Mo 01.09.1997
Wie schon bei seinem taktischen Schwenk vom einstmaligen massiven EU-Beitrittsbefürworter zum EU-Gegner, so nützt Haider auch jetzt ein Volksbegehren für eine Volksabstimmung über die Teilnahme Österreichs an der Währungsunion für seinen Weg zur Regierungsbeteiligung. Es geht dabei nicht um Schilling kontra Euro oder etwa um die Sehnsucht der FPÖ nach direkter Demokratie, sondern um den Weg der FPÖ zur Macht im Staate.
Haider nützt alle Chancen, die sich ihm bieten, um sich den Weg zum Bundeskanzler zu ebnen. Aber leichter als beim angekündigten „Anti-Euro“-Volksbegehren hätte es die FPÖ nicht haben können. Hier kann die FPÖ nur gewinnen. Sie wird klarerweise die Propagandalügen der Regierung vor dem EU-Beitritt anprangern und jetzt den demokratiepolitischen Saubermann spielen, der als einziger das Volk noch einmal abstimmen lassen will.
FPÖ nimmt nicht Stellung
Selbst Stellung nehmen muß die FPÖ nicht, die Teilnahme Österreichs an der Währungsunion ist, falls diese überhaupt zustandekommt, so gut wie sicher. Und deswegen nützt das Volksbegehren gar nichts, da es die Bundesregierung zu keiner Volksabstimmung zwingen kann. Ein Volksbegehren muß nur, wenn es von über 100.000 ÖsterreicherInnen unterzeichnet wird, im Parlament behandelt, d.h. diskutiert werden. Beschließen kann das Parlament danach aber, was es will.
Die FPÖ ist auch nicht prinzipiell gegen die Teilnahme Österreichs an der Wäh-rungsunion, Haider war zuletzt für eine Verschiebung. Der Papierindustrielle und Wirtschaftssprecher der FPÖ, Prinzhorn, äußert sich bis zuletzt noch klar für die frühestmögliche Teilnahme Österreichs: „Ich bin dagegen, wie ein Rumpelstilzchen gegen den Euro zu sein. Wenn wichtige Handelspartner wie Italien und Deutschland drinnen sind, wird Österreich nolens volens auch mitmachen müssen.“ Jetzt wurde er aber noch auf Parteilinie gebracht.
Die Arroganz der Regierung
Die Regierungsparteien geben jetzt von sich, daß dieses Volksgbegehren sinnnlos sei, da mit der Abstimmung über den EU-Beitritt die Entscheidung über die Teilnahme Österreichs am Euro bereits gefallen ist. Eine größere Werbung hätte der FPÖ nicht passieren können. Heute zu sagen, damals sei sowieso schon über die Teilnahme an der Währungsunion abgestimmt worden, ist eine bodenlose Frechheit.
Die Bevölkerung hat nach jahrelangen Indoktrinierung für den EU-Beitritt gestimmt, weil ihr viel versprochen wurde: höheres Wirtschaftswachstum, Sicherung der Arbeitsplätze, keine neuen Steuern und Belastungen, Stärkung der Kaufkraft (Ederer-1000er). Es trat überall das Gegenteil ein. Dazu hat die Regierung noch kein Wort verloren. Von der von der SPÖ versprochenen Stärkung der „sozialen Dimension“ Europas ist seit dem Beitritt auch nichts mehr gehört worden. Die Be-rücksichtigung der Schaffung zusätzlicher Beschäftigung, die beim EU-Gipfel in Amsterdam vereinbart wurde, ist eine reine Augenauswischerei, wie zahlreiche Ankündigungen davor. Dafür wurden keinerlei Geldmittel bereitgestellt, es handelt sich wieder einmal um reine Lippenbekenntnisse, die das Papier nicht wert sind, auf das sie gedruckt sind.
