Di 01.06.1999
Mit dieser Stellungnahme erklärt die Sozialistische Offensive Vorwärts (SOV), warum für sie eine weitere Arbeit im Rahmen der UG-GPA nicht mehr möglich und sinnvoll ist. Es ist dies ein Dokument über einen laufenden innergewerkschaftlichen Diskussionsprozeß, dessen Ausgang offen bleibt. Ziel der SOV ist weiterhin eine überfraktionelle Zusammenarbeit aller linken gewerkschaftlichen Kräfte.
ÖGB und GPA sind offiziell überparteiliche Organisationen – intern sind beide in politische Fraktionen geteilt. Die Stärke einer Fraktion richtet sich dabei in der Regel danach, wie viele Betriebsräte sich zu ihr bekennen. Stärkste Fraktion ist die SPÖ-Fraktion – die FSG. Sie beherrscht den ÖGB und bis auf die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst auch alle Einzelgewerkschaften.
Dominanz der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter
Gerade aufgrund dieser Dominanz ist es nicht unwichtig, zu welcher Fraktion sich kämpferische GewerkschafterInnen bekennen. Mitglieder der SOV haben sich bis jetzt zur Fraktion „Unabhängiger Gewerkschafter für mehr Demokratie“ (UG) bekannt und in dieser mitgearbeitet. Am Anfang des UG-Projekts stand die Idee einer Gewerkschaftsfraktion, die an keine Partei gebunden ist, die fortschrittliche Grundsätze vertritt, und in der GewerkschafterInnen mit unterschiedlichen politischen Ansichten gemeinsam für einen demokratischeren und kämpferischen ÖGB arbeiten können.
Alternative anbieten
Es ist wichtig, jenen Menschen, die vom offiziellen ÖGB enttäuscht sind, eine Alternative anzubieten. Eine solche Alternative muß eine eigene kämpferische Gewerkschaftspolitik darstellen.
Gegen die ÖGB-Führung
Es geht darum, gegenüber der ÖGB-Führung möglichst stark aufzutreten und zu den wichtigsten Themen Stellung zu beziehen. Die Möglichkeiten, die der ÖGB bietet, müssen dabei optimal für jedeN einzelneN genutzt werden. Dort, wo der ÖGB versagt; beim Kampf gegen Rassismus, Sozialabbau, Arbeitslosigkeit, Privatisierung usw., sollte eine kämpferische Gewerkschaftsbewegung eigene Politikformen wie Kampagnen und Protestaktionen entwickeln und für jene Menschen, die kämpfen wollen, eine Alternative aufzeigen. Eine kämpferische Gewerkschaftsbewegung sollte ein Teil bestehender Bewegungen sein und die Anliegen dieser Bewegung innerhalb der Gewerkschaft vertreten.
Die derzeitige Politik des ÖGB liegt nicht etwa in der Unfähigkeit der Spitzenfunktionäre, sondern vor allem an der totalen Orientierung auf die „Sozialpartnerschaft“, und die Treue zur SPÖ/ÖVP-Regierung. Das bedeutet, alles „mitgestalten“ zu wollen, und sei das Ergebnis auch noch so schlecht. Frei nach dem Motto: „Lieber mit der Regierung über ein Sparpaket verhandeln, als es durch die Mobilisierung der Mitglieder zu Fall zu bringen.“ Die Regierung läßt die Gewerkschaft aber nur „mitverhandeln“, wenn sie sich zu den grundsätzlichen Zielen eines Sparpakets auch bekennt, also mit der Regierung für das „Sparen“ – sprich Sozialabbau – eintritt. Die Gewerkschaftsführung hat daher große Angst vor Kämpfen und Bewegungen, daß diese die „gute“ Gesprächsbasis zu den Unternehmern und zur Regierung gefährden.
ÖGB – kämpferische Alternative notwendig
Diese Tatsachen machen den Aufbau einer kämpferischen Opposition im ÖGB und auch der Arbeiterkammer erst recht notwendig. Wie soll nun aber so eine Opposition aussehen? Im Wesentlichen muß sie im Gegensatz zur ÖGB-Bürokratie ein vitales Interesse an gewerkschaftlichen Kämpfen haben. Das heißt. dort, wo der ÖGB versagt, aufzuzeigen und zu versuchen, eigenständig aktiv zu sein. Aktionen können eine wichtige Beispielwirkung haben, um den Leuten zu sagen: „Wenn wir als kleiner Haufen so eine Aktion schaffen, wozu wäre dann der ÖGB in der Lage, wenn er seine Möglichkeiten einmal ausnützt“.
Um als kleine Oppositionsgruppe wie die UG effektiv zu sein, müßte eine permanente Koordination der Arbeit erfolgen – dazu gehören auch politische Schwerpunkte, wie z.B. Arbeitszeitverkürzung.
UG: Beitrag zur Entstehung einer Gewerkschaftsopposition?
Die SOV ist an den Aufbau der UG nie „blauäugig“ herangegangen. Uns war klar, daß man/frau die Umsetzung eines Programms, wie wir es oben beschrieben haben, nicht so einfach verlangen kann, und daß die unterschiedlichen politischen Ziele der Menschen, die in der UG arbeiten, berücksichtigt werden müssen. Wir haben uns aktiv am Aufbau der UG beteiligt, und glaubten, daß die UG ein wichtiger Beitrag zur Entstehung einer kämpferischen Gewerkschaftsopposition sein könnte. Die UG ist in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, in der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und der GPA aktiv. Die SOV versucht derzeit, vor allem in der GPA Oppositionsarbeit zu leisten. Dort ist aber die offizielle UG-Fraktion, die der „Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen“-AUGE. Aber genau durch diesen Anspruch, als „Alternative und Grüne GewerkschafterInnen“ die offizielle UG-Fraktion in der GPA zu bilden, versucht man/frau erst gar nicht für Menschen, die sich weder als „grün“ noch als „alternativ“ sehen, einen Attraktionspol zu bilden. Und auch der Wille zu bzw. die Umsetzung einer koordinierten Arbeit ist kