Do 07.09.2006
Am 31.08.2006 wurde das Urteil über vier WEGA-Beamten gefällt. Sie hatten im April den Schubhäftling Bakary J. nach misslungener Abschiebung absichtlich schwer misshandelt.
Kontrollinspektor Christian C., Gruppeninspektor Heinz M. und Revierinspektor Nicolai G. wurden zu jeweils acht Monaten bedingt verurteilt. Jener vierte Beamte, der nicht an den Misshandlungen direkt beteilt, sondern „Beitragstäter“ war, wurde zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt. Ein Urteil dass nicht einmal annähernd dessen gleich kommt, was man Gerechtigkeit nennen könnte. 3000 € Schmerzensgeld ändern daran auch nichts.
Rassismus in Justiz immer offener
Richter Thomas Schrammel hätte sich nach dem Geständnis der Polizisten für unzuständig erklären müssen. Denn absichtliche schwere Misshandlung fällt in einen höheren Strafrahmen und gehört somit an ein Schöffengericht.
Spätestens in der Urteilsbegründung wird klar, dass der Richter weniger die Absicht als vielmehr angebliche „Spontaneität“ und „Überlastung“ der Beamten sah: Er beurteilt das Vorgehen als „unentschuldbares Verhalten“. Doch die angebliche vorgehende Provokation und das „Dilemma, in dem die Polizisten stecken“ wertet er als „mildernde Umstände“. Das Strafausmaß fällt unter ein Jahr. Auf die vorangegangenen Verleumdungen und Wahrheitsverdrehungen der Beamten wird nicht eingegangen.
Somit können die Polizisten, aufgrund ihrer „Unbescholtenheit“, weiterhin ihrer Arbeit nachgehen: Menschen bei ihrer Abschiebung „begleiten“ und mit „angemessener Gewalt“ deren Widerstand brechen. (Dass ÄrztInnen Bakary J. nur unzureichend behandelten, wird kaum erwähnt.)
Beinahe das selbe Urteil, neun Monate bedingt, davon drei unbedingt, bekam 2002 ein Maturant vom selben Richter zugesprochen. Grund: Er soll bei einer Demonstration mit dem Fahrrad gegen eine Polizeisperre gefahren sein. Ein Beamter hatte daraufhin „Hautabschürfungen“ und eine „schwere Prellung des Kniegelenks“, berichtet der Falter. Die skandalösen Prioritäten des Richters sind somit deutlich...
Fremdenrecht ist nicht Menschenrecht
Tatsächlich wurde mit der „Fremdenrechtsnovelle 2005“ nicht nur bewirkt, dass im ersten Halbjahr 2006 Ausstellungen von Aufenthaltsbewilligungen im Vergleich zum Vorjahr um 73,3 % zurück gingen.
Sondern auch, dass jene Handlungen der Exekutive, welche „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ unterbinden, legalisiert wurden.
Österreichische Gefängnisse sind von Migrantinnen und Migranten überfüllt, schimpft die FPÖ. Der Grund dafür ist, dass vor allem Flüchtlinge, Gefolterte, Traumatisierte – unschuldige Menschen - wie Verbrecher behandelt werden, weil sie Schutz in einem anderen Land suchen.
Und Innenministerin Prokop ist nicht bereit, die politische Verantwortung zu übernehmen.
Jene, die am Tot von Seibane Wague und Marcus Omofuma verantwortlich sind, können noch immer frei in der Exekutive Österreichs ihre Arbeit leisten. Nichts hat sich seither geändert. Erneut gibt es ein Opfer der menschenrechtsverletzenden Abschiebungspolitik. Und wahrscheinlich wird sich wieder nichts ändern...
Nur die Spitze des Eisbergs...
...sind die Misshandlungen an Bakary J. - ein Fall von vielen. Nur durch den Mut der jungen Ehefrau des Opfers, Anzeige zu erstatten, wurde dieser Fall öffentlich. Ansonsten wäre Bakary J. ein weiterers, verheimlichtes Opfer der Staatsgewalt geblieben.
Menschen wie Bakary J. werden von den ausländerInnenfeindlichen Gesetzen der rassistischen Regierungspolitik in die Kriminalität getrieben. Innenministerin Prokop, aber auch ihre Vorgänger wie SPÖ-Innenminister Schlögl, machen sie zu Menschen 2. Klasse. Sie rechtfertigt quasi die Misshandlungen an einem Menschen, sollte er sich in seinem Leben straffällig gemacht haben.
