Di 01.06.2004
Es gibt viele linke Organisationen. In manchen Punkten gibt es Übereinstimmung, in vielen Differenzen. Die Aufforderung: „Tut Euch zusammen, dann sind wir stärker” ist verständlich. Für die EU-Wahl hat sich nun auch in Österreich ein linkes Wahlbündnisse gebildet: LINKE – Opposition für ein solidarisches Europa; europäische Linke KPÖ und Unabhängige. Ob bei uns und in verschiedenen anderen europäischen Staaten tatsächlich lebendige Strukturen entstehen, welche die Kämpfe gegen Rassismus und Sozialabbau in Europa auf eine neue Stufe stellen, muss sich erst zeigen. Wir müssen allerdings feststellen, dass die Art wie diese entstanden sind und ihre programmatische Breite Schwächen sind, die dazu führen können, dass wieder eine Chance vertan wird.
Tatsächlich ist es notwendig, das Organisationen in einzelnen Fragen zusammenarbeiten. Die SLP war und ist Teil von Bündnissen gegen Rassismus und Faschismus, gegen die blau-schwarze Regierung und wir haben auch in Bündnissen kandidiert (1996 bei den EU-Wahlen in einem Wahlbündiss mit der KPÖ indem es aber leider einige Probleme mit der KPÖ gab). Es ist aber keine Stärkung, wenn die politische Grundlage solcher Bündnisse zu allgemein wird. Zwischen den linken Organisationen gibt es – oft wichtige – politische Differenzen die Bedeutung für die konkrete Arbeit haben. Für oder gegen das Kopftuchverbot? Ist die UNO ein Bündnispartner im Kampf gegen den Terror? Ist Generalstreik ein geeignetes Mittel, um die Privatisierung der Telekom zu verhindern? Liegt die Ursache des Faschismus in der „Natur” der ÖsterreicherInnen oder in der primär in der aktuellen sozialen Entwicklung.
Eine neue Partei muss aus der Bewegung kommen
Tatsächlich fehlt in den meisten Ländern eine Partei, welche die Kämpfe von ArbeiterInnen und Jugendlichen aufgreift und führt. Eine solche neue ArbeiterInnenpartei wird aber nicht dadurch entstehen, dass sich linke Gruppen zusammentun und dies beschließen. Damit sie lebendig sind müssen sie aus Bewegungen entstehen. Solche Organisationen müssen in ihren Strukturen offen und demokratisch sein, also Einzelmitglieder ebenso akzeptieren, wie Organisationen und auch Fraktionen. Die Bildung solcher neuer ArbeiterInnenparteien wird ein Prozess sein, der nicht geradlinig, sondern mit Rückschlägen ablaufen wird. In Österreich gab es in den letzten Jahren Bewegungen, aus denen heraus sich eine solche neue Partei hätte bilden können – die Widerstandsbewegung gegen Blau-Schwarz 2000 und die Streiks 2003. Die EU-Wahl, und die Hoffnung auf ein respektables Wahlergebnis für eine linke Kandidatur kann eine solche Bewegung nicht ersetzen. Auf europäischer Ebene gibt es zwei Versuche, eines engeren linken Zusammenschlusses, die Europäische Antikapitalistische Linke (EAL) und die Europäische Linkspartei (EL). In ersterem finden sich eher linke Organisationen mit einer anti-stalinistischen Tradition, in zweiterer diverese KPn und Ex-KPn (darunter auch KP-Frankreich und PDS-Deutschland die beide als regierende Parteien für Privatisierung und Sozialabbau verantwortlich waren, bzw. sind).
Fehlendes Programm als Programm
In Österreich tritt mit „LINKE” ein Wahlbündnis an, das beide Initiativen in sich vereinen möchte (und mit KPÖ und SOAL Organisationen aus EAL und EL beinhaltet). Warum das Projekt erst so knapp vor der EU-Wahl gestartet wurde, das kaum Zeit für eine demokratische Diskussion über das Programm blieb, wissen wir nicht. Aber die programmatische Unschärfe wird als „Pluralismus” als positiv bewertet. Die Beteiligten haben sehr unterschiedliche Ideen, Vorstellungen und Ziele. Das mag vielleicht für einen gemeinsamen Wahlkampf funktionieren, aber wenn es darum geht, in kommende Kämpfe in Österreich zu intervenieren, eine Alternative zur Politik der Parlamentsparteien anzubieten, braucht es mehr. Der Wunsch nach einer starken Linken drückt den Wunsch aus, nicht nur zu protestieren, sondern Sozialabbau & Privatisierung zu verhindern, Kriege, Frauenunterdrückung und Rassismus zu beenden. Dazu ist eine demokratische Organisation, die die Kräfte bündelt und die Kämpfe mit einer sozialistischen Alternative verbindet sowie konkrete Forderungen und Kampfformen anbietet notwendig. Die LINKE allerdings grenzt sich von „Sozialismus” sogar ab, Spitzenkandidat Leo Gabriel erklärt klar, für ein solidarisches, nicht ein sozialistisches Europa zu sein. Weil die Wahlbündnisse nicht von unten, aus Bewegungen entstanden sind, sondern von Organisationen von oben aufgebaut werden, besteht die Gefahr, dass eine Chance, für eine tatsächlich neue Kraft vertan wird. Wir werden am 13. Juni die „LINKE” wählen und haben auch bereits ihr Antreten durch die Abgabe von Unterstützungserklärungen mitermöglicht. Wir sind aber mehr als skeptisch, ob das Projekt über den 13. Juni hinaus als wirkliche politische Kraft Bestand haben wird oder ob beim nächsten derartigen Projekt viele sagen werden „schon wieder so ein linkes Bündnis, dass bringt doch ohnehin nichts”. Bis jetzt gehen UnterstützerInnen und Beteiligte über den Kreis der „üblichen Verdächtigen” (wenn auch in neuer Zusammensetzung) im Wesentlichen nicht hinaus, insbesondere Menschen, die in den Arbeitskämpfen der letzten Jahre eine wichtige Rolle gespielt haben, fehlen. Für uns steht daher vor, am und nach dem 13. Juni nicht die Stimmabgabe im Vordergrund sondern die Beteiligung an den Kämpfen von ArbeiterInnen und Jugendlichen. Alle, die eine starke linke Kraft wollen, laden wir ein, diese mit uns gemeinsam im Zuge der kommenden Kämpfe aufzubauen!