Neue Regierung – alte Probleme

Ausweitung der Arbeitszeiten, Kürzungen bei Sozialem & im Gesundheitswesen zur „Standortsicherung“.

Sebastian Kurz kann nach den Neuwahlen vom 29. September zwischen drei möglichen Koalitionspartnerinnen wählen und geht gestärkt in etwaige Verhandlungen. Noch ist nicht eindeutig, welche Regierungsvariante sich durchsetzt. Absehbar ist allerdings, dass die unter Schwarz-Blau begonnenen Angriffe in der einen oder anderen Form weitergehen werden. Die schwächelnde Konjunktur begrenzt den Spielraum der künftigen Regierung erheblich.

Welche Erwartungen des Kapitals hat der künftige Bundeskanzler Kurz zu erfüllen? Unabhängig von den spezifischen Interessen der jeweiligen Kapitalfraktion ist die Etablierung eines Niedriglohnsektors und damit ein Ausgleich des Wettbewerbsnachteils gegenüber den Nachbarstaaten (v.a. Deutschland) oberstes Ziel. Was Schröder, Fischer & Co. in den 2000er Jahren geschafft haben, blieben Schüssel, Grasser, Haider & Co. ihren Geldgeber*innen schuldig. Bzw. waren deren Maßnahmen aus Kapitalsicht nicht nachhaltig genug. Sebastian Kurz hat bereits bewiesen, was er kann. Stichwort: Senkung der Lohnnebenkosten, Steigerung der Produktivität durch Intensivierung der Arbeit und Ausweitung der Arbeitszeiten, Wegfall teurer Überstunden, Kürzung der Mindestsicherung, Einsparungen im Gesundheitswesen etc. zur „Sicherung des Standorts“. Im Klartext bedeutet das: Sinkende Produktionskosten für das Kapital durch „Verschlankung“ des Sozialstaats bei sinkenden Löhnen und erhöhtem Arbeitsdruck für die Beschäftigten. Also Politik für Reiche und Unternehmen.
 

Sozialabbau mit grünem Anstrich?
 

Wer glaubt, eine Regierungsbeteiligung der Grünen stelle eine qualitative Veränderung dar, wird gegebenenfalls eines besseren belehrt werden. Es ist nicht anzunehmen, dass Kurz auf Druck der Grünen seine soziale Ader entdeckt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Grünen für einen Regierungseintritt ihr Sozialprogramm einer Wirtschaftspolitik mit grünem Anstrich unterordnen. Das wird unmittelbare Auswirkungen auf die arbeitenden Menschen im Land haben. Grüner Kapitalismus ist eine Illusion, mit der bisweilen zwar Wahlen gewonnen werden können, aber keine echte Veränderung möglich ist. Auch wenn es innerhalb der Grünen kapitalismuskritische Stimmen gibt: die Partei bleibt der kapitalistischen Logik verhaftet und stellt keine echte Alternative – am wenigsten als Juniorpartnerin der ÖVP – dar.

 

Weiter wie bisher?

Nach der Ibiza-Affäre und dem Spesenskandal rund um Ex-Parteichef Strache versucht die neue FPÖ-Parteiführung, Einigkeit zu demonstrieren. Doch nach anfänglichem Nachgeben gegenüber dem Kickl-Flügel, der Kurs auf Opposition nehmen will, zeigt sich der Flügel um Norbert Hofer, der für aggressiven Neoliberalismus steht, erneut bereit, den Juniorpartner für Kurz zu geben. Hofer hatte zuletzt sogar angedeutet, einen Plan für die Karriere Kickls zu haben, sollte es zu einer Neuauflage von Schwarz-Blau kommen. Die Stolpersteine auf dem Weg in eine Koalition scheinen ausgeräumt. Mit der FPÖ an seiner Seite hat Kurz freie Hand, die großen Angriffe schneller umzusetzen als bei anderen Regierungsvarianten – auch wenn sich das Gesamtausmaß letztlich wenig unterscheiden würde.

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