Kommentar: Solidarität ist Sache der „kleinen Leute“

Sonja Grusch

Menschen flüchten. Manche schaffen es bis nach Österreich. Hier treffen sie auf zwei völlig verschiedene Welten. Absichtlich wird das Flüchtlingslager in Traiskirchen völlig überfüllt, angebotene Quartiere nicht genutzt, Hilfe nicht vorgelassen. So werden Bilder inszeniert, die eine „das Boot ist voll“ Stimmung erzeugen sollen. Auf der anderen Seite Menschen, die helfen wollen und spenden. Menschen, die angesichts des menschlichen Leids tief betroffen sind und nicht verstehen, warum die Regierung so „versagt“. Diese „versagt“ aber eben nicht. Sie ist nicht nur an der aktuellen Flüchtlingskrise schuld - sie hat auch ein Interesse daran, um von anderen Themen abzulenken.

Es gibt nicht das eine Österreich. Es gibt das Österreich der Reichen, der Unternehmen, der Regierung. Das ist das „das Boot ist voll“-Österreich, das auch meint, es wäre kein Geld für Lohnerhöhungen und das Gesundheitswesen da. Das sind Leute, die vermögend, oft sogar reich sind und Steuererleichterungen für Unternehmen wollen. Und es gibt das Österreich der unzähligen unbezahlten HelferInnen und SpenderInnen. Das sind in ihrer Mehrzahl die sogenannten „kleinen Leute“. Ein idealistisches Bild? Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die selbst nicht viel haben, wesentlich spenden- und hilfsbereiter sind als Vermögende. Wer selbst weiß, wie schwierig es ist, wenn man nichts hat, hilft eher. Abgehobene PolitikerInnen, die Spitzengehälter kassieren, können (und wollen) nicht verstehen, wie es ärmeren Menschen geht. Nicht, weil sie böse sind, sondern weil eben „das Sein das Bewußtsein“ prägt (Marx). Der Umgang mit Flüchtlingen zeigt auch, dass der Mensch ein „soziales Tier“ ist. Dass auch 200 Jahre Kapitalismus es nicht geschafft haben, uns komplett egoistisch zu machen. Solidarität war und ist die Zärtlichkeit nicht nur der Völker (Che), sondern aller Unterdrückten.

 

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