Mo 10.07.2006
Im Herbst dieses Jahres werden Nationalratswahlen sein – ob im Oktober oder November ist noch offen, aber der Unterschied ist minimal. Tatsache ist, dass die jetzige Regierung, trotz massivem Sozialabbau, trotz Spaltung und Marginalisierung eines Koalitionspartners, trotz der größten Streikbewegung der 2. Republik de facto die gesamte Legislaturperiode überstanden hat. Und dass ein Kabinett Schüssel 3 eine sehr reale Gefahr darstellt.
Die SLP wird bei diesen Wahlen als einzige sozialistische Alternative antreten. Als einzige wird die SLP die Notwendigkeit einer neuen Partei für ArbeitnehmerInnen und Jugendliche im Wahlkampf ansprechen. Und als einzige wird die SLP offensiv gegen den Rassismus aller etablierten Parteien – wenn er sich auch in unterschiedlichen Formen präsentiert – auftreten.
Sechs Jahre Schwarz-Blau-Orange – eine Bilanz
Die Bilanz von sechs Jahren schwarz-blau-orange ist eindeutig. Aggressiver Neoliberalismus mit Privatisierungen, auch in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Erhöhung der Abgaben und Steuern für Klein- und NormalverdienerInnen und Steuergeschenke für Unternehmen und Reiche. Generell ist ein Absinken des Lebensstandards von ArbeitnehmerInnen und ihren Familien zu bemerken. Die Arbeitslosigkeit steigt – auch wenn die geschönten Zahlen versuchen, uns ein anderes Bild zu präsentieren – und v.a. Jugendliche haben kaum eine positive Zukunftsperspektive. Auf der gesellschaftspolitischen Ebene gibt es einen konservativen Rückschlag, von dem v.a. Frauen betroffen sind die wieder verstärkt in die Familie gedrängt werden. MigrantInnen sind auch mit staatlichem Rassismus konfrontiert und werden systematisch zu Feindbildern aufgebaut.
Wo ist die Opposition?
Trotz dieser katastrophalen Bilanz gibt es keine wirkliche Opposition im Parlament. Die SPÖ hat ihre Unterschrift z.B. unter die jüngsten Verschärfungen im Asylrecht gesetzt. Wo Grüne und SPÖ an der Macht sind – Wien, Salzburg, Steiermark, Burgenland, Oberösterreich – unterscheidet sich ihre Politik nicht wirklich von jener der Bundesregierung: Privatisierungen (unter dem Titel „Ausgliederung“ versteckt) im gesamten Wiener Sozialbereich, Kürzungen im Gesundheitswesen in Oberösterreich und die Grünen schrecken nicht einmal davor zurück, dem rechtsextremen ÖTB Subventionen zu bewilligen. Die „Opposition“ der letzten Jahre war keine wirkliche Opposition, weil sie die wesentlichen Grundlagen der Regierungspolitik – Standortlogik, Akzeptieren kapitalistischer Sachzwänge, Spaltung in In- und AusländerInnen – mitgetragen und selbst umgesetzt hat.
Der Ausgang der Wahl ist offen – aber können eines bereits jetzt fix sagen: Egal welche Regierungskonstellation das Ergebnis sein wird – es werden harte Angriffe folgen. Nun, kurz vor den Wahlen wird von den Wirtschaftsforschungsinstuten ein rosiges Bild der Zukunft gemahlt, um die Regierung möglichst gut dastehen zu lassen. Aber selbst sie müssen zugeben, dass sich an der hohen Arbeitslosigkeit nichts ändern wird, selbst die Regierung schreibt – versteckt aber doch – in ihren Berichten, dass die Reallohnentwicklung weit hinter dem Wirtschaftswachstum herhinkt. „Reformen“ wie in Deutschland – d.h. Angriffe auf Arbeitslose und weitreichende Einschnitte im Gesundheitswesen – stehen neben einer weiteren Prekärisierung der Arbeit (längere Tagesarbeitszeit, Streichung von Zuschlägen, Ausbau von unsicheren Beschäftigungsverhältnissen) ganz oben auf der „To-Do“-Liste der kommenden Bundesregierung. Da auch die jetzigen Oppositionsparteien in der kapitalistischen Logik gefangen sind, sieht ihr Programm nicht wesentlich anders aus.
Das kleinere Übel ist ein großes Übel
Viele bisherige SPÖ- und Grün-WählerInnen sind unzufrieden mit der Politik dieser Parteien. An der Basis der Wiener Grünen gibt es Unmut über den weiteren Rechtsschwenk der Grünen in der Migrationsfrage, der sich im neuen Punkte-Katalog ausdrückt. Auch in der SPÖ gibt es noch aufrechte Linke, die mit Abscheu den neoliberalen Kurs der SPÖ verfolgen. Vor der Wahl werden viele von ihnen argumentieren, man müsse SPÖ bzw. Grün wählen, „um schlimmeres zu verhindern“. SPÖ und Grüne wären „das kleinere Übel“ und „wollt ihr weitere vier Jahre Schüssel?“ sind die Argumente. Nein, wir wollen keinen Tag weiter die Politik von Schüssel & Co. und genau deshalb, ist das Argument des kleineren Übels falsch. Gerade weil SPÖ und Grüne sich in ihrem Programm und ihrer Praxis der jetzigen Regierung anpassen, weil alle Parteien versuchen, auf die rassistische Karte zu setzen – deshalb ist KEINE dieser Parteien ein kleineres Übel, sondern Teil des großen Übels. Ob die Privatisierungen im Gesundheitswesen durch einen Wirtschaftsminister Bartenstein oder Van de Bellen erfolgen ist ebenso egal, wie die Frage, ob ein Kanzler Schüssel oder Gusenbauer das Asylrecht weiter aushöhlt.
Wer kann Widerstand gegen die künftigen Angriffe organisieren?
2003 gab es die größten Streiks in der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Eine Million Menschen war aktiv an den Protesten gegen den Pensionsraub beteiligt. Der Mythos von den österreichischen Beschäftigten, die nicht kämpfen wollen, war endgültig gebrochen. Der Widerstand war nicht erfolgreich, weil die Gewerkschaftsführung im entscheidenden Moment einen Rückzieher machte. Die jüngsten Enthüllungen über den Bawag/ÖGB-Skandal machen deutlich, wo das Problem der österreichischen Gewerkschaftsbürokratie liegt: eine völlig abgehobene Schicht von Gewerkschaftsbonzen mit Spitzengehältern agiert im Interesse der Wirtschaft (im konkreten Fall einer Bank, im Allgemeinen des Standortes Österreich) und nicht im Interesse von ArbeitnehmerInnen. Dieses Selbstverständnis findet man aber nicht nur bei einer Handvoll von GewerkschaftsfunktionärInnen, sondern das ist ein Grundkonsens in den Reihen der Gewerkschaftsbürokratie und mit der Sozialpartnerschaft eine Grundpfeiler des ÖGB. Gewerkschaften werden angesichts der kommenden Angriffe für die Beschäftigten in Österreich zunehmend wichtiger werden. Dieser ÖGB ist dazu – nicht zuletzt auch wegen der völligen Abhängigkeit in die man sich durch die Bawag-Krise von der Regierung/vom Staat gebracht hat – nicht in der Lage. Wir brauchen wirklich neue Gewerkschaften: Mit demokratischen Strukturen wo die Basis entscheidet, mit FunktionärInnen, die nicht mehr verdienen als die Menschen, die sie vertreten sollen, mit einer kämpferischen Politik, die endlich Schluss macht mit dem sozialpartnerschaftlichen Kuschelkurs. Ob und in welcher Form es den ÖGB in Zukunft geben wird, ist nach den jüngsten Insolvenzgerüchten offen. Aber das starke, kämpferische und demokratische Gewerkschaften nötig sind, ist klar.
Die jetzige Trennung von SPÖ und FSG ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Gusenbauer setzt ein deutliches Zeichen an die ÖVP „schaut her, bei den künftigen Koalitionsverhandlungen wird uns kein Gewerkschafter mehr die Unterschrift verweigern“ (2000 hatte Metaller Chef Nürnberger die Unterschrift unter Koalitionspakt SPÖ-ÖVP verweigert). Die SPÖ, die schon längst keine ArbeiterInnenpartei, sondern heute eine bürgerliche Partei ist, hat damit auch organisatorisch eine deutliche Abtrennung von der ArbeiterInnenbewegung durchgeführt die sie politisch schon längst vollzogen hat. In populistischer Art wird die – berechtigte - Ablehnung von Gewerkschaftsbonzen und Multifunktionären genützt, um diese „Säuberung“ der SPÖ zu vollziehen.
Neue ArbeiterInnenpartei notwendig
Das Argument „keine führenden GewerkschafterInnen ins Parlament“ das von SPÖ und Grünen gebracht wird, ist falsch: Die Frage ist nicht, GewerkschafterInnen ja oder nein, sondern auf welcher Liste. Eine politische Vertretung der ArbeiterInnenbewegung auch im Parlament (auch wenn diese keinesfalls ausreichend ist) ist notwendig. Aber keine der jetzigen Parlamentsparteien vertritt die Interessen der Beschäftigten und ihrer Familien. Falsch ist es daher für GewerkschafterInnen auf den Listen der etablierten Parteien zu kandidieren. Richtig und notwendig ist, das aus den Reihen der Gewerkschaftsbewegung – wie in Deutschland die WASG – eine neue Partei für ArbeitnehmerInnen und Jugendliche entsteht. Unter Gewerkschaftsmitgliedern gibt es Diskussionen in diese Richtung. Die SLP unterstützt alle Schritte in diese Richtung und wird sich aktiv am Aufbau dieser neuen Partei beteiligen.
Was tun bei den kommenden Wahlen?
Es ist davon auszugehen, dass bei den kommenden Wahlen eine solche Liste noch nicht existieren wird. Daher ist es notwendig eine Alternative zu den etablierten Parteien anzubieten. Die durch die Spaltung noch weiter nach rechts gerückte FPÖ versucht sich mit pseudo-antikapitalistischen Sprüchen und einem aggressivem Rassismus als Alternative zu präsentieren. Viele haben nach der Spaltung der FPÖ gemeint, das Problem hätte sich damit erledigt. Wir haben damals davor gewarnt, dass der Rechtsextremismus nicht durch die Krise einer Partei verschwinden wird – das Auftreten der FPÖ, ihr weiterer Rechtsruck und das Wiener Wahlergebnis haben uns recht gegeben. Die FPÖ kann sich aber nur solange als Alternative präsentieren, solange es auf der Linken und aus den Reihen der ArbeiterInnenbewegung keine wirkliche Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche gibt.
Die Kandidaturen der KPÖ aber auch von HP Martin können diese Alternative nicht anbieten. Auch wenn HP Martin zu Recht die Privilegien der PolitikerInnen aufzeigt, hat er doch kein Programm für AbeitnehmerInnen. Die KPÖ hat, beflügelt durch den Erfolg der steirischen KP, ihren Alleinvertretungsanspruch der österreichischen Linken bestärkt. Eine KPÖ-Liste wie sie die steirische KP aufstellt, offen auch für Ex-Grüne und Ex-SPÖ’lerInnen mit Ernest Kaltenegger, der als Kämpfer für die Interessen der „kleinen Leute“ bekannt ist, wäre ein Fortschritt gewesen. Die SLP unterstützt daher auch in der Steiermark das Antreten der KP-Steiermark. Auf der Bundesebene aber fährt die KPÖ eine andere Politik. Sie orientiert sich an einer ominösen „Zivilgesellschaft“, sitz im Boot mit der deutschen Linkspartei.PDS, die, wo sie an der Macht ist, sich am Sozialabbau beteiligt und lässt ein sozialistisches Programm vermissen.
SLP: Ein Programm und eine Partei gegen Sozialabbau
Das Antreten der SLP bei den kommenden Wahlen ist ein wichtiger Schritt für den Aufbau einer solchen neuen Partei. Die SLP wird mit einem Programm gegen Rassismus, Bonzen und Profite bei den kommenden Wahlen antreten. Wir setzen dem Rassismus der etablierten Parteien die Forderung nach gleichen sozialen und demokratischen Rechten für alle Menschen die hier leben entgegen. Nicht MigrantInnen sind schuld an Arbeitslosigkeit, sondern der Kapitalismus, der nicht in der Lage ist, die Menschen mit einem Arbeitsplatz und einem menschenwürdigen Leben zu versorgen. Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte – der gemeinsame Kampf von In- und AusländerInnen gegen Prekärisierung, Lohndumping und Stellenabbau ist der einzige Weg, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Die SLP tritt gegen jede Form von PolitikerInnenprivilegien ein – egal ob im Parlament oder in der Gewerkschaft. Jemand, der ArbeitnehmerInnen und ihre Familien vertreten soll, darf nicht mehr verdienen, als die Menschen, die er/sie vertreten soll. Daher weg mit ALLEN Privilegien (egal ob Penthause, Sonderpensionen, Dienstwagen oder Spitzengehälter) und Durchschnittseinkommen für PolitikerInnen.
Die SLP lehnt das Profitsystem in dem wir leben und das uns täglich seine Unfähigkeit zeigt, ab. Der Kapitalismus produziert weltweit und auch in Österreich Arbeitslosigkeit, Armut, Umweltzerstörung und Krieg. Im Kapitalismus stehen die Profite im Mittelpunkt und nicht die Bedürfnisse der Menschen. Die Kandidatur der SLP steht daher auch gegen dieses Profitsystem und für eine andere, eine sozialistische Gesellschaft.
Gegen Bonzen, Profite und Rassismus
- Gegen Bonzen – Für Durchschnittslohn für
PolitikerInnen und GewerkschaftsfunktionärInnen. Wer ArbeitnehmerInnen
vertreten will, darf nicht mehr verdienen als ein Durchschnittseinkommen.
- Gegen Profite – Für eine Gesellschaft, in
der die Bedürfnisse von ArbeitnehmerInnen und Arbeitslosen, Jugendlichen und
PensionistInnen im Zentrum stehen. Ein sicherer Arbeitsplatz, ein Einkommen von
dem ein menschenwürdiges Leben möglich ist, eine gesunde und friedliche Umwelt
müssen wichtiger sein als die Profite der Unternehmen.
- Gegen Rassismus – Für den gemeinsamen Kampf
von In- und AusländerInnen gegen Sozialabbau, Privatisierung und die
Vernichtung von Arbeitsplätzen.