Di 10.10.2017
Der Zerfall der Grünen schreitet voran: Nachdem Peter Pilz in seiner Partei nicht auf den gewünschten Listenplatz gewählt wurde, tritt er mit einer eigenen Liste zu den Nationalratswahlen an. In Kreisen mit linken Sympathien werden in diese neue Formation einige Hoffnungen gesetzt: Endlich eine für Linke wählbare, frische Plattform, die sich für die Interessen normaler Leute einsetzt?
Zunächst mag sein Bruch mit den Grünen sympathisch scheinen. In dieser immer abgehobeneren Partei gutverdienender bürgerlicher AkademikerInnen nahm Julian Schmid seine Stelle ein. Der stellte als seinen hauptsächlichen Vorzug heraus, jung zu sein. Aber wie sieht die Alternative von Pilz aus? Demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten gibt es dort noch viel weniger als in seiner alten Partei. Die Zahl der Parteimitglieder liegt im einstelligen Bereich und soll auch nicht erweitert werden. Für UnterstützerInnen ist nur vorgesehen, Geld zu spenden und ansonsten keinen Einfluss zu haben.
Und welches Programm vertritt diese Formation eigentlich? Streng genommen gar keines: Es gibt kein Parteiprogramm. Nur aus einzelnen Äußerungen von Pilz kann man sich so etwas wie eine programmatische Linie zusammenreimen. Das ist ein buntes Durcheinander. Pilz gibt an, weder links noch rechts zu sein, gibt sich als ungebundener Pragmatiker. Er versucht so, allen etwas zu bieten: Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung und höheren Erbschaftssteuern für von der SPÖ enttäuschte Linke. Forderungen nach Law and Order in der Flüchtlings- und Grenzpolitik und Geraune von der islamischen Gefahr, um FPÖ-WählerInnen zu gewinnen, die vielleicht einmal sozialdemokratisch gewählt haben. Sebastian Bohrn-Mena als Tierschutz-Aushängeschild für den gesellschaftspolitischen Chic. Dieses Jonglieren mit Positionen nützt vor allem einem: Der persönlichen Karriere des Peter Pilz. Ein Schritt zu einer Partei, die sich für die Interessen der einfachen Leute einsetzt, ist diese Liste sicher nicht.
Kein unbeschriebenes Blatt
Eines von Pilz' links klingenden Versprechen ist das einer Erbschaftssteuer ab 500.000 Euro. Tatsächlich umgesetzt werden soll das aber nur da, wo es KapitalistInnen nicht schadet: Für UnternehmerInnen sollen Ausnahmen bis zum doppelten Betrag gelten, damit ihre Geschäftsaktivitäten nicht leiden. Von Vermögenssteuer oder höherer Einkommensbesteuerung ist erst gar nicht die Rede.
Pilz hat Recht, wenn er jene, die aus der richtigen Wut das falsche tun – FPÖ wählen – ansprechen will. Aber das geht nicht mit der Übernahme von FPÖ-Politik. Es gibt genügend Reichtum für Jobs, Wohnungen und Soziales für „ÖsterreicherInnen“ und Flüchtlinge. Doch der ist in der Hand der Superreichen – und kann nur durch einen gemeinsamen Kampf ohne rassistische Spaltung zurückgeholt werden.
In der Flüchtlingsfrage kein Unterschied zu den etablierten Parteien. Regierungen außerhalb Europas sollten nach Pilz dabei unterstützt werden, ihr Gebiet durchquerende Flüchtlinge vom Weg nach Europa abzuhalten. Was so etwas in der Praxis bedeutet, sieht man beim EU-Türkeideal: Unterstützung autoritärer Regime, damit sie Flüchtlinge schon vor den EU-Grenzen internieren.
Im Eurofighter-Untersuchungsausschuss arbeitete Pilz eng mit der FPÖ zusammen. Es gab sogar eine brüderliche Pressekonferenz von Pilz und Strache. Damit ermöglichte Pilz es der FPÖ, von seinem glaubwürdigem Image als Kämpfer gegen Korruption zu profitieren und sich als Saubermann-Partei zu präsentieren. Ausgerechnet die Partei, die tief im Eurofighter- und den Hyposkandal steckt!