Mi 09.11.2005
Bei den Wiener Wahlen kamen ÖVP und BZÖ gerade einmal auf 20 Prozent, in der Steiermark hatte sie eben den nächsten Landeshauptmannposten verloren. Haiders Orange steht zur Zeit vor der Selbstauflösung. Alles was Schüssels Chaostruppe dazu einfällt: Weiterer Sozialabbau und wieder einmal Hetze gegen die EisenbahnerInnen. Tatsächlich ist es völlig klar: Diese Regierung hat schon längst keine Mehrheit hinter sich. Warum ist sie also noch im Amt?
Lahme Opposition
So hart es auch klingen mag. Die einzige noch tragende Säule der Regierung ist die Schwäche der Opposition. Weder SPÖ noch Grüne konnten in den letzten 5 Jahren eine glaubwürdige Alternative zum Sozialabbau, Rassismus und Privatisierung der Regierung präsentieren. Die Regierung sagt: Es gibt 10.000 EisenbahnerInnen zuviel. Die SPÖ setzt dem nichts entgegen. Die Regierung will ein neues Asylgesetz. Die SPÖ stimmt zu. Warum? Wahrscheinlich deshalb, weil sie bereit ist, für eine Regierungsbeteiligung alle Hosen runter zu lassen. So wie 1999 bei den gescheiterten Verhandlungen mit der ÖVP. Die Grünen setzen ihren Rechtsruck in die viel gepriesene Mitte der Gesellschaft fort. Dabei werfen sie ihren sozialpolitischen „Ballast” über Bord. Schließlich will man/frau ja auch für eine Koalition mit der ÖVP offen sein. Was von Wahlversprechen der Grünen zu halten ist, hat Van der Bellen in einem Interview zu den „Sommergesprächen” im ORF gesagt. Er meinte, dass er den Grün-WählerInnen zutraut zu wissen, dass was im Wahlkampf versprochen wird, nicht unbedingt die Wahrheit sein muss. Wenigstens ehrlich, aber Gefahr besteht bei so einer Opposition für die Regierung nicht.
Rechtsextreme Gefahr
Ganz anders stellt sich das Problem bei der FPÖ dar. Vor nicht allzu langer Zeit hat sich Schüssel als Bezwinger der rechtsextremen Gefahr feiern lassen; auch die meisten Medien haben diese Frage bereits wegen der FPÖ-Krise abgeschrieben. Gerade die Wiener Wahlen haben aber auch gezeigt, dass das Thema Rechtsextremismus noch keinesfalls gegessen ist. Egal ob Strache oder Haider an der Spitze, es gelingt der FPÖ noch immer, den Frust und Unmut über die Politik zu vereinnahmen. Das kann aber nur funktionieren, wenn es keine Kraft auf der Linken gibt, die diese Rolle erfüllen kann. Denn wie es zumindest im Ansatz anders geht, haben die steirischen Wahlen unterstrichen: Nicht BZÖ und FPÖ, sondern Kalteneggers Partei zog dort in den Landtag ein. Angesichts dieser historischen Chance für eine echte linke Opposition, erscheint es allerdings unverständlich, dass die steirische KPÖ-Fraktion bereits als ihren ersten Akt im Landesparlament Franz Voves als Kopf einer großen Koalition zum Landeshauptmann mitwählte.
Stehen wir wieder vor großen Streiks?
Kaum ein Tag vergeht, ohne dass es Berichte über große Streiks in anderen Ländern Europas geben würde. Und der ÖGB? Gründe gäbe es genug, um der Regierung und den Unternehmern ordentlich auf die Finger zu klopfen! Die Post soll verkauft werden, das Bildungssystem geht vor die Hunde, die EU plant einen Frontalangriff auf sämtliche soziale Errungenschaften, die Energiepreise explodieren gerade „rechtzeitig” vor dem Winter, die Arbeitslosigkeit steigt usw. usw. Viele fragen sich berechtigt, was in aller Welt der ÖGB eigentlich macht.
Gewerkschaft am Rockzipfel der SPÖ
Natürlich ist es kein Zufall, dass vom ÖGB nichts zu hören und zu sehen ist. Die meisten Funktionäre des ÖGB sind nach wie vor noch in der SPÖ. So etwa auch der ÖGB Präsident Fritz Verzetnisch, der auch gleich für die SPÖ im Parlament sitzt. Nun hat die SPÖ zur Zeit kein Interesse an Kämpfen und Bewegungen außerhalb des Parlaments. Für sie geht es darum, sich den Herrschenden und Mächtigen als verlässliche Bündnisspartner für den künftigen Sozialabbau zu präsentieren. In Wirklichkeit also schläft der ÖGB gar nicht, sondern stellt sich in vorauseilendem Gehorsam am liebsten tot. Dass diese Beruhigungstaktik der Gewerkschaftsspitze immer weniger durchzuhalten ist, haben auch die großen Streiks 2003 und 2004 in Österreich bewiesen. Aber sie hat die Bewegungen trotzdem entscheidend gebremst und dazu beigetragen, dass die Kämpfe nicht erfolgreich waren. Auch 2005 könnte noch eine solche Bewegung stattfinden: Die Regierung plant einen Generalangriff auf das Dienstrecht der EisenbahnerInnen – Anfang November war bereits von Arbeitskämpfen die Rede. Die Erfahrungen aus dem letzten EisbahnerInnenstreik, der von oben einfach abgebrochen wurde, zeigen allerdings, wie wichtig die Selbstorganisation und Mobilisierung der ÖGB-Basis für den gewerkschaftlichen Erfolg ist.