Do 01.07.1999
Libro brachte beim Europäischen Gerichtshof eine Klage gegen die Buchpreisbindung ein und gewann das Recht auf Preiskampf. Libro reibt sich die Hände, er darf nun endlich seine Bücher verramschen. Die Sache hat, wie im Kapitalismus meist, wenn was gut für die Großen ist, einen Haken für die Kleinen.
Masse für die Massen,...
Die Buchpreisbindung entzog Bücher zu einem gewissen Grad den Marktgesetzen, beschränkt zwar, aber immerhin. Verlage konnten die Preise für ihre Bücher festsetzen, sie durften nicht unter diesem Preis verkauft werden. Die Verlage subventionierten somit innerhalb ihres Verlagsprogrammes quer. Der Preis für gut verkäufliche Bücher wurde etwas höher angesetzt als die Marktgesetze es vorschreiben würden, der Preis für Bücher, die ein weniger großes Publikum anzogen, dafür etwas herabgesetzt. Genau das liegt nicht im Sinne Libros, der verkauft nämlich nur Massenware. Außerdem: Miese Qualität verursacht weniger Kosten. Weniger Titel auf Lager zu haben, kein wirkliches Bestellwesen aufrechtzuerhalten, wenig Fachpersonal kosten weniger als all dies eben schon zu haben. Der Kostendruck auf Buchhandlungen steigt, da sie bis jetzt mit den höheren Preisen für Bestseller eben auch dieses Service finanziert haben. Fazit: „Nichtmassenware“ wird teurer. Schöner neuer Büchermarkt eben.
Den Kampf gegen den Fall der Buchpreisbindung haben die Verlage, die BuchhandlungsbesitzerInnen und LiteratInnen nicht wirklich geführt. Nun gut, sie beschäftigten AdvokatInnen und sie füllten die Feuilletons mit Kroko-Tränen, aber seit wann läßt sich der Kapitalismus (noch dazu mit Turbo) von solchen Kinkerlitzchen aufhalten?
Es gäbe auch die Möglichkeit VerlagsmitarbeiterInnen, BuchhändlerInnen, BuchdruckerInnen, ... zu mobilisieren. Es geht schließlich nicht nur um Kultur, sondern auch um ihre Arbeitsplätze. Libro ist einer der Vorprescher wenn es um Ladenöffnungszeiten, Flexibilisierung, Rationalisierung und Billiglöhne geht. Die zuständige Fachgewerkschaft GPA hat sich bis jetzt in diesen Konflikt nicht eingebracht.
Masse will eh nur Masse?
Warum soll eigentlich einE Rosamunde-Pilcher-LeserIn einE Artmann-LeserIn subventionieren? Finanziert die ArbeiterInnenklasse die „Marotten“ des BildungsbürgerInnentums? SozialistInnen fordern Zugang zu Kultur für Alle, daher muß Literatur, Sach- und Fachliteratur,... leistbar sein. Daß die ArbeiterInnenklasse einen inhaltlichen Zugang zu Literatur findet, (bzw. auch selbst Literatur schafft), ist Aufgabe der ArbeiterInnenbewegung. Wir sind daher für eine Preisreduktion bei Büchern (zum Beispiel Studienausgaben im Taschenbuch, Buchgemeinschaften statt Buchhandel; etc.), aber eben nicht für billigen Schrott und teure Qualität.