Do 08.07.2010
JedeR lernt es in der Schule: Wir leben in der Marktwirtschaft, dem Kapitalismus. Gut so, nicht? Werfen Sie einen Blick in eine beliebige Tageszeitung oder Nachrichtensendung: eine Liste von Ungerechtigkeiten und wachsenden Problemen. Lösungen? Nicht in Sicht!
Ein Auszug aus dem täglichen Wahnsinn:
- 355 Millionen Überstunden fallen pro Jahr an – 30% davon nicht oder zu wenig bezahlt. Das entspricht Vollzeitjobs für fast die Hälfte aller Arbeitslosen!
- Unternehmen sind kriminell: Durch Korruption entsteht jedes Jahr ein Schaden von mindestens 25 Mrd. Euro. Aber bei Bildung und Sozialem wird gekürzt.
- 65.000 Menschen in Wien haben einen Job, benötigen aber dennoch Sozialhilfe. 15% der WienerInnen können sich keine neue Kleidung leisten. Aber es gibt Subventionen für Unternehmen.
- ÖBB-ManagerInnen verspekulieren 600 Mio. Euro. Kürzung ihrer Bezüge bringt das keine, aber die Beschäftigten sollen “den Gürtel enger schnallen”.
- 1,8 Mrd. Euro erhalten die AktionärInnen der im ATX notierten Großunternehmen 2010. Aber es werden Stellen gestrichen und Nulllohnrunden gefordert.
JedeR von uns kennt Beispiele, wo Menschen ohne eigene Schuld ihren Job verlieren oder arm sind. Und selbst wer Glück hat und davon (noch) verschont bleibt, leidet unter Umweltzerstörung und wachsender Unsicherheit. Die Probleme betreffen längst nicht mehr nur "Randgruppen" sondern sind allgegenwärtig und dominant.
Gute Idee, nur falsch umgesetzt?
Aber nein, hören wir, Kapitalismus oder wahlweise Marktwirtschaft das ist eine gute Sache, nur wurde er falsch umgesetzt. Da wird dann über “Turbo” oder “Casino”-Kapitalismus philosophiert und darüber, dass “das Finanzkapital” kontrolliert werden muss. Es stimmt - in den letzten Jahrzehnten gab es immer weniger Spielregeln. Ein bisschen mehr an Kontrolle wäre fein - würde aber an den Grundwidersprüchen die es im Kapitalismus gibt nichts ändern. Eine kleine Minderheit bereichert sich auf Kosten der großen Mehrheit. “Wenn's der Wirtschaft gut geht, geht's uns allen gut” ist hohles Gewäsch. Trotz Gewinnen sollen wir die Krise bezahlen! Aber zur Zeit ist die Lage halt schwer, wegen der Krise - so das Standardargument. Die jüngste Insolvenzstatistik des Kreditschutzverbandes zeigt es: nicht “die Krise” ist schuld am Firmenbankrott. Nur ganz wenige Konkurse gab es 2009 wegen der “Kreditklemme” oder weil Kunden ausfielen (2%). Die meisten Insolvenzen waren “Eigenbau”. Das bedeutet: die Unternehmen, die sich ihr angebliches “Risiko” teuer bezahlen lassen, sind ziemlich unfähig. Hochbezahlte SpekulantInnen haben die aktuelle Krise ausgelöst, hochbezahlte PolitikerInnen stehen ratlos vor den Scherben. Und wir sollen das alles ausbaden?
Die Medizin ist bitter - aber wirkungslos
Die Regierung führt einen wahlbedingten Eiertanz auf. Es ist klar, dass sehr viel gekürzt wird - wo genau, das wird bis nach den Wahlen in Wien und der Steiermark geheim gehalten. Sicher ist: es wird bei den Jungen, den Alten, den Kranken, den ArbeitnehmerInnen, den Arbeitslosen gekürzt. Die Maßnahmen werden die Krise nicht beenden, legen keine Basis für eine rosige Zukunft, sondern werden v.a. ein Ergebnis haben: wer hat, hat nachher mehr, wer wenig hat, hat nachher noch weniger. Im Herbst wird die Regierung nicht nur bekannt geben, wo sie uns das Geld wegnehmen will. Sie wird sich auch mit Unmut und Widerstand konfrontiert sehen.
Verlogen ist es, wenn Pröll meint, es gäbe nicht genug Superreiche, um sie für die Krise zahlen zu lassen: Rund 70.000 MillionärInnen in Österreich besitzen laut Vermögensreport 2009 zusammen ca. 210 Mrd. Euro. Mehr als genug Geld für eine kräftige Umverteilung von oben nach unten. Nur ist keine der Parlamentsparteien bereit, eine echte Umverteilung auch nur anzusprechen. Zwar hängen sich alle ein soziales Mäntelchen um, manche ein bisschen mehr, manche weniger. Aber keine von ihnen rüttelt an den Grundfesten des Kapitalismus.
Kapitalismus ist ein Übel, kein Naturgesetz
Laut einer BBC-Umfrage sind 89% der Menschen weltweit der Meinung, dass Kapitalismus nicht funktioniert. Und das obwohl die Propaganda uns weiß machen möchte, es gäbe nichts besseres – bzw. nichts anderes. Dabei sollten wir eines nicht vergessen: die Schwerkraft ist ein Naturgesetz, der Kapitalismus ist es nicht. Er ist nicht die “natürliche” oder “logische” und ganz sicher nicht die “beste” Form wie menschliches Zusammenleben und die Wirtschaft organisiert werden kann. Es gibt Alternativen zu Stellenabbau und Arbeitslosigkeit. Es muss keine Armut und Unterdrückung geben. Umweltzerstörung und Kriege sind nicht normal. Wir haben uns Besseres verdient und besseres ist möglich.
Die Alternative zum kapitalistischen Wahnsinn ist eine demokratisch organisierte Gesellschaft in der es nicht um Profite, sondern um menschliche Grundbedürfnisse geht: um eine spannende Ausbildung, einen interessanten und sicheren Job, ein friedliches Miteinander, soziale Absicherung auch bei Krankheit und im Alter, eine saubere Umwelt und die Zeit und Möglichkeit mit FreundInnen und Familie auch ein Leben jenseits der Arbeit zu haben. Eine solche – sozialistische – Zukunft kommt aber auch nicht automatisch. Wir müssen sie erkämpfen!