Di 01.03.2011
Die SLP hat eine Kampagne gegen die Abschiebung eines Studierendenaktivisten nach Guinea gemacht. Anlass, sich mit der Situation im Land zu befassen. Sekou Touré, der erste Präsident des unabhängigen Guinea prägte die Frühzeit der guineeischen Gewerkschaften und herrschte mit vermeintlich „sozialistischen“ Ideen diktatorisch. Nach seinem Tod putschte sich Lansana Conté 1984 an die Macht und betrieb massiv Privatisierungen. Gegen seine Militärdiktatur gab es von den Gewerkschaften getragenen Widerstand. 2006 und 07 fand eine Serie von Generalstreiks statt. Die Militärregierung ging brutal gegen die Proteste vor - mindestens 200 Menschen wurden getötet – musste aber Zugeständnisse machen. Ausbleibende Verbesserungen führten 2008 wieder zu Streiks auch bei LehrerInnen, ÄrztInnen und sogar bei der Polizei.
Hoffnung in Camara rasch enttäuscht
Nur Stunden nach Contés Tod im Dezember 2008 folgte der Putsch durch Moussa Dadis Camara. Der teilweise bei der deutschen Bundeswehr ausgebildete Militär erklärte die Aktivität der Gewerkschaften für unterbunden. Die „internationale Gemeinschaft“ empörte sich. Tatsächlich fürchteten die Minenkonzerne um die profitreiche Ausbeutung der Minen. Camara suchte Zusammenarbeit mit den Minenmonopolisten und bat die imperialistischen Staaten um Unterstützung, woraufhin die Empörung abebbte. Die von Armut und Diktatur verzweifelte ArbeiterInnenklasse hoffte anfangs auf Verbesserungen und Wahlen, die Camara versprach, aber nicht hielt. Und die Gewerkschaften versuchten nicht, die Bewegung mit einem sozialistischen Programm weiterzuführen und die Forderungen der Massen zu erkämpfen.
Im September 2009 kam es bei Protesten gegen Camara zu einem Massaker im Stadion von Conakry durch das Militär, bei dem ca. 150 Menschen getötet und Hunderte verletzt und vergewaltigt wurden. Im Dezember 2009 wurde Camara bei einem Attentat verletzt und ausgeflogen. 2010 wurden die lange versprochenen Präsidentschaftswahlen abgehalten, mit der Stichwahl zwischen Alpha Condé und Cellou Dallein Diallo. Condé ist ein Malinke - diese Ethnie dominiert beim Militär - während Diallo Angehöriger der größten Ethnie der Peul ist, die noch nie einen Präsidenten stellte. Im Oktober vertrieben Condé-AnhängerInnen mehrere tausend Peul. Nach Verkündung des Wahlsieges von Condé protestierten Anhänger Diallos, Sicherheitskräfte gingen brutal dagegen vor und erschossen 86 Menschen. Diese Vorgänge stellen die Medien als ethnische Konflikte dar. Tatsächlich forcieren Herrschende überall Spaltung und lenken von ihrer Politik der Ausbeutung ab. Die neue Regierung Condés wird keine Änderung bringen, sie setzt sich aus ehemaligen Ministern, darunter viele Militärs, zusammen.
Gründe zur Flucht gibt es genug
Armut und Verfolgung in neokolonialen Ländern ist Ursache von Flucht. Flüchtende werden aber mit Hilfe rassistischer Gesetze ausgesperrt oder deportiert. Außerdem wird mit rassistischer Propaganda die eigene ArbeiterInnenklasse gespalten und Solidarität verhindert. Wenn ein politischer Aktivist der guineeischen Widerstandsbewegung vom Militärregime inhaftiert, gefoltert und mit Mord bedroht wird, ihm dann die Flucht nach Österreich gelingt und schließlich der österreichische Staat ihn abschieben will, dann ist dies das deutlichste Zeichen für die Zusammenhänge des weltweiten Kapitalismus in Ausprägung des Imperialismus. Es zeigt, wie Herrschaft weltweit gesichert und dabei Menschenrechte missachtet werden und es zeigt die Notwendigkeit internationaler Solidarität der ArbeiterInnenklasse. Ein wichtiger Teil dieser Solidarität ist aktiver Widerstand gegen Abschiebungen.
Der Kampf für bessere Lebensbedingungen und Demokratie kann nur erfolgreich sein, wenn die kapitalistische Ausbeutung beseitigt wird. Dazu braucht es eine ArbeiterInnenpartei mit sozialistischem Programm. In Guinea gibt es eine lange und kämpferische Tradition der ArbeiterInnenbewegung – daran gilt es anzuknüpfen und die Kämpfe mit jenen von ArbeiterInnen in der ganzen Region und darüber hinaus zu verbinden. Bildunterschrift: Guinea verfügt über die zweitgrößten Bauxitvorkommen und ist der weltgrößte Exporteur dieses Grundstoffs für Aluminium. Die Minenkonzerne sind in der Hand der herrschenden Klasse des „Westens“. Diese profitiert von der Ausbeutung der Rohstoffe und der extremen Armut in Guinea. Die Minen leisten 60 % des Exports, aber nur 20 % der Steuern, während die meisten Menschen im Land von weniger als einem Dollar pro Tag leben.