Schwarzblau in der Krise:

Wann kracht die Regierung?
Albert Kropf

Die Temelin-Volksabstimmung, die Affäre Gaugg, der Dauerbrenner Steuerreform  und jetzt die Debatte um die Ladenöffnungszeiten. Sind es bloß Ablenkungsmanöver bzw. Abnutzungserscheinungen  oder handelt es sich tatsächlich um handfeste Regierungskrisen?

Differenzen zwischen politischen Parteien sind  nichts Besonderes. Ganz im Gegenteil, sie müssen sich von einander abgrenzen, damit überhaupt noch ein Unterschied erkennbar ist. Das gilt sowohl für die Koalition als auch die Opposition. Woher kommen also dauernd die Aufregung über Unstimmigkeiten bei Schwarzblau?

Schwarzblau

Die Regierungsbeteiligung der FPÖ unter Jörg Haider stellte einen europäischen Tabubruch dar. Die Folge war eine der größten gesellschaftlichen Polarisierungen und Bewegungen der letzten Jahrzehnte. Dabei war es allen Beteiligten von vornherein klar, dass eine Koalition mit der FPÖ ein großes Risiko darstellt. Trotzdem war man/frau bereit, dieses Risiko für den Preis einer härteren Gangart bei der Durchsetzung neoliberaler „Reformen“ einzugehen.
Umso wichtiger war das gemeinsame Auftreten von Schüssel und Riess-Passer am Beginn. Mittels dieser zur Schau gestellten Eintracht sollte nach außen Stärke gezeigt und nach innen Spannungslinien verdeckt werden. Desto deutlicher fallen jetzt auch deswegen die Zwistigkeiten der „Wenderegierung“ auf.
Robin Hood vs.      Dagobert Duck
Die FPÖ steht vor dem Problem, dass sie seit dem Regierungseintritt so ziemlich jede Wahl verliert. Der Grund dafür ist die einkehrende Ernüchterung. Jahrelang aufgetreten als „Partei des kleinen Mannes“ steht sie nun an vorderster Linie beim Griff in die Geldbörse z.B. durch Sozialabbau oder Ambulanzgebühren. Das Resultat davon ist, dass die FP wieder stärker in Opposition zur eigenen Koalitionspolitik steht. Die Arbeitsteilung dabei verläuft wie eh und je zwischen dem einfachen Parteimitglied Jörg Haider und der Regierungsmannschaft um Riess-Passer und Finanzminister Grasser. Dabei wird auch in letzter Konsequenz ein Zerbrechen der Koalition in Kauf genommen.

Die grosse Kunst des Schweigens

Ganz anders die ÖVP. Sie profitiert ganz klar von dieser Koalition und konnte wieder stark an Selbstvertrauen dazugewinnen. Schon allein aus diese Grund ist sie an einer möglichst langen Weiterführung der Koalition auch über diese Regierungsperiode hinaus interessiert. Resultat dieser Situation ist die Politik des Schweigens zu Entgleisungen (meist Rechtsextremen) einiger FP – Politiker vor allem von Seiten des Kanzlers Schüssel. Das ging sogar soweit, dass medienwirksam versucht wurde, diesen Opportunismus als große Größe bzw. Stärke des Kanzlers hoch zu stilisieren. Bislang ging das in die Hose und die ÖVP steht vor dem Problem einen Kanzler ohne „Kanzlerbonus“ zu haben. Man/frau kann also getrost auf die Uhr schauen bis die Obmanndebatte in der ÖVP beginnt, was wiederum eine zunehmende Destabilisierung der Koalition bedeuten würde.

Keine Alternative in Sicht?

Ganz klar, ihre tatsächliche Stärke bezieht Schwarzblau aus der Schwäche der Opposition. (Rosa)rot-grün beschränkt zu einem Großteil nur darauf, sich als die Besseren bzw. „sozial verträglicheren“ Sparer zu präsentieren. So ist z.B. die SPÖ, die ein mögliches Scheitern des Nulldefizits für dieses Jahr kritisiert. Von Seite der parlamentarischen Opposition hat diese Regierung also nichts zu befürchten.
Anders verhält es sich mit den Gewerkschaften. Unter massiven Druck der Basis stehend, wird die Gewerkschaftsführung zunehmend gezwungen die Verhandlungstische zu verlassen und zu Protest- und mittlerweile auch Kampfmaßnahmen zu mobilisieren. Bis jetzt war das freilich noch wenig im Vergleich zur Schärfe der Angriffe.
Trotzdem sind Mobilisierungen der Beschäftigten, Jugendlichen und Arbeitslosen die einzige Möglichkeit, nicht nur die Regierung zu stürzten, sondern auch die neoliberale „Reformlawine“ zu stoppen und für eine gerechtere, sozialistische Gesellschaft zu kämpfen.

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