Fr 11.03.2022
Fast jede*r in Österreich hat wohl schon erlebt, wie schwierig es sein kann, einen Termin für eine spezielle Untersuchung, Therapie oder OP zu bekommen. Die Wartezeit für bestimmte Operationen in öffentlichen Spitälern beträgt oft über ein Jahr, für einen Psychotherapieplatz sind viele Monate Standard. Von Seiten der Herrschenden wird immer wieder versucht, diese Probleme auf die Pandemie zu schieben, allerdings existierten diese Missstände bereits in der Vor-COVID-Zeit. Durch solche Hürden werden viele dazu getrieben, zu privaten Gesundheitsanbietern zu wechseln, denn Gesundheit ist ein lukrativer Markt: Wer sich das nicht leisten kann, hat Pech.
2017 wurden bereits 30% der Kosten im Gesundheitssystem selbst bezahlt, dabei spielen Privatversicherte allerdings eine kleinere Rolle, mehr machen die laufend steigenden Selbstbehalte der Kassen aus. Beispiel hierfür sind die pauschale Rezeptgebühr oder der Selbstbehalt für Brillen und Kontaktlinsen (mindestens 113€). Angesichts dieser Informationen ist es kaum verwunderlich, dass die Lebenserwartung bei finanziell besser gestellten ca. 14 Jahre höher ist.
Die schleichende Privatisierung zeigt sich deutlich bei den Kassen: Mit Ausnahme Wiens haben alle Länder seit 2002 ihre Krankenanstalten an privatrechtlich organisierte Gesellschaften übergeben, wobei die Länder dabei als Mehrheitseigentümer*innen agieren und die Ausfallhaftung übernehmen. Kostendeckend arbeiten müssen sie alle - auf Kosten von Kranken und Beschäftigten.
Wieso steht das öffentliche System schlecht da?
Diese schleichende Privatisierung spiegelt sich auch in der Verteilung der Mittel an Krankenanstalten wider - seit 1997 gibt es hierzulande das “Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierungssystem” - ein Punktesystem, welches unabhängig von den realen Kosten eine Pauschalvergütung für unterschiedliche medizinische Leistungen vorsieht. Dadurch wird immer mehr Druck erzeugt, bei Behandlungen möglichst an Kosten zu sparen, anstatt das Beste für die Patient*innen zu tun. Nach dem gleichen Prinzip werden allerdings auch private Anbieter mit Geldern des Staates versorgt (über die Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds) - darum dreht sich auch der Prozess gegen H.C.Strache, welchem vorgeworfen wird, eine Schönheitsklinik gegen eine Spende in dieses System eingegliedert zu haben.
Forderungen und Solidarität
Besonders durch Corona ist vielen bewusst geworden, wie wichtig mehr Geld für den Gesundheitssektor ist, anstatt immer weiterer Einsparungen oder sündhaft teurer “Berater*innen”. Eine sofortige Aufstockung des Personals, bezahlte Ausbildung sowie bessere Löhne und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten sind unumgänglich, um aus dieser Krise zu finden. All das fordern wir als Teil der Initiative “Sozial aber nicht blöd” bereits seit langem! Es ist wichtig, im gleichen Atemzug aber auch eine tiefgreifendere Verbesserung des Systems zu erkämpfen - die Verwaltung von Strukturen des öffentlichen Wohls gehört durch demokratische Mittel von den betroffenen Beschäftigten, Patient*innen und Vertreter*innen der Arbeiter*innenbewegung geleitet, anstatt von den Profitinteressen derer, die momentan am Ruder sitzen.