Fr 01.09.2000
Noch vor wenigen Jahren war das Bewusstsein der israelischen ArbeiternehmerInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen besonders schwach ausgeprägt. Die rassistische Spaltungspolitik der Regierung hat eine tiefe Kluft zwischen JüdInnen und AraberInnen geschlagen. Die “Privilegien” der JüdInnen gegenüber den AraberInnen und der Kriegszustand mit den arabischen NachbarInnen unterstützte die Propaganda der Bourgeoisie, wonach alle Jüdinnen und Juden im selben Boot säßen.
Die Rezession, die Mitte der Neunziger einsetzte, änderte das schnell. Vor allem der Umstand, dass, während sich die Unternehmer immer weiter bereicherten, ein “Privileg” nach dem anderen unter Beschuss kam, förderte die Entwicklung eines neuen Bewusstseins. Unter dem Schlagwort der “Globalisierung” übernahm die israelische Regierung die neoliberale Politik, wie sie überall auf der Welt in den Neunzigern eingesetzt wurde. Privatisierungswellen, Flexibilisierung, Deregulierung, etc. setzten dem Lebensstandard der jüdischen ArbeiterInnen zu. Nach Jahrzehnten des “nationalen” Grundkonsens treten erstmals größere Bruchlinien zu Tage.
3 Generalstreiks in 4 Jahren
Im Jahr 1996 wurde ein Gewerkschafter verhaftet. Dies löste einen Generalstreik aus, Busse blockierten Straßen, die Börse wurde von ArbeiterInnen lahmgelegt. Nach 5 Stunden wurde der Gewerkschafter wieder auf freien Fuß gesetzt. Die ArbeiterInnenklasse Israels verspürte erstmals ihre kollektive Macht. Seit 1996 gab es in drei von vier Jahren jeweils einen Generalstreik und auch die Gründung einer neuen ArbeiterInnenpartei.
Gerade die Entwicklung dieser ArbeiterInnenpartei bestätigt die These der sprunghaften Entwicklung des Bewusstseins. Gegründet wurde sie von eher rechten Gewerkschaftsbürokraten. Bei vielen ArbeiterInnen herrschte die Idee vor, eine Lobby für ArbeiterInnen zu schaffen. Als Beispiel nahmen sie den Einfluss der ultrareligiösen, deren Erfolge sie auf guten Lobbyismus zurückführten. Die ArbeiterInnen sahen sich als Interessengruppe unter vielen. Heute ist die Idee, nicht bloß eine Interessengruppe unter vielen zu sein, sondern die größte soziale Klasse im Land, weit verbreitet. Ein Ergebnis der objektiven Entwicklung in Israel und zu einem gewissen Grad auch der Interventionen unserer GenossInnen.
Das Bewusstsein der ArbeiterInnen überholt in vielen Punkten bereits jenes der FührerInnen der ArbeiterInnenpartei und so wächst die Kritik an der Parteispitze. Unsere israelische Sektion konnte durch die richtige Intervention in die Bewegungen von 1 Genossen vor 2 Jahren auf 19 GenossInnen heuer anwachsen. Der Genosse, der vor zwei Jahren allein in Israel war, ist selbst ein Beispiel für die sprunghafte Entwicklung des Bewusstseins. Er erklärte damals es sei unmöglich eine marxistische Partei in Israel aufzubauen, kurze Zeit später legte er durch seine Interventionen die Grundsteine für die rasante Entwicklung der israelischen Sektion.