Mi 01.03.2000
Est weht ein anderer Wind in diesem Land. Die Regierung von Haiders Gnaden mußte unterirdisch zur Angelobung und flüchtete mit „Zur Sache“ vom Stephansplatz auf den Küniglberg - ein Symbol. Seither kommt die Regierung nicht mehr zur Ruhe und zeigt vom ersten Tag an ihr wahres Gesicht. Gegen die Medien gibt es - trotz ohnehin regierungsfreundlicher Berichterstattung - Angriffe, DemonstrantInnen werden diffamiert und beleidigt.
Gemeinsam mit Herrn Khol bombardierte Herr Westenthaler die ORF-Sendung „Zur Sache“ mit E-Mails, weil der ORF so frech war, die beiden nicht zur Diskussion mit Neo-SPÖ-Frontmann Gusenbauer einzuladen. In vorauseilendem Gehorsam verbat sich Margit Czöppan auch gleich jegliche Replik Gusenbauers auf Sendung.
Ebenfalls interessant: Gusenbauer ließ sich das einfach bieten. Westenthaler setzt nach: Die ZiB 3 soll abgeschafft werden, sie brachte zu viele Informationen über den Widerstand, der Informationsintendant soll abgelöst werden, da er “unfähig” sei, Chefredakteure sollen abgelöst werden, so sie nicht die Vorgaben aus der Wiener Kärntner Straße (Sitz der FPÖ-Zentrale) erfüllen wollen. Der ORF reagierte prompt: Er strich die Links zu Widerstands-Homepages von der ORF-Website, suspendierte Stermann & Grissemann, die sich gegen die FPÖ äußerten, erteilte dem Jugendsender FM4 “Widerstandsverbot”. Das trifft sich gut, denn geht´s nach FPÖVP soll FM4 ohnehin der “Volkskultur” weichen.
Das ist die Demokratie, die sie meinen. Die Reaktion darauf: Die „kritischen Medien“ sehen ihre Felle davon schwimmen und versuchen sich gleich zu arrangieren. Die SPÖ schweigt. Der ÖGB schläft. Was bleibt sind tausende DemonstrantInnen, die sich noch immer nicht den Mund verbieten lassen. Für Haider ist das eine “Provokation”.
Ein Schlag ins Gesicht der „kleinen Leute”
Die Regierung holt zum großen Schlag ins Gesicht von Millionen Menschen in diesem Land aus: Zwangsarbeit für Arbeitslose, Zerschlagung des Pensions- und Gesundheitssystems, neue Massensteuern, Preis- und Gebührenerhöhungen, Abschaffung des freien Bildungszugangs, Milliardenkürzungen bei ArbeitnehmerInnen durch „Senkung der Lohnnebenkosten“ (Urlaubsaliquotierung, etc.) bei gleichzeitigen Steuergeschenken in Milliardenhöhe an die Unternehmer, Privatisierung von allem was nicht niet- und nagelfest ist, Streichung der Subventionen für Kinderbetreuung bei gleichzeitiger Auszahlung einer milliardenteuren Mutterschaftsprämie,...
Ein Schlag ins Gesicht von MigrantInnen
Auch für unsere ausländischen KollegInnen hat die neue Regierung einiges parat: Der Familiennachzug soll „abgeschlossen“ werden. Das bedeutet für die betroffenen Menschen eine Katastrophe, teils warten sie seit Jahren auf Platz für ihre Familie in der Quote. Für viele wird die Neuregelung heißen, daß ihre Familie nicht nachkommen kann. „Österreich soll zum familienfreundlichsten Land der Welt werden“, sagte Schüssel, „nur für (deutsch-)österreichische Familien“, dachte sich Haider dazu.
Die Kinder von MigrantInnen werden durch die neue 1/3-Regelung in den Schulen aus ihrem Klassenverband gerissen, müssen die Schule wechseln, werden abgedrängt. Wie gut jemand deutsch spricht, spielt da keine Rolle, die Herkunft zählt. Blut & Boden lassen grüßen. Ausländische SaisonarbeiterInnen sollen Engpässe in der Wirtschaft überbrücken helfen und sich danach wieder „schleichen“. Die StaatsbürgerInnenschaft soll später und nur nach erfolgreich bestandenem Deutschkurs, sowie einem „Österreich-Kurs“ verliehen werden. Damit übertrifft die neue Regierung sogar die Schlögl-Ära bei weitem.
Widerstand bis zum Sturz der Regierung?
Es gibt tausend Gründe für den Sturz der Regierung, aber nur einen Weg dorthin: WIDERSTAND. Demonstrationen allein werden nicht reichen, sie können zwar die Regierung in unterirdische Gänge treiben, sie aber nicht von den Schalthebeln der Macht verjagen. Nur Streiks in zentralen Bereichen der Wirtschaft könnten den nötigen Druck auf die Regierung und vor allem ihre Hintermänner in der Wirtschaft ausüben. Der ÖGB hätte die Macht mit Warnstreiks und Aktionstagen den Widerstand auf eine höhere Stufe zu bringen, würde er seine Mitgliedschaft mobiliseren. Doch der ÖGB schläft. Nicht einmal zu einer Solidarisierung mit der Bewegung konnte sich der ÖGB durchringen. Der offizielle Grund lauet, dass die Gewerkschaftsfraktionen von ÖVP (FCG) und FPÖ (FA) gegen eine Unterstützung des ÖGB wären. Trotzdem solidarisieren sich sogar FCG-Funktionäre mit der Bewegung.
Selbst aktiv werden!
Wir können nicht warten bis der ÖGB aufwacht, wir müssen die Sache so weit wir können selbst in die Hand nehmen. Wir müssen uns organisieren und in Betrieben, in den „Grätzln”, an den Schulen und Universitäten eine breite Informationskampagne starten und wo möglich konkreten Widerstand organisieren. Wir müssen uns aber auch um die Alternativen selbst kümmern. Denn die etablierten Parteien haben keine zu bieten, wie sich am Beispiel Rot-Grün in Deutschland leicht erahnen läßt. Wir brauchen eine neue politische Kraft, die klar gegen Sozialabbau und Rassismus auftritt und für eine andere, eine sozialistische Politik steht.
Netzwerk des Widerstands
Diese Kraft wird nicht vom Himmel fallen, sie wird sich in den Kämpfen der Zukunft herausbilden, auch und gerade mit Hilfe jener Menschen, die aus dieser Bewegung den Schluß gezogen haben, sich organisieren zu müssen. Wir müssen jetzt ein „Netzwerk der AktivistInnen des Widerstands“ auf die Beine stellen. Das könnte zum Grundstein für diese neue Kraft werden und tatsächlich für viele Menschen eine neue Alternative eröffnen. Die SLP sieht sich als Teil dieses Prozesses. JedeR ist aufgefordert sich aktiv daran zu beteiligen.