Mo 04.07.2011
Die Wohnkosten in Österreich explodieren. Grund dafür ist ein intransparentes Mietengesetz. Während die Höhe der Mieten in Neubauwohnungen grundsätzlich gesetzlich nicht begrenzt ist, ist die Gesetzeslage für Altbauwohnungen völlig zahnlos: Früher gab es den Kategoriemietzins. Je nach Ausstattung einer Wohnung gab es vier Kategorien (A, B, C, D), für die es Mietzinsbeschränkungen gab. Bereits 1986 wurde die Kategorie A aus den Bestimmungen der Mietzinsbeschränkung ausgenommen. Daraufhin gab es am Wohnungsmarkt plötzlich fast nur mehr teure Kategorie-A-Wohnungen zu mieten...
Liberalisierung = Verteuerung
Unter der Regierung Vranitzky wurde 1994 das System des Richtwertmietzins eingeführt, das nun den Kategoriemietzins ersetzte: Es wurde ein Richtwertmietzins für die jeweiligen Kategorien festgelegt. Dieses System ist aber total zahnlos, da die VermieterInnen zum Richtwert für alle möglichen Dinge (Lage im Zentrum, im Grünen, Balkon, etc.) Zuschläge aufschlagen dürfen, die sie im Mietvertrag nicht einmal angeben müssen. Die Höhe der Zuschläge ist gesetzlich nicht geregelt. Seit dieser Liberalisierung des Wohnungsmarktes haben sich die Mieten mehr als verdreifacht. In einer aktuellen Studie der Arbeiterkammer, die im Februar 2011 veröffentlicht wurde, wurden 350 Mietverträge untersucht. Das Ergebnis: Die VermieterInnen verlangten im Schnitt 50-100% mehr als die gesetzlichen Richtwerte vorsehen.
Hohe Anfangskosten und befristete Verträge
Am privaten Wohnungsmarkt müssen zudem hohe Maklerprovisionen bezahlt werden. Trotz der Senkung der Höhe Maklerprovisionen im Herbst 2010 von 3 auf max. 2 Monatsmieten ist Österreich (jetzt gleichauf mit Deutschland) bei Maklerprovisionen nach wie vor im EU-weiten Spitzenfeld. Eine Wohnung einzurichten, kostet ungemein viel Geld. Zahlungen wie Ablöse und Kaution kommen beim Abschluss eines Mietvertrags hinzu. Für Studierende, die aufgrund ihrer noch nicht abgeschlossenen Lebensplanung öfters Wohnung wechseln, sind diese massiven Anfangskosten besonders ungünstig.
Ebenfalls 1994 wurde der befristete Mietvertrag gesetzlich eingeführt. Befristete Mietverträge nehmen auf dem Wohnungsmarkt mittlerweile überhand. MieterInnen sind dadurch öfters zum Umzug gezwungen bzw. immer vom guten Willen der VermieterInnen abhängig, den Vertrag nach Ablauf wieder zu verlängern. MieterInnen mit einem befristeten Vertrag werden seltener eine gerichtliche Überprüfung der Miethöhe anstrengen, da sie Angst haben, dass der Vertrag nicht verlängert wird. Wenn der Vertrag verlängert wird, ist dies meist mit einer höheren Miete verbunden.
Privatisierung des sozialen Wohnbaus
Hinzu kommt, dass der soziale Wohnbau privatisiert wurde. In Wien werden Gemeindewohnungen schon seit den 1990er Jahren nicht mehr gebaut. Begründet wird dies damit, dass die Förderung privater Bauträger günstiger ist, als der Bau von Wohnungen in Gemeindeeigentum. Private Genossenschaftswohnungen ersetzen Gemeindewohnungen aber nicht, denn bei Genossenschaftswohnungen müssen die MieterInnen beim Einzug einen 4-stelligen Geldbetrag als Genossenschaftsanteil zahlen. Hier noch von sozialem Wohnbau zu reden, ist ohnehin ein Hohn. Eine Gemeindewohnung zu bekommen, ist außerdem nicht einfach. In Wien muss man zum Beispiel mind. 2 Jahre in Wien gemeldet sein, man darf keine Nebenmeldungen haben. Sich eine Wohnung auf dem privaten Wohnungsmarkt dauerhaft nicht leisten zu können, ist nicht unbedingt ein Anspruchsgrund: Wer bereits eine Hauptmiete in einer privaten Wohnung hat, hat von vornherein keinen Anspruch. Und selbst wer - trotz der teils sehr willkürlichen - Voraussetzungen ein Anrecht auf eine Gemeindewohnung hat, muss teils beträchtliche Wartezeiten in Kauf nehmen, denn: Es gibt mehr AnwärterInnen als Wohnungen.
Wohnkosten = ein Drittel des studentischen Budgets!
