Fr 15.10.2010
Das Wahlergebnis vom 10. Oktober war ein Schock. Obwohl die Trends im Vorfeld abzusehen waren ist v.a. die Tatsache, dass die FPÖ rund 27% erzielte dramatisch. Aber Frust bringt nichts. Das Ergebnis ist ein Auftrag zur Aktivität gegen die FPÖ und die Ursachen, die ihren Wahlsieg möglich gemacht haben.
Ursache ist Unfähigkeit der etablierten Parteien
Nach der Spaltung von FPÖ und BZÖ und ihrem tiefen Absturz erklärten so manche ihr Ende. Die SLP hat damals davor gewarnt, dass ohne die Beseitigung der Ursachen, dass Symptom nicht gelöst wurde. Die Wiener Wahlen haben gezeigt, dass auch interne Richtungsstreitigkeiten und Rückschläge, wie das Rosenkranz-Debakel, den Aufstieg einer rechten Kraft nicht stoppen können, solange es keine Alternative von Links gibt.
Die FPÖ profitiert davon, dass SPÖ und ÖVP seit Jahrzehnten eine in ihren Grundlagen rassistische Politik betreiben. Die gesetzlichen Bestimmungen für MigrantInnen und AsylwerberInnen werden laufend verschärft. Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft werden systematisch diskriminiert und als Störfaktor, Kriminelle, Sozialschmarotzer etc. abgestempelt. Auch die Gewerkschaft hat kaum etwas unternommen, um diese Spaltung von ArbeitnehmerInnen entlang ihrer Nationalität zu überwinden. Vor diesem Hintergrund erscheint der Rassismus der FPÖ als normal bzw. als etwas härtere Version der Regierungspolitik. Die politische Dominanz der Sozialpartnerschaft bedeute eine jahrzehnte lange Passivität der ArbeiternehmerInnen, die nur durch die Streiks 2003 unterbrochen wurde. Das Fehlen einer positiven Erfahrung aus gemeinsamen Kämpfen, kombiniert mit der rassistischen Propaganda der bürgerlichen Medien und dem Aufstieg der seit 1986 rassistisch rechtsextremen FPÖ, hat zu einer Verankerung des rassistischen Denken in Teilen der ArbeiterInnenklasse geführt. Dieser Rassismus ist ein wichtiger Grund für den FPÖ-Wahlerfolg. Dieser Rassismus stellt ein große Hürde für das Zusammenkommen migrantischer und österreichischer ArbeiterInnen dar, er wird aber bei größeren sozialen Kämpfen und den konkreten Erfahrungen bei vielen Menschen auch wieder verschwinden.
Soziale Frage dominiert unter der Oberfläche
Die FPÖ profitiert aber v.a auch von der sich verschärfenden sozialen Lage. In Wien muss ca. die Hälfte der Menschen mit weniger als 1.200.- pro Monat auskommen. Ein Viertel der Kinder und Jugendlichen lebt in Haushalten die arm oder von Armut bedroht sind. Der „bei uns ist eh alles super“ Wahlkampf der SPÖ ging an der Realität von Jugendlichen, die berechtigte Angst um ihre Zukunft haben, vorbei. Der pseudo-sozialen Rhetorik der SPÖ wurde nicht geglaubt – zu Recht.
Testwahlen in Schulen haben gezeigt, dass viele Jugendliche, die sich als FPÖ-WählerInnen sehen zu völlig anderen Ergebnissen kommen, wenn ihre Wahlentscheidung nach Inhalten, nicht nach Parteinamen erfolgt. Weil die Fragen von Jobs, sozialer Sicherheit, Wohnungen für die meisten Jugendlichen offensichtlich wichtiger sind als nur „gegen Ausländer“ führte eine thematische Wahlentscheidung zu vielen KPÖ-WählerInnen in den Testwahlen (die SLP kommt z.B. in der „Wahlkabine“ nicht vor). Das darf keine Entwarnung geben bezüglich der Gefahren von Rassismus, zeigt aber wo die Lösungen liegen. Nämlich in einer antikapitalistischen Sozial- und Wirtschaftspolitik.
Solidarität statt Häupls Hausordnung!
Warum hat die SPÖ die Wahlen verloren? Sie hat Probleme entweder negiert („Es ist eh alles super in Wien“ oder „FPÖ-Light“-Antworten gegeben. Indirekt bestätigte die SPÖ die FPÖ-Propaganda. So wurde z.B. der „Lärm im Gemeindebau“ indirekt zum Lärm von MigrantInnen erklärt, und mit Hausordnung und „Ordnungskräften“ (O-Ton Häupl) bekämpft. Auch das Bettelverbot und die vier Euro Nächtigungsgebühr für Notschlafstellen (womit vor allem Menschen aus Osteuropa abgeschreckt werden sollen) unterstützten den FPÖ-Wahlkampf.