Dass Prokop einem Mensch, der von Polizeibeamten derartig misshandelt wurde - egal welches Verbrechen er begangen hat - eine Entschuldigung verweigert, passt in ihre rassistische Politik. Erst jüngst ist sie durch eine angebliche Studie – unwissenschaftlich erstellt, falsch zitiert – aufgefallen, die die Stimmung gegen moslemische MitbürgerInnen aufheizen sollte.
Rassismus macht Integration unmöglich
Bakary J. lebt seit 12 Jahren in Österreich, ist mit einer Wienerin verheiratet und hat zwei Kinder. Trotzdem wird über das in der Menschenrechtskonvention garantierte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht achtgegeben. Mit einer Abschiebung muss er jederzeit rechnen (eine Möglichkeit des Staates, sich vor der Zahlung des Schmerzensgeldes und schlechter Presse zu drücken?). Migrantinnen und Migranten sind tagtäglich rassistischen Übergriffen ausgesetzt. Wir müssen uns fragen, ob die österreichische Regierung, Judikative und Exekutive diese Menschenrechtsverletzungen verteidigt und unterstützt?!
Wir fordern:
- Gleiche
politische, soziale und demokratische Rechte für In- und AusländerInnen
- Abschaffung
der Beschäftigungsbewilligung und der Beschäftigungskontingente! Kontingente
schützen keine Arbeitsplätze. Die Schlecherstellung der AusländerInnen führ zur
Lohndrückerei und Sozialabbau
- Volle
gewerkschaftliche Rechte für ausländische ArbeiterInnen
- Gewerkschaften
und alle ArbeiterInnenorganisationen müssen endlich ihrer Verantwortung
nachkommen und eine von ihnen geführte Kampagne zur vollständigen und aktiven
Bekämpfung von Ausländerhass, Vorurteilen und Benachteiligungen organisieren
- Gegen
staatlichen Rassismus – Kein Rassismus in Legislative, Exekutive und Judikative.
Auch keine Übernahme durch private „Sicherheitsunternehmen“
- Gegen
polizeiliche Aufrüstung, gegen Verschärfung des Haft- und Strafrechts. Schluss
mit der Schikanierung von AusländerInnnen und Jugendlichen, wie willkürliches
Anhalten, Ausweiskontrollen und Durchsuchungen. Keine Kriminalisierung von
antifaschistischen Personen,
Organisationen und Publikationen
- Für die
Rücknahme aller rassistischen Gesetze die SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ in den letzten
Jahrzehnten gemacht haben
- Sofortiger
Stopp ALLER Abschiebungen
- Für ein neuerliches Aufrollen der Fälle Wague, Omofuma
und Bakary und ALLER anderen bisherigen Abschiebungsfälle
- Keine
Aufenthaltskontingente. Bleiberecht für alle Flüchtlinge. Keine
Unterscheidungen zwischen „Wirtschafts“- und politischen Flüchtlingen
-
Für eine
menschengerechte Unterbringung aller Flüchtlinge weltweit. Gegen überfüllte
Flüchtlingslager
- Keine Armee
an der Grenze um Flüchtlinge zu fangen und auszuweisen. Kein Einsatz von
Staatsorganen und Behörden gegen Flüchtlinge, sondern soziale und rechtliche
Unterstützung für Flüchtlinge. Nur große Not, Elend und Gefahr führt zur Flucht
– das ändern dichte Grenzen auch nicht, sondern erhöhen nur das Elend der
Flüchtlinge und spielen den Herrschenden, die für diese Zustände verantwortlich
sind, und den Rassisten in die Hände
- Kampf gegen
Fluchtursachen und nicht gegen Flüchtlinge. Die Gewerkschaften müssen die
Kämpfe in jenen Regionen, in denen Hunger und Armut herrscht, unterstützen, um
dort die soziale Situation zu verbessern. Sofortige Schuldstreichung für die
neokolonialen Staaten. Kampf dem Kapitalismus der für das Elend in der Welt
verantwortlich ist.
Denn Rassismus schwächt uns alle. Solange erkämpfte Rechte nicht für Alle gelten, sind sie in Gefahr! Die beste Verteidigung ist der gemeinsame Kampf für gleiche soziale und demokratische Rechte für ALLE hier lebenden Menschen.