Der ÖGB unterstützt zwar derzeit keine Werbung für den Euro, hat sich aber zu keiner Position durchgerungen. Richard Leutner, Sekretär des ÖGB, formuliert die etwas paradoxe Haltung folgendermaßen: „Prinzipiell sind wir für den Euro, weil er für die Wirtschaft gut ist.“ Andererseits: „Die Akzeptanz des Euro entscheidet sich am Arbeitsmarkt.“ (Standard 23/24.8) Daß infolge der Vorbereitungen auf die Währungsunion EU-weit in den letzten 5 Jahren 5 Mio. Arbeitsplätze vernichtet wurden und die Arbeitslosigkeit weiter steigt, dürfte die Entscheidung nicht schwer machen. Die Linie einer Gewerkschaft sollte sein: „Prinzipiell sind wir gegen den Euro, weil er schlecht für die ArbeitnehmerInnen ist.“ In der Positionierung wird sich der ÖGB entscheiden, ob es ihm wichtiger ist, daß es der Wirtschaft oder den ArbeiterInnen gut geht, ein sowohl als auch gibt es nicht.
Entweder will man eine harte Währung, keine Staatsverschuldung und sonstige neoliberale Dogmen erfüllen oder man will die Arbeitslosigkeit abbauen. Währungs- und Beschäftigungsunion gleichzeitig sind nicht realisierbar. Bleibt zu hoffen, daß die ÖGB-Führung das im Herbst, wenn sie ihre Entscheidung fällen wird, auch begriffen hat.
Die Schwäche von Grünen und der Linken
Sowohl Grüne als auch die KPÖ fordern offiziell eine Volksabstimmung über die Teilnahme an der Währungsunion. Aber die Initiative dafür haben sie bislang nicht ergriffen, und das, obwohl im Frühjahr 1998 die Entscheidung über die Teilnehmerstaaten an der Union und die Fixierung der Wechselkurse erfolgt. Diese Chance hat jetzt die FPÖ genutzt. Hinzugefügt werden muß, daß auch die KPÖ bei ihrer Kritik an der asozialen Währungsunion als Alternative einen „anderen (österreichischen) Weg“ der Verteidigung des Schilling eingeschlagen hat.
Die Währungsunion führte schon in der Vorbereitung durch die Sparpolitik zu einem Ansteigen der Arbeitslosigkeit und zur Verarmung der Bevölkerung. Durch den Stabilitätspakt, der weiterhin die zulässige Neuverschuldung auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts begrenzt, wird dieser asoziale Kurs in der Wäh-rungsunion zementiert. Eine authentisch linke Position kann daher nur gegen diese Währungsunion sein.
Aufgabe der Linken war und ist es, eine Ablehnung des Projektes der Währungsunion mit einer internationalistischen, klassenkämpferischen Alternative zu bekämpfen. Ansatzpunkte gab es EU-weit schon: die „Anti-Maastricht“-Streikbewegung in Frankreich Ende 1995, der grenzüberschreitende französisch-belgische Streik der Renault-ArbeiterInnen, der „Euromarsch“, bei dem im Juni 50.000 Menschen aus ganz Europa in Amsterdam gegen die Politik der EU demonstrierten.
Opposition nicht der FPÖ überlassen
In Österreich droht jetzt aber wieder einmal, daß die Haider-FPÖ die Oppositionsrolle monopolisiert. Die Linke darf davor aber nicht zurückweichen und auf keinen Fall die Opposition gegen die neoliberale Währungsunion den rechtsnationalistischen „Schillingverteidigern“ der FPÖ überlassen. Es geht nicht um den Namen der Währung oder den österreichischen Schilling, sondern um die Logik, nach der die Währungsunion konstruiert ist: Sparpolitik als „Verfassungsgrundsatz“ und Schwä-chung der Position der ArbeitnehmerInnen, die im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit“ noch mehr an die Wand gedrückt werden.
Das Volksbegehren muß, da es nur der innenpolitischen Stärkung der FPÖ dient, bekämpft werden. Den Kampf gegen das kapitalistische Maastricht-EUropa aber müssen wir aktiv durch Protest auf der Straße-Streiks und Demos weiterführen!