Massendemonstrationen in Kairo und Alexandria

Protestierende verlangen das Ende von Mubarak und seinem Regime
Gekürzte Übersetzung eines Artikel von socialistworld.net

In Kairo, Alexandria und anderen ägyptischen Städten fanden heute Massendemonstrationen statt, um das Mubarak-Regime zu stürzen. Mit den Massenprotesten diese Woche sind alle Banken und Geschäfte des Landes geschlossen, die Wirtschaft ist zum Stillstand gekommen.

Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Berichts sind rund 2 Millionen Menschen in Kairo versammelt und zeigen damit ihre Stärke. Sie wurden ermutigt durch die Stellungnahme des Militärs – der zehntgrößten Armee weltweit – das es nicht gegen die Demonstrationen vorgehen wird. Dies war ein harter Schlag für das Mubarak-Regime. Auch die USA, eine der engsten Verbündeten des Regimes, haben sich von Mubarak distanziert und verlagen einen „geordneten Übergang“ und „freie und gerechte Wahlen“.

„Geh! Geh! Geh!“

Mubarak hat noch versucht mit einer Regierungsumbildung seinen Kopf zu retten. Sein neuer Vize-Präsident Omar Suleiman sprach davon, dass er „parteiübergreifende Gespräche“ führen will. Aber für die Massen ist dies zu wenig und zu spät. Ein junger Demonstrant drückte dies wie folgt aus: „Wir wollen, dass Mubarak und seine Männer gehen. Alles andere reicht nicht!“

Ägypten steht an einem Wendepunkt. Seit mehr als einer Woche finden Massenproteste im Land statt, die ein Ende der 30-jährigen Herrschaft Hosni Mubaraks fordern. Die Protestierenden kämpfen für demokratische Rechte, Arbeit, geringere Lebensmittelpreise und Ende von Korruption und Repression. Sie haben das Regime Mubaraks durch und durch erschüttert und damit die Herrschenden in Washington und London alarmiert, deren wichtigster Verbündeter in der Region Ägypten ist.

ArbeiterInnen, Studierende, Mittelschichten und Arme, selbst Richter, haben sich gemeinsam auf die Straße begeben. Tagelang widerstanden sie der Polizeibrutalität. Mehr als 150 Menschen wurden getötet, tausende verletzt. Dennoch sandten Hunderttausende Ägypter eine klare Botschaft aus: „Geh! Geh! Geh!“

In Städten wie Alexandria und Suez hat die Bewegung den Charakter eines Aufstands angenommen. Polizei und Sondereinheiten mussten sich aus Teilen der Städte zurückziehen.

In einigen Teilen des Landes sehen wir, dass die Menschen selber die Kontrolle übernommen haben. Protestierende haben sich instinktiv mit einfachen Soldaten verbündet. Mubarak hängt noch an der Macht, als diese Zeilen veröffentlicht werden. Es ist immer noch nicht ausgeschlossen, dass er um seine Macht zu verteidigen ein Blutbad anrichten wird. Aber wenn Mubarak dies versucht, werden die Konsequenzen in Ägypten und der gesamten Region gewaltig sein.

Die Stellungnahme der Armeeführung macht deutlich, dass diese sich nun als „Vermittler“ zwischen Mubarak und den Massen zu präsentieren und einen „geordneten Übergang“ zu gewährleisten versucht. Damit will sie die Interessen der gesamten herrschenden Klasse, ohne Mubarak, sichern.

Die Massen bewegen sich, um Mubarak aus dem Amt zu jagen, während die herrschenden Eliten versuchen sich neu zu organisieren, möglicherweise um eine neue „Regierung“ gründen zu können, die ihre Interessen vertritt.

Bisher sind alle Versuche des Mubarak-Regimes, die Massen einzuschüchtern, gescheitert. Auch die Warnung, dass eine Ende des Mubarak-Regimes nur noch größeres Chaos und Instabilität bedeuten wurden, brachte keinen Erfolg. In einigen Gebieten kam es zu Plünderungen. Aber die Antwort der Massen war die Bildung von Selbstverteidigungskomitees.

In einer solchen Situation müssen solche Komitees demokratisch organisiert werden und in allen Stadtvierteln, Betrieben, Schulen und Universitäten aufgebaut werden.

Das Mubarak-Regime war der größte Empfänger von Geldzuweisungen der USA in der Region. Damit wurde ein enormer Unterdrückungsapparat finanziert. Mubarak war ein Zögling der US-Politik in der Region. Seine Aufgabe war unter anderem die Bewachung des Gaza-Streifens zu übernehmen und Allierter gegen den Iran sein. In Washington gibt es die Sorge, dass ein Nach-Mubarak-Ägypten, möglicherweise unter Einbeziehung der Muslimbruderschaft, nicht so folgsam sein wird.

Die westlichen Staaten haben akzeptiert, dass ein Wechsel in Ägypten unvermeidlich ist. Sie wollen aber nicht, dass dies durch eine Massenbewegung geschieht, da dies ein Signal in die gesamte Region senden würde.

Hillary Clinton, die noch vor kurzem das Mubarak-Regime als „stabil“ bezeichnete, spricht nun von einem „geordneten Übergang“. Damit meint sie die Wahrung der Interessen des US-Imperialismus in der Region.

Unter der „Führung“ von Washington stehend, kann eine „Übergangsregierung“ gebildet werden. Dabei werden auch einige kleinere pro-kapitalistische Oppositionsparteien eingebunden werden, die keinerlei Massenunterstützung haben. Möglicherweise bleibt Mubarak auch formal im Amt, während Suleiman mehr Vollmachten bekommt. Wird Mubarak aus dem Amt gejagt, kann zum Beispiel Mohammed El-Baradei einer „Übergangsregierung“ vorstehen, die alles in allem aber dennoch pro-westlich und pro-kapitalistisch sein wird.

Die größte Oppositionskraft, die Muslimbruderschaft, hat erst spät die Proteste unterstützt. Sie haben nun El-Baradei den Auftrag gegeben, mit Mubarak und der Armee zu verhandeln und dann eine Regierung zu bilden.

Die Tatsache, dass die Massenbewegung bisher einen nicht-religiösen Charakter hat, zeigt das Potential für eine sozialistische Alternative. Aber eine solche Massenkraft muss noch aufgebaut werden. In Abwesenheit einer solchen Alternaive können andere Kräfte, wie die Muslimbruderschaft, Erfolge erzielen.

Die Massenbewegung zeigt Elemente eines Aufstands. In seiner ersten Phase, nach Jahrzehnten von Diktatur, ist es verständlich, dass demokratische Forderungen im Vordergrund stehen. Noch hat die Arbeiterklasse der Bewegung nicht in ihren Stempel aufgedrückt. Dazu wäre auch eine Arbeitermassenpartei mit einem sozialistischen Programm notwendig.

Das Ende des Mubarak-Regimes wäre ein großer Schritt nach vorne für die arbeitenden Menschen in Ägypten. Aber das allein reicht nicht, um ihr Bedürfnis nach einem besseren Leben zu stillen. Ein sozialistisches Programm von Verstaatlichungen aller Banken und Großkonzerne unter demokratischer Arbeiterkontrolle würde die Basis dafür legen, dass die Ressourcen Ägyptens mit einer geplanten Wirtschaft im Interesse der Mehrheit eingesetzt würden.

Das Potential für Massenbewegungen in der gesamten Region wurde mit der Bewegung in Tunesien entfacht. Die Herrschenden in Nordafrika und dem Nahen Osten sind in großer Sorge vor Massenprotesten. Wir sehen diese bereits in Jemen, Jordanien, dem Sudan, Syrien, Lybien und anderswo. Ein Regime nach dem anderen wird zu Zugeständnissen gezwungen, vor allem bei den Preisen für Lebensmittel. In der gesamten Region werden wir noch für eine lange Zeit eine Fortsetzung von Protesten sehen.

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