Mi 09.06.2010
Mikrokredite zur „Existenz-Gründung“ sind der neue Stern am Himmel der Entwicklungshilfe. Spätestens seit der Verleihung des Friedensnobelpreises an Muhammad Yunus, den Begründer dieser Idee, sehen viele darin eine Chance für die Armen. Im März bewilligte das Europäische Parlament 100 Mio. Euro bis 2014 für Klein-Kredite bis 25.000 Euro für Arbeitslose und KleinstunternehmerInnen. Hinzu kommen noch 400 Millionen Euro diverser Banken. Damit soll die Arbeitslosigkeit in der EU bekämpft werden. Selbstständigkeit statt Arbeitslosigkeit ist der Gedanke.
Das fand die Zustimmung des ÖGB. Mikrokredite werden in der April-Ausgabe der ÖGB-Zeitung Solidarität als ein Mittel gefeiert, dass mit „kleinem Aufwand große Wirkung“ erzielt.
Vom Tellerwäscher zum Millionär?
Wie soll die Gründung einer eigenen Firma mitten in der Krise funktionieren? Das geringe Startkapital reicht nur zu Gründungen im Dienstleistungsbereich. Der Sektor wurde gerade mit Hilfe der Konjunkturpakete künstlich aufgeblasen. Nun wird er voraussichtlich eine Auftragsflaute erleben. Viele KreditnehmerInnen werden schon nach kurzer Zeit wieder ohne Beschäftigung dastehen, dann aber mit einem enormen Schuldenberg und oft ohne Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung, da diese ja nur für ehemalige Angestellte zur Verfügung steht. Auch jene, die sich über Wasser halten können, erwartet nichts Gutes: Ein Blick auf eine ähnliche Initiative aus Deutschland, die „Ich-AG“, zeigt, dass viele der neuen Selbstständigen zu den „Working Poor“ gezählt werden müssen.
Sozialstaat ausbluten
Tatsächlich werden so weitere Einsparungen im Sozialbereich vorgenommen, weil Menschen längerfristig aus der Arbeitslosenversicherung gedrängt werden. Nicht die Arbeitslosigkeit wird bekämpft, sondern die Arbeitslosen! Diese müssen letztendlich mit weniger Geld auskommen oder bewegen sich, trotz viel Arbeit am Existenzminimum. Die Gewerkschaft ist zu Recht gegen die als „freie DienstnehmerInnen“ und „WerkvertragsnehmerInnen“ getarnte Scheinselbständigkeit. Nun aber unterstützt sie genau diese Entwicklung durch die Mikrokredite.
Eine sichere Anlage
Bei den Mikrokredite handelt es sich nicht um Geschenke. Die Banken erhalten das Geld spätestens 2014 zurück. Natürlich mit Zinsen! Dafür garantiert die EU, die den Banken damit ein neues, sicheres und sattes Geschäft gerade in Zeiten der Krise der Finanzmärkte beschert!
Auch in den ärmeren Ländern machen die Banken große Geschäfte mit den kleinen Krediten. Zur Bekämpfung der Armut sind sie KEIN Weg. Sie sind die neoliberale Antwort auf den Abbau von sozialstaatlichen Maßnahmen. Ihre positive Wirkung ist auch in den neokolonialen Ländern mehr als zweifelhaft.
Unsere Antwort auf die Job-Krise:
Wir fordern eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. Das ist der einzige Weg, die Arbeitslosigkeit dauerhaft zu beseitigen und für alle die einen Job wollen, einen Arbeitsplatz, von dem mensch auch leben kann, zu schaffen.