Die Angst vor der Radikalisierung

Max Uhlir

Glauben wir der Regierung, ist das „größte Problem“ derzeit die Radikalisierung muslimischer Jugendliche. Als Lösung dieses Problems wird eine Offensive in der Politischen Bildung vorgeschlagen, um so Jugendliche davon abzuhalten, von der „Mitte“ abzuweichen.

Das Gerede im Fach Geschichte und Politische Bildung über den demokratischen Verfassungsstaat und vermeintliche Mitspracherechte erweist sich schon in der Schule als ein Trugbild. Die SchülerInnen-Vertretung hat kaum Einfluss auf das Geschehen. Alles unterliegt dem Diktat der Direktion und des Ministeriums. Nicht einmal die eigenen Rechte bekommen SchülerInnen laut Lehrplan beigebracht. Wer trotzdem versucht, seine Rechte in Anspruch zu nehmen und z.B. versucht, an der Schule einen Protest gegen Bildungskürzungen zu organisieren, wird vom Rektorat vorgeladen und verwarnt. Oft wird auch versucht, Schulstreiks mit Einschüchterungen gegen die SchülerInnen abzuwürgen.

Die Maßnahmen der Regierung zielen besonders auf migrantische Jugendliche. Gerade diese wachsen öfter in besonders von Armut betroffenen Verhältnissen auf und sind täglich mit Rassismus und Perspektivlosigkeit konfrontiert. Etwas über „staatsbürgerliche Rechte“ zu lernen, und dann beim Bewerbungsgespräch schon wegen des migrantischen Namens keine Chance zu haben wird sicher nicht von einer „Radikalisierung“ abhalten. Zu sehen, dass der Staat zwar eine Übersetzung des Koran vorschreibt und Muslime/Muslimas unter Generalverdacht stellt, aber gleichzeitig christliche FundamentalistInnen mit Steuererleichterungen unterstützt, lehrt mehr über den Staat, als das der Unterricht je könnte. Nicht fehlende politische Bildung macht wütend auf die Gesellschaftsordnung, das schafft die von alleine.

Es ist völlig richtig, „radikal“ zu werden. Das heißt nichts anderes, als den Problemen an die Wurzel gehen. Der Islamismus hat genauso keine Antworten auf die Probleme unserer Zeit wie ein Fach Politische Bildung, wie es die Regierung vorsieht. Die Antwort muss von Links kommen: Wer verhindern will, dass sich Jugendliche dem Islamismus verschreiben, muss eine Alternative zeigen, wie sich sinnvoll gegen das System kämpfen lässt. Die Alternative heißt echte Demokratie, also Sozialismus.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: