Mo 28.08.2006
Dass es fast ein historisches Ereignis darstellte, war auch dem Moderator bewusst: Zum ersten Mal seit 26 Jahren kam ein linker Politiker aus dem Bereich der nicht etablierten Parteien im Rahmen einer Pressestunde zu Wort. Und fraglos war KPÖ-Chef Mirko Messner in seinem persönlichen Auftreten etablierten PolitikerInnen nicht unbedingt unterlegen – vor allem wenn er von Armut und Ausgrenzung, sowie der Notwendigkeit von Umverteilung und gleichen Rechten sprach. Auf einige wesentliche Punkte hatte Messner allerdings keine Antwort. Auch wenn der Parteivorsitzende bereits nicht die Frage nach der Höhe der Mindestlohnforderung der KPÖ beantworten konnte, war dies wohl weniger auf schlechte Vorbereitung oder verständliche Nervosität zurückzuführen. Es handelte sich hier um entscheidende strategische und ideologische Fragen.
Gleich am Beginn stand die, für den journalistischen Klatsch sicher interessanteste Frage auf der Tagesordung; nämlich die nach dem innerparteilichen Streit mit der KPÖ-Steiermark. Obwohl dieses Thema gut zehn Minuten der Pressestunde einnahm, war nachher niemanden klarer worin eigentlich die Differenzen, oder vielmehr Gemeinsamkeiten mit der steirischen Organisation bestehen. Noch viel wesentlicher erscheint allerdings der Aspekt der Realisierung der sozialpolitischen Forderungen der KPÖ: Mindestlohn, Arbeitszeitverkürung (...). Ihre moralische Legitimität wurde von Messner zwar angesichts der "Schere" zwischen Reichtum und Armut gut begründet. Die Frage nach der Durchsetzbarkeit unter den Bedingungen der "Globalisierung" , konnte der KP-Vorsitzende aber lediglich mit der Hoffnung auf andere Standortvorteile Österreichs argumentieren. Obwohl der Moderator selbst die Frage des öffentlichen Eigentums erwähnte, fiel bei Messner z.B. der Begriff der Vergesellschaftung bei Lohndumping und Verlagerungen nicht. Ebenso fehlte jede internationale Perspektive – mit Ausnahme der Hoffnung, gemeinsam mit anderen "Linksparteien" die EU von "innen" verändern und eine andere Politik gestalten zu können. Ein Glück für Messner war hier nur, dass die Moderation nicht weiter nachfragte und nicht auf die Politik dieser "Linksparteien" in Regierungsverantwortung verwies.
Den zweiten Aspekt betraf die katastrophale Lage der ArbeiterInnenklasse im "kommunistischen" China und ihr Einsatz als Lohndrücker gegenüber KollegInnen im "Westen". In durchaus altstalinistischer Tradition fand hier Messner lediglich relativierende Worte und verwies darüber hinaus auf seine fehlenden Kenntnisse der Lage. "Mut zur Lücke" mag manchmal ein sympathischer Zug sein – aber selbst als ausgewiesener "Nicht-China-Experte", kann ich meine Solidarität mit den (unterdrückten) gewerkschaftlichen Bestrebungen chinesischer KollegInnen und meine Opposition zum Regime in Peking ausdrücken.
Dass darüber hinaus die Tatsache einer zweiten linken Partei bei den Wahlen, nämlich die SLP-Liste gegen Kapitalismus und Rassismus nicht einmal erwähnt wurde ist bedauerlich. Aber angesichts des "linken" Alleinvertretungsanspruchs der KPÖ und der allgemeinen Ignoranz des ORF gegenüber linken Positionen fast verständlich...