Mo 03.02.2014
Selbst die intimsten Beziehungen zwischen Menschen sind von den sozialen Strukturen der Gesellschaft geprägt, in der sie leben. Dazu gehört auch Sexualität. Frauen und Männer lernen von klein auf, wie sie sich zu verhalten haben. Das passiert über sexistische Ideologie, die über Familie, Medien, Schule, Religion etc. vermittelt wird.
Friedrich Engels hat 1884 in "Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" beschrieben, wie Frauenunterdrückung entstanden ist - gemeinsam mit Privateigentum und Klassengesellschaft. In den Urgesellschaften gab es zwar eine Arbeitsteilung, doch bedeutete diese keine unterschiedliche Wertigkeit und es gab nichts zu vererben. Das änderte sich als mehr produziert als unmittelbar verbraucht wurde. Das neue Privateigentum machte es notwendig, dass die Vaterschaft sicher war. Um Eigentum insgesamt abzusichern entstanden staatliche Strukturen wie Armee, Polizei, Gerichte. Die sexistische Ideologie dient dazu, Frauen dazu zu bringen, die notwendige unbezahlte Arbeit in der Familie zu leisten und die nächste Generation aufzuziehen. Dazu gehört die Regulierung und Unterdrückung weiblicher Sexualität sowie die Idee, dass Frauen keinen eigenen Willen geschweige denn (sexuelle) Bedürfnisse haben sollen.
Ehebruch der Frau wurde (und wird tlws.) mit dem Tod bestraft. (Sexuelle) Gewalt gegen Frauen galt (und gilt) als normal, teilweise sogar erwünscht. Während in der Sowjetunion unmittelbar nach der Revolution 1917 die Vergewaltigung in der Ehe strafbar wurde, dauerte das in Österreich bis 2004! In 127 Ländern ist diese Brutalität bis heute straffrei.
Gedanken darüber, wie Sexualität nach Überwindung des Kapitalismus aussehen kann, hat sich u.a. die russische Marxistin Alexandra Kollontai gemacht. Sie argumentierte, dass in einer neuen Gesellschaft eine neue Moral entstehen würde. Individuen würden nur solange zusammenbleiben, wie Zuneigung und Anziehung andauerte. Frauen wären ökonomisch nicht abhängig von Männern und die gesamte Gesellschaft hätte die Verantwortung für Kinder, da diese nicht mehr Privateigentum „ihrer“ Eltern wären. Wenn Beziehungen zerbrachen, würde das nicht dieselben Komplikationen mit sich bringen wie heute. Sie sprach von erotischer Liebe, die nicht besitzergreifend ist, basierend auf emotionaler Kompatibilität, geistiger Nähe und gegenseitigem Respekt, befreit von den Beschränkungen der bürgerlichen Gesellschaft. Viele Ideen Kollontais haben sich mit der russischen Revolution bestätigt, wenn auch mit der Stalinisierung viele Fortschritte für Frauen wieder zurückgenommen wurden.
Engels beschreibt 1884 wie Sexualität in einer sozialistischen Gesellschaft aussehen könnte: "….ein Geschlecht von Männern, die nie in ihrem Leben in den Fall gekommen sind, für Geld oder andre soziale Machtmittel die Preisgebung einer Frau zu erkaufen, und von Frauen, die nie in den Fall gekommen sind, weder aus irgendwelchen anderen Rücksichten als wirklicher Liebe sich einem Mann hinzugeben, noch dem Geliebten die Hingabe zu verweigern aus Furcht vor den ökonomischen Folgen. Wenn diese Leute da sind, werden sie sich den Teufel darum scheren, was man heute glaubt, dass sie tun sollen; sie werden sich ihre eigene Praxis jedes einzelnen selbst machen – Punktum."