Dabei ist die finanzielle Situation vieler Studierender ohnehin trist. Viele Studierende leben unter der Armutsgrenze. So müssen 20% mit einem monatlichen Budget von max. 600 Euro auskommen. Auf die Mindestsicherung - so niedrig diese auch ist - haben Studierende grundsätzlich keinen Anspruch. Die existierenden Stipendien sind zu niedrig und werden willkürlich und sehr restriktiv vergeben. Zwei Drittel aller Studierenden müssen neben dem Studium arbeiten um überhaupt überleben zu können. Viele Studierende sind ökonomisch von den Zahlungen ihrer Eltern abhängig. Maßnahmen wie die Kürzung der Familienbeihilfe und die Verteuerung der studentischen Selbstversicherung verschärfen die Situation zusätzlich. Ca. 20% aller Studierenden leben noch bei den Eltern - ein Grund dafür sind sicherlich die hohen Mieten. Wohnkosten machen ca. ein Drittel des Geldes aus, das den Studierenden durchschnittlich pro Monat zur Verfügung steht.
Die Studierendensozialerhebung 2009 kommt zu folgendem Ergebnis: "Im Durchschnitt zahlen Studierende für Wohnen rund 330€ pro Monat. Je nach Wohnform unterscheidet sich der Betrag jedoch stark: Studierende, die im Wohnheim wohnen, haben mit durchschnittlich rund 250€ die niedrigsten Wohnkosten pro Monat. WG-BewohnerInnen zahlen pro Monat im Schnitt etwa 300€, Studierende in eigenständigen Haushalten haben erwartungsgemäß die höchsten Wohnkosten: jene, die in Einzelhaushalten wohnen, haben monatliche Wohnkosten von durchschnittlich 370€, jene im Haushalt mit PartnerIn von durchschnittlich 350€. Gegenüber der Sozialerhebung 2006 sind die durchschnittlichen Wohnkosten (ohne ElternwohnerInnen) um 4,5% gestiegen."
Einsparungen bei Studierendenheimen
Wie aus der Studierendensozialerhebung hervorgeht, sind Studierendenheime die günstigste Wohnmöglichkeit für Studierende. Jede/r zehnte Studierende wohnt in einem Studierendenheim. Gerade Studierende aus den Bundesländern - die kein Anrecht auf eine Gemeindewohnung haben - und Studierende aus sozial schwächeren Schichten sind auf Heimplätze angewiesen. Für diese Studierende wird die Wohnsituation durch die vorgesehenen Kürzungen bei Förderungen für Studierendenwohnheime noch prekärer werden. Die ÖH geht davon aus, dass sich der Neubau von Heimen für die Heimträger dann nicht mehr lohnen wird. Das würde heißen, dass es ab 2014 keine Neubauten von Studierendenheimen geben wird und die Mieten für bereits bestehende Heimplätze um bis zu 100 Euro steigen werden. Im rot-grünen Wien steht mit dem Haus Döbling, das sich in 100%igem Eigentum der Stadt Wien befindet, das wienweit günstigste Studierendenheim vor dem Abriss. Mit 850 Heimplätzen sind damit 5% aller Heimplätze in Wien betroffen! Statt dem Heim sollen Genossenschaftswohnungen gebaut werden. Der Grund: Mit Genossenschaftswohnungen darf - im Gegensatz zu Studierendenheimen - gewinnbringend gewirtschaftet werden. Es geht also um den Profit, die Interessen der Betroffenen sind der Politik egal.
Für Wohnraum nach den Bedürfnissen der MieterInnen!
Es ist aber die Aufgabe der Gesellschaft, ausreichend leistbaren Wohnraum zu schaffen. Denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen. Die SLP fordert:
- Die Ausgaben für Wohnen dürfen nicht mehr als 10% des vorhandenenen Budgets/Einkommens ausmachen!
- ein Studierendeneinkommen von 1.100 Euro - denn auch Studieren ist Arbeit!
- Ausbau und Vergünstigung von Plätzen in Studierendenheimen
- Nein zur Privatisierung von sozialem Wohnbau! Für ein öffentliches Investitionsprogramm in sozialen Wohnbau
- klare gesetzliche Regelungen mit Mietzinsbegrenzungen
Geld ist genug da, um all das zu finanzieren. Um diese Forderungen aber umzusetzen, braucht es eine neue Partei, die für die Interessen von "normalen" Menschen eintritt, und nicht für die Interessen von Banken und Konzernen. Wir glauben, dass es notwendig ist, eine solche Partei aufzubauen. Wohnen darf nicht Gegenstand von Profitgier und Spekulation sein. In letzter Konsequenz ist es deshalb auch notwendig, die kommerziellen Anbieter auf dem Wohnungsmarkt zu enteignen. Denn wir meinen, dass Wohnraum demokratisch durch die MieterInnen - zum Beispiel in Form von Hausvertrauensleuten und Komitees - selbst verwaltet werden sollte.