Jede neue Stadtregierung heißt Sozialabbau ..
Eine SPÖ/ÖVP Stadtregierung bedeute eine unmittelbare Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, mehr Wiener Sozialabbau, ein noch größeres Ausmaß an rosa/schwarzer Packelei, und vor allem eine widerstandslose Umsetzung der Sparpakete der Bundesregierung. So eine Stadtregierung ist eine reale Gefahr und es ist gut, dass es dagegen Widerstand gibt.
Aber egal ob rosa-grün oder rosa-schwarz - die Ausgangslage ist dieselbe: Kürzungsvorgaben der Bundesregierung, ein riesiger Schuldenberg, ein nächster wirtschaftlicher Einbruch und der Glaube, der Kapitalismus wäre alternativlos. Die SPÖ hat schon durchblicken lassen wie schon in Linz der „Österreich zuerst“ und „Law&Order“ Politik der FPÖ zu folgen. In den Jugendorganisationen der SPÖ und bei manchen WählerInnen mag es Hoffnungen in eine menschlichere und sozialere Politik durch eine grüne Regierungsbeteiligung geben. Doch die Grünen wären kein linkes Regulativ in einer Stadtregierung sondern würden, letztlich die Einsparungspolitik und die Kürzungen mittragen. Wir wollen mit allen, die sich jetzt für „rot-grün“ stark machen, gemeinsam für eine linke Politik aktiv werden. Sozialistische Maßnahmen kommen nicht durch Stadtregierungen sondern müssen durch Druck auf der Straße und im Betrieb erkämpft werden. Dazu kommt: eine „rot-grüne“ Stadtregierung die Sozialabbau macht wäre auch die beste Wahlhelferin für Strache.
Eine echte sozialistische Politik hieße z.B: Rücknahme des Bettelverbots und der vier-Euro Verordnung, dafür sozialer Wohnbau, Freifahrt auf öffentlichen Verkehrsmitteln, Arbeitszeitverkürzung für alle direkt und indirekt von der Gemeinde beschäftigten auf 30 Stunden/Woche bei vollem Lohn, ein Mindestlohn von 1200.- netto und eine Schließen der Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen bei den Gemeindebediensteten. So könnte Armut und Arbeitslosigkeit in Wien schlagartig beseitigt und den rechten Hetzern der Boden entzogen werden.
SLP zeigt im Kleinen was im Großen möglich wäre
Bei den Wahlen gab es auch eine Reihe linker Kandidaturen mit unterschiedlichem Erfolg. Die KPÖ konnte Mandate halten und sogar neu gewinnen, hat aber insgesamt Stimmen verloren. Andere haben im Vergleich zu den letzten Wahlen verloren. Die SLP hat als einzige die Themen Wirtschaftskrise – soziale Probleme – Rassismus verbunden und beantwortet. Mit einem offensiven Wahlkampf konnten wir unsere Stimmen auf Bezirksebene im Vergleich zu 2005 mehr als verdoppeln. Verglichen mit den Parteien des Establishments haben wir natürlich wenig Stimmen bekommen. Das Ergebnis zeigt aber (ähnlich wie manche Bezirksergebnisse der KP), dass mit lokal verankerten Kampagnen und einem kämpferischen Auftreten linke Alternativen erfolgreich sein können.
Die steirischen Wahlen haben angedeutet, dass, wenn eine relevante linke Alternative existiert, die FPÖ weniger Möglichkeiten hat. Ein Verdienst der steirischen KPÖ, aber das Ergebnis der FPÖ-Steiermark hätte mit einem offensiv antirassistischen Kurs der KPÖ aber weit schwächer ausfallen können. Solange es keine linke, kämpferische Alternative gibt, wird der Aufstieg der Rechten weitergehen. Der Schock über den FPÖ-Erfolg wird viele wachrütteln. Nun geht es darum auch wach zu bleiben und sich zu organisieren. Die auf Landes- und Bundesebene kommenden Angriffe werden berechtigten Unmut und Widerstand erzeugen. Diese Proteste können ebenso Ansatzpunkte für eine neue sozialistische Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche sein wie die Aktionen gegen die FPÖ und ihre Hetze. Jetzt erst recht geht es darum, in Wien den gemeinsamen Kampf von InländerInnen und MigrantInnen, von jung und alt gegen Sozialabbau und Rassismus zu organisieren.