Mo 29.11.2010
Die Angriffe der Regierung haben es auf Menschen mit Behinderung besonders abgesehen: Kürzungen beim Pflegegeld, weniger Geld für Organisationen die Behinderte unterstützen, ein Stopp im Ausbau der Barrierefreiheit und die Aufhebung des Kündigungsschutzes für Menschen mit Behinderung.
In Österreich gibt es rund 600.000 Menschen mit Behinderung - viele arbeiten am sogenannten “Ersten Arbeitsmarkt” d.h. in einem normalen Betrieb. Als Menschen mit Behinderung haben sie besondere Schutzbestimmungen, sie sind “Begünstigte Behinderte”. Neben Bestimmungen gegen Diskriminierung o.ä. gibt es auch einen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz. Schutzbestimmungen sind kein Privileg, sondern nötig um Menschen vor der absoluten Ausbeutung der Arbeitskraft zu schützen. Schutzbestimmungen sind eine wichtige Errungenschaft der ArbeiterInnenbewegung in verschiedenen Bereichen.
Nun soll dieser Kündigungsschutz gesetzlich fallen. Im “Gegenzug” werden die Strafzahlungen für Unternehmen, die einen Menschen mit Behinderung nicht einstellen, obwohl sie es auf Grund ihrer Beschäftigtenanzahl (ab 25 MitarbeiterInnen) müssen, geringfügig erhöht. Das Argument für die Abschaffung ist ebenso irreführend wie populistisch und zutiefst neoliberal. Es sei angeblich positiv, denn nun - da sie keinen Kündigungsschutz mehr haben - würden sie von Unternehmern ja viel leichter und lieber aufgenommen werden! Dass Unternehmer das Fallen von Schutzbestimmungen praktisch finden, mag sein, für die ArbeiterInnenklasse bedeutet das einen weiteren Schritt der Aushöhlung von Schutz und Rechten. Und wer werden die nächsten sein? Fällt der Kündigungsschutz für schwangere Kolleginnen? Wie massiv wird der Lehrlingsschutz vor Kündigung noch eingeschränkt (die Aufweichung von Schutzbestimmungen hat hier übrigens KEINE Jobs geschaffen). Werden Ruhebestimmungen beim Pflegepersonal nun auch bald als “nicht wettbewerbsfähig” eingestuft?
Spaltung verhindern!
Die Diskussion und die Abschaffung solcher Schutzbestimmung fördert zudem die Spaltung zwischen ArbeitnehmerInnen und ihren behinderten KollegInnen. Charlie, ein Betroffener beschreibt die Situation so: “Das Fallen von Schutzbestimmungen kann eine größere Spaltung der ArbeiterInnenklasse zu Folge haben, und die Entsolidarisierung fördern; wenn KollegInnen das Gefühl bekommen, dass sie benachteiligt sind, werden sie nicht gemeinsam für ihre Rechte kämpfen.” Denn die Diskussion um Schutzgesetze hat natürlich auch die Frage um deren grundsätzliche Notwendigkeit mit im Schlepptau. Daher sind Forderungen gegen die Spaltung und Entsolidarisierung jetzt besonders wichtig:
- Volle Gleichstellung in der Entlohnung - auch in Werkstätten
- Schaffung von Arbeitsplätzen, die es behinderten KollegInnen ermöglichen nach ihren Möglichkeiten zu arbeiten
- Nicht weniger Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung, sondern mehr Kündigungsschutz für Alle!
- Kein “Freikaufen” von Unternehmen, so dass sie behinderte KollegInnen nicht einstellen müssen - Strafzahlungen in jedem Fall so hoch wie ein Gehalt!
- Keine Aushöhlung von Schutzbestimmungen!
- Gemeinsamer Kampf behinderter und nichtbehinderter KollegInnen gegen gesetzliche Verschlechterungen!