Mi 01.03.2000
Die SPÖ steckt nach Jahrzehnten an der Macht und einer kontinuierlichen Rechtsentwicklung in einer Existenzkrise. Ist der neue Parteichef Gusenbauer eine „linke Antwort“ auf Blau-Schwarz?
Die Wellen des Protests gegen Blau-Schwarz machen auch vor den Toren der SPÖ nicht halt. Die Bewegung richtet sich auch gegen jene Politik, die auch die SPÖ jahrelang betrieb und mit der sie Haider bis an die Macht brachte. Und dieser Druck von der Straße hat die SP-Bürokratie von der Wahl Schlögls („Haiders bester Mann“) als neuen Chef abgehalten.
Flügelkämpfe in SPÖ?
Die bürgerlichen Medien teilen Einem und Schlögl in Kategorien wie „links“ und „rechts“. Dabei geht es nicht um einen solchen ideologischen Flügelkampf, sondern um unterschiedliche Konzepte, den SPÖ-Rechtskurs weiterzuführen, ohne ins politische Nichts abzustürzen. In Wirklichkeit repräsentiert Einem die Richtung hin zu grünen und liberalen bürgerlichen Wählerschichten - ebenso inklusive endgültiger „Modernisierung“ nach Vorbild Blairs und Schröders. Mit „links“ hat das herzlich wenig zu tun. Neoliberalismus und rassistische Abschiebepraxis würden bestenfalls kosmetisch geschönt werden.
Schlögl hingegen steht ebenso für die bisherige Politik mit einer stärkeren Hinwendung zur FPÖ, um „ehemalige Kernschichten“ zurückzuholen. Allerdings mit dem Anspruch, es „besser als Haider“ zu machen. Der neue (Oppositions)Besen Gusenbauer ist eher der Mittelweg. Er stellte sich von Anfang an als guter Oppositionsstratege heraus und ist für die Bürokratie eine Art Neustart mit Symbolwert („Berufspolitiker statt Quereinsteiger“). Er stellt aber keinen Bruch mit der Vergangenheit dar. Er bekennt sich zu „Modernisierung und Globalisierung“ (= Politik für die Unternehmer, Sozialabbau), hält am rassistischen Credo „Integration vor Neuzuwanderung“ fest, steht Privatisierungen positiv gegenüber und spricht sich prinzipiell auch nicht gegen eine weitere Einbindung in ein Militärbündnis (WEU, NATO) aus!
Nichts Neues durch Gusenbauer
Ins Bild paßt auch, dass die diversen bürgerlichen Kommentatoren kaum Anlaß zur Beunruhigung sehen. Ihm wird durchaus zugetraut, den Spagat zwischen Oppositionsrhetorik und „Wirtschaftskompetenz” zu schaffen. Somit zeigt sich die „Neuordnung” (in) der SPÖ als bloßes Krisenmanagement und nicht als „Rückkehr zu alten Werten” oder gar einem offenen Linksruck.