Di 28.02.2012
Seit Jahren stolpert die Wirtschaft von einer „Finanzkrise“ in die nächste. Weil das System offensichtlich nicht funktioniert, gibt es verschiedenste Lösungsansätze. Einer ist das Konzept „Demokratische Bank“. Doch inwiefern können damit die Probleme gelöst werden? Ein Pro & Kontra mit VertreterInnen der Demokratischen Bank und der SLP.
Das Pro von Barbara Stefan und Michael Schmid von der Demokratischen Bank
Finanzkrisen entstehen nicht zufällig oder aufgrund von Fehlern im System. Das System an sich ist die Ursache. Das kapitalistische Prinzip, Kapital nur nach den Kriterien der kurzfristigen Renditenmaximierung anzulegen, hat dazu geführt, dass immer mehr Geld in spekulative Produkte investiert wird. Wichtigster Motor in diesem Spiel sind Anlagegesellschaften und die mit ihnen verbundenen Banken. Im produktiven Sektor sind Renditen, wie sie im Bereich der Finanzspekulation erreicht werden, nicht zu erwirtschaften. Das Missverhältnis zwischen virtuellem Kapital und Realwirtschaft führt unweigerlich zu großflächigen wirtschaftlichen Zusammenbrüchen. Die Kosten dafür trägt die Allgemeinheit über Steuererhöhungen oder Sozialeinschnitte. Für nachhaltiges, solidarisches und ökologisches Wirtschaften braucht es Gegenmodelle.
In Österreich gibt es erste Initiativen dazu: Die Demokratische Bank und die Gemeinwohl-Ökonomie. Die Gemeinwohl-Ökonomie ist ein alternatives Wirtschaftsmodell, bei dem nicht die Profitmaximierung, sondern das Streben nach Gemeinwohl zählt. Unternehmen sollen nicht mehr ausschließlich ihren finanziellen Profit messen, sondern Indikatoren wie die Sinnhaftigkeit von Produkten und Dienstleistungen, Arbeitsplatzqualität, CO2-Fußabdruck u.v.m. Dies geschieht mittels einer Gemeinwohl-Bilanz. Damit gemeinwohlorientierte Unternehmen in Zukunft unterstützt werden, braucht es neue Gesetze, die diese Betriebe mit niedrigeren Steuern, billigeren Krediten, Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen etc. fördern. Ziel ist es, das Anreizsystem von Konkurrenz auf Kooperation umzupolen. Ausgehend von Österreich beteiligen sich bereits knapp 500 Unternehmen aus 10 Staaten an der Weiterentwicklung des Modells.
Ganz wichtig dabei: Geld muss seinen Warencharakter verlieren und wieder zum reinen Tauschäquivalent werden. Die Demokratische Bank ist darum ein zentraler Teil der Gemeinwohl-Ökonomie. Sie soll das fatale Prinzip der Profitmaximierung aufbrechen. Sie ist nicht gewinnorientiert, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet. Im Sinne solidarischer Ökonomie sollen lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe gefördert werden. Kredite werden nach Maßgabe ökonomischer Rentabilität und des sozialen und ökologischen Mehrwerts vergeben. Je höher dieser Beitrag eines Unternehmens, desto besser die Konditionen, erklärte Gemeinwohlmuffel bekommen gar keinen Kredit. So wird die Demokratische Bank zum ökosozialen Steuerungsinstrument.
Das Kontra von John Evers, SLP
„Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Wie recht Brecht schon 1928 hatte. Aktuell leiht die Europäische Zentralbank Großbanken Geld für knapp ein Prozent Zinsen, damit diese es den Staaten mit 6, 8, 10 oder mehr Prozent weiterverleihen. Brauchen wir lediglich vernünftige PolitikerInnen und UnternehmerInnen, die die richtigen Rahmenbedingungen setzen, also derlei Irrsinn verbieten oder nicht vollziehen und demgegenüber Investitionsanreize für „gutes Wirtschaften“ setzen? Ist also ein harmonischer Wechsel hin zur demokratischen Ökonomie möglich? So verlockend der Gedanke ist – die Realität lehrt das Gegenteil. Zur Zeit höhlt der bürgerliche Staat selbst die bestehenden „demokratischen“ Institutionen im Namen der Rettung des Systems aus. Gleichzeitig erzählt man griechischen LehrerInnen mit 600 Euro brutto/Monat, sie hätten über ihre Verhältnisse gelebt. Wer glaubt, dass hier „Anders Wirtschaften“ ohne sprichwörtliche „Brösel“ gehen kann, ist naiv oder ignoriert bewusst die Verteilungs- und damit Machtfragen. In der politischen Praxis folgt daraus oft eine „Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass“-Haltung. So konnte sich z.B. ATTAC-Österreich 2008/09 nicht zu einer klaren Opposition gegenüber dem „Bankenrettungspaket“ durchringen. Die SLP fordert(e) die Übernahme der Banken durch die öffentliche Hand unter demokratischer Kontrolle von Beschäftigten, KundInnen und Gewerkschaft.
Doch es ist nicht nur eine klare Antwort auf die Frage, ob das Bankensystem öffentlich subventioniert oder bekämpft werden muss, nötig. Ebenso sollte man das Argument von Regierung und Wirtschaft, dass ein Zusammenbruch des Finanzsystems Folgen für die „Realwirtschaft“ hätte, durchaus ernst nehmen. Denn kann man die Finanz- und Produktionssphäre in unserem System tatsächlich voneinander trennen? Oder bilden die großen Banken und Weltkonzerne nicht längst organische, die Weltwirtschaft dominierende Einheiten? Geht es also nicht vielmehr um das Gesamtsystem – und nicht nur dessen Finanzsektor!? Und wann war Widerstand gegen dieses System zumindest punktuell erfolgreich? Waren es jene, die regional abgekoppelte Gemeinwirtschaftsmodelle vertraten, oder jene, die versuchten, Verteilungskämpfe zu organisieren und sich dabei ebenfalls international vernetzten? Und dabei auch die Eigentumsfrage aufwarfen, um eine „Gemeinwohlökonomie“ namens Sozialismus zu entwerfen, die nicht nach den Bedürfnissen eines Marktes, sondern jenen der Bevölkerung, demokratisch plant?!