Mo 01.09.1997
In den letzten Monaten hat sich auch in Österreich die Hetze gegen das Recht auf Abtreibung verschärft. „Pro Life“, eine der international größten und reaktionärsten Organisationen in diesem Bereich, veranstaltete zahlreiche Aktionen, um die 1975 in Kraft getretene Fristenregelung abermals in Frage zu stellen.
Gemeinsam mit Mitgliedern von „Jugend fürs Leben“ und „Geborene für Ungeborene“ standen sie im Rahmen ihrer Abschlußkundgebung am 1.August samt Heiligenbildchen und Plastikembryonen am Stephansplatz und tanzten zu katholischen Weisen glückselig im Kreis gegen Frauenrechte. Zuverlässige Verhütungsmittel lehnen sie genauso kategorisch ab, wie die Entscheidungsfreiheit bezüglich Abtreibung.
Sie kriminalisieren und bedrohen ÄrztInnen, die diese durchführen und entmündigen Frauen, die sie als Gebärmaschinen, deren sexuelles Leben auf die Fortpflanzung ausgerichtet sein sollte, betrachten. Wir - SOVlerInnen, Feministinnen unterschiedlichster Gruppierungen, UFF-Vertreterinnen u.a. - überließen den Heuchlerinnen und Heuchlern nicht allein das Feld - obwohl das Publikum, das auf die Haßtiraden ansprach, ohnehin sehr mager war. Zwangsläufig entwickelten sich also ebenfalls Debatten zwischen uns und den Weltuntergangspredigern.
Da hagelte es von ihrer Seite unfaßbare Sätze wie: „Wenn sich junge Frauen heute einem jeden Dahergelaufenen hingeben, müssen sie halt die Folgen tragen.“, „Die Polygamie ist das eigentliche Übel unserer Zeit.“, „Pille und Spirale sind Mordinstrumente“, „Kreisky (in dessen Ära die Fristenregelung durchgesetzt wurde) ist der schlimmste Verbrecher der gesamten österreichischen Geschichte.“ Die letzte Aussage stammt übrigens von einem der berühmtesten „Moraltheologen“ dieses Landes, Bischof Laun. Während der solch politische Anschauungen krönenden, im Stephansdom stattfindenden Messe verliehen einige Feministinnen ihrem Zorn lautstark Ausdruck. Sie wurden sowohl von STAPOzisten als auch von fanatischen Abtreibungsgegnern brutalst hinausgezerrt.
Belästigungen vor Abtreibungsklinik
Tags darauf sangen und beteten die selbsternannten Tugendhaften in der Nähe des Abtreibungsambulatoriums am Fleischmarkt, das durch eine von SOV, SJ, autonomen Frauenorganisationen, Grünen, SPÖ und LIF initiierte Versammlung geschützt wurde. Jenen Ort frequentieren die Abtreibungsgegner, Frauen belästigend, nämlich immer wieder gerne, im Frühling und Sommer 1997 in gehäuftem Ausmaß. Damit soll nun endlich Schluß sein.
Wichtig ist jetzt vor allem, daß wir uns nicht mit der Verteidigung schon erlangter Gesetze begnügen. Selbstbestimmung über den eigenen Körper und selbstgewählte Sexualität dürfen nicht nur auf dem Papier existieren. Deshalb fordern wir das Recht jeder Frau auf Abtreibung per Krankenschein. Damit es seltener zu ungewollten Schwangerschaften kommt, ist eine kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln notwendig. Außerdem müssen soziale Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen Frauen die Möglichkeit haben, frei von finanziellen Zwängen darüber zu entscheiden, ob sie ein Kind wollen oder nicht.