInnenbewegung identifizieren konnten. Sie wurden gemeinsam mit halb verhungerten Arbeitslosen, die man zum demonstrieren bezahlte, zum Fußvolk der konkurrenzierenden faschistischen Bewegungen,
Am 4. März 1933 nutzte Dollfuß einen Zwischenfall im Parlament, dieses vollständig auszuschalten. Am 16. März 1933 verbot die Regierung den Republikanischen Schutzbund (die Selbstverteidigungsorganisation der SDAP). Die Dollfußregierung untersagte Streiks, verbot die KPÖ, verschlechterte die Arbeitszeitbestimmungen und kürzte die Arbeitslosenunterstützung. Die Führung der SDAP leistete keinen Widerstand. Ihre Losung war, abzuwarten, bis die Regierung einen so unverzeihlichen Schritt unternehme, dass die ArbeiterInnenklasse es "verstehen würde", wenn die SDAP zum Kampf gegen die Regierung rufen würde. Während die Sozialdemokratie abwartete, zerstörte die Regierung nach und nach alle Möglichkeiten für Widerstand.
Der Februaraufstand
Am 12. Februar 1934 durchsuchten Polizei und faschistische Heimwehren die Parteiheime der SDAP nach Waffen. In Linz leistete eine Gruppe sozialistischer ArbeiterInnen Widerstand. Daraus entbrannte in ganz Österreich ein verzweifelter Aufstand. Polizei, Militär, und Heimwehren setzten schwere Geschütze gegen Arbeiterwohnungen ein. Die meisten sozialdemokratischen FührerInnen beteiligten sich nicht an den Kämpfen. Viele sabotierten sie sogar, in dem sie den kampfbereiten ArbeiterInnen die Waffenverstecke des Schutzbundes verheimlichten und sich stattdessen lieber freiwillig in polizeiliche Schutzhaft nehmen ließen. Am Ende der Kämpfe waren 137 ArbeiterInnen getötet und 319 verwundet worden. Österreich war das erste Land der Welt, in dem sich die ArbeiterInnenklasse bewaffnet und in organisierter Form gegen die Machtübernahme durch den Faschismus zur Wehr gesetzt hatte. Doch die Regierung hatte die organisierte Macht der ArbeiterInnenklasse gebrochen und begann nun damit, einen faschistischen Ständestaat aufzubauen. Möglich wurde diese historische Niederlage nur durch das Versagen der Sozialdemokratie. Bereits durch ihren Verrat 1918/19 hatte sie den Kapitalismus gerettet. Die Bourgeoisie war aber offensichtlich nicht bereit dazu, es ihr zu danken. Jegliche Sozialpolitik nützte den ArbeiterInnen nichts mehr als der Kapitalismus mit Hilfe der Dollfussregierung alle Errungenschaften wieder rückgängig machte. Die selben Kapitalisten, deren Reichtum und Macht die Führung der SDAP 1918/19 gerettet hatte waren es, die den Faschismus 1934 auf der Leiche der Sozialdemokratie errichteen.
Widerstand unter dem Krukenkreuz
Zwar war der Februaraufstand niedergeschlagen worden und die organisierte ArbeiterInnenbewegung nunmehr illegal, trotzdem organisierte sich breiter Widerstand. Die Kommunistische Partei gewann zum ersten Mal einen gewissen Einfluss, da sie eine Reihe wütender und enttäuschter SozialdemokratInnen organisieren konnte. Für die Unternehmer war die Zerschlagung der ArbeiterInnenbewegung ein reiner Gewinn. Bereits in den ersten Wochen des neuen Regimes wurden hunderte Kollektivverträge gebrochen, die Arbeitszeitregelungen verschlechtert und die freien Gewerkschaften verboten. Die Ausbeutungsrate in der Schwerindustrie stieg unerhört an: Im Braunkohlebergbau um 45% in der Stahlindustrie um 100%! 1934 war auch bereits der schlimmste Teil der Wirtschaftskrise überwunden. Trotzdem war der Ständestaat unfähig, die wirtschaftliche Erholung Österreichs zu sichern. Entgegen dem europäischen Trend von einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 2,3%, ging die österreichische Wirtschaft von 1933 bis 1938 um jährlich 0,4% zurück. Österreichs Anteil am Welthandel sank von 1931 bis 1937 von 1,12 auf 0,93%.
Der vom Ständestaat geschaffene "Einheitsgewerkschaftsbund" war - trotz des enormen Drucks beizutreten - nicht in der Lage relevante Teile der ArbeiterInnenschaft in den Ständestaat zu integrieren. 1936 hatte er 368.078 Mitglieder im Vergleich zu 896.763 Mitgliedern der freien Gewerkschaften 1923. Tatsächlich hatte sich die Gewerkschaftsbewegung im Untergrund sogar reorganisiert: In Betrieben, wo es möglich war, Vertrauenspersonen zu wählen, erlitten bekannte Repräsentanten des Regimes schwere Niederlagen. In verschiedenen Fällen wurden Nazis - die von der Unternehmerseite zunehmend protegiert wurden - aus den Betrieben gedrängt; sogar erfolgreiche Streiks kamen vor.
Der Aufstieg des Nationalsozialismus
Auf Basis der Zerschlagung der legalen ArbeiterInnenbewegung und auf Grund der inneren Schwäche des Austrofaschismus konnte der Nationalsozialismus in Österreich an Einfluss gewinnen. Zwar war die NSDAP offiziell 1933 verboten worden, aber durch das Verbot der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften und der KPÖ war deren Bindekraft in der Gesellschaft nachhaltig beschädigt worden. Besonders jene Schichten, die nicht durch die alte Schule der Bewegung vor 1934 gegangen waren, erwiesen sich zum Teil als besonders anfällig für die falschen Versprechungen von einem "Nationalen Sozialismus". Vor allem schwenkten aber zwischen 1934 und 1938 immer größere Teile der herrschenden Eilten bewusst auf das, aus ihrer Sicht "deutsche Erfolgsmodell" des NS-Staats um. Die Führungen von KPÖ und Sozialdemokratie setzten zudem im Kampf gegen die Besetzung durch Hitlerdeutschland auf ein Bündnis mit dem Austrofaschismus. Obwohl die Regierung Schuschnigg zu keinem Zeitpunkt bereit war, solche Angebote anzunehmen und die Legalität der Bewegung offiziell zuzulassen wurde dieser Kurs bis zuletzt aufrechterhalten. Gleichzeitig zeigte etwa die "Floridsdorfer Vertrauensmännerkonferenz" in den Märztagen 1938 öffentlich, dass die ArbeiterInnenbewegung, dort, wo sie noch bestand, die entscheidende Kraft war, die prinzipiell bereit gewesen wäre gegen den Nationalsozialismus zu kämpfen. Im Gegensatz dazu hatten Schuschnigg und Co. den Nazis am 11.3 kampflos die Regierungsgeschäfte und am 12.3. den Staat übergeben. Noch während des Einmarsches hatten Exekutive und "Hilfspolizei" mit Hakenkreuzarmbinden bereits begonnen, linke AktivistInnen zu verhaften und JüdInnen öffentlich zu quälen.