Mi 21.10.2009
Wenn der ÖGB seinen Slogan „Die Kosten der Krise dürfen nicht auf die ArbeitnehmerInnen abgewälzt werden“ ernst nimmt, muss er endlich beginnen, Widerstand zu organisieren.
Mit dem 100-Milliarden-Bankenpaket könnten 142 Jahre „Hacklerregelung“ finanziert werden. Die Schulden aller Krankenkassen hätten mit dem Geld, das für 15 Eurofighter bezahlt wurde, beglichen werden können. Alleine jene 2,7 Milliarden, die die Erste Bank vom Staat erhalten hatte, würden für 18 Jahre Studiengebühren reichen. Geld wäre also genug da, allein es fehlt der Wille, es – beim drohenden Fall der Profitraten - zum Wohle der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung einzusetzen.
Gier ist geil, außer bei PensionistInnen?
Gescheiterte ManagerInnen dürfen, aufgrund „wohlerworbener Rechte“ und „weil sich Leistung wieder lohnen muss“, auch im Misserfolgsfall mit Millionen-Abfertigungen rechnen. PensionistInnen wird hingegen vorgeworfen, dass 1,9% Pensionserhöhung einem Raubzug an der Jugend gleich kämen. Bemerkenswert: Auch die Grünen vertreten diese Lüge offensiv. Tatsache ist: 40% der Pensionistinnen erhalten eine Pension, die unterhalb des Ausgleichszulagenrichtsatzes von EUR 772,– brutto pro Monat liegt. Die Hälfte der Pensionistinnen erhalten netto weniger als EUR 803,– pro Monat, bei Männern liegt dieser Wert bei EUR 1.253,–. 90% aller Pensionisten beziehen netto weniger als EUR 2.006,–, 90% der Frauen kommen auf weniger als EUR 1.576,–. Diese – nicht gerade berauschend hohen – Werte ergeben sich unter Einbeziehung der angeblich so unverschämt hohen Pensionsbezüge der BeamtInnen, EisenbahnerInnen, usw… Sollen doch die PensionsexpertInnen und PolitikerInnen versuchen, auch nur einen Monat von EUR 772,00 brutto zu leben und dann noch mal 1,9% Erhöhung (EUR 14,70 brutto) als „Raubzug“ bezeichnen.
Finanzminister Josef Pröll „kann die Kostenexplosion bei der Hacklerregelung nicht vertreten“ und macht damit klar, wo er das Geld für Eurofighter-Raten, Bankenpakete und dergleichen hernehmen will.
Bildung und Gesundheit werden ausgehungert
Josef Pröll ziert sich beim „Kassenhilfspaket“ – einem Hilfspaket, das überhaupt erst aufgrund der blau-schwarzen Regierungspolitik notwendig wurde. Den Kassen soll laut Pröll nur geholfen werden, wenn sie zuerst Einsparungen vornehmen. Weniger Geld für Gesundheit bedeutet aber schlechtere Versorgung, wie man/frau es auch dreht und wendet. Johannes Hahn will die Studiengebühren wieder einführen, Claudia Schmied will die LehrerInnen zu kostenloser Mehrarbeit verdonnern. So sehen die „Investitionen“ in die Zukunft aus. „Wir“ können uns Pensionen, Gesundheitsversorgung und Bildung der Jugend angeblich nicht leisten – im achtreichsten Land der Welt. In Wahrheit können wir uns eine Politik nicht leisten, die Milliarden in den Spekulationssumpf steckt und bei den notwendigen sozialen Ausgaben streicht.
Weitere Angriffe werden bereits vorbereitet
Unter dem Schlagwort der „Verwaltungsreform“ wird massiver Personalabbau und weitere Verschlechterungen bei Bezahlung und Arbeitsbedingungen im öffentlichen Bereich vorbereitet. Mit seiner Forderung nach einem „Sozialtransfer-Konto“ deutet Josef Pröll an, dass er vorhat, die Sozialleistungen in Österreich „auf ihre Effizienz zu prüfen“. Das Ergebnis dieser Prüfung können wir uns schon vorstellen: Allerorts wird Kürzungspotential gesehen und eingefordert werden. Passend dazu geistern bereits Studien durch die Medien, die anhand völlig unrealistischer Annahmen (2 Elternteile, die trotz eines 12 Monate altem Kindes genau gleich viel verdienen und aus einer Großstadt aufs Land auspendeln) zu dem politisch genehmen Schluss kommen, dass es nahezu egal sei, ob man brutto EUR 425,– oder brutto EUR 1.900,– pro Person verdienen würde, da die Sozialleistungen das nahezu ausgleichen würden. Rechnet mensch die veröffentlichen Beispielfamilien mit dem Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen, wie er leider immer noch alltäglich ist, verändert sich das Ergebnis bereits wesentlich zugunsten der “reichsten Familie”. Wird die alberne Annahme, dass beide Elternteile aus der Großstadt auspendeln würden, fallengelassen, verschiebt sich das Ergebnis nochmals. Wären die beiden angenommen Kinder nicht 1 bzw. 4 Jahre, sondern 7 bzw. 10 Jahre, stünde es um die ärmste der drei Familien bereits besorgniserregend schlecht. Ein solches Studienergebnis ist jedoch politisch nicht gewollt: Schließlich geht es nicht um die Erhöhung skandalös niedriger Löhne, sondern um die Absenkung der ohnehin im internationalen Vergleich niedrigen Leistungen für Arbeitslose und sozial Schwache.
Gewerkschaft darf nicht länger zusehen
Arbeitkammer und Gewerkschaftsbund werden nicht müde zu betonen, dass die ArbeitnehmerInnen und ihre Familien diese Krise nicht zu verantworten haben und daher nicht zur Kasse gebeten werden sollen. Leider folgen dieser an sich richtigen Analyse keinerlei ernst zu nehmenden Taten. Wenn die bevorstehenden Angriffe abgewehrt und dringend notwendige soziale Verbesserungen – wie die Erhöhung des Arbeitslosengeldes – erreicht werden sollen, müssen Gewerkschaften und Linke mobilisieren.
Die Sozialistische LinksPartei steht für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn, um die Arbeit auf alle aufzuteilen und einen Mindestlohn von EUR 1.200,– netto. Gleichzeitig sollen Arbeitslosengeld und Pensionen auf mindestens diesen Betrag angehoben werden. Wir lehnen alle Versuche ab, ÖsterreicherInnen und MigrantInnen gegeneinander auszuspielen. Nur so lassen sich die sozialen Probleme in diesem Land in den Griff bekommen. Uns ist bewusst, dass diese Forderungen nicht einfach zu erreichen sind, sondern von Gewerkschaft und ArbeiterInnenbewegung mit Kampagnen, Demonstrationen und Streiks erkämpft werden müssen. Geld wäre ja offensichtlich genug da, dem politischen Willen kann und muß nachgeholfen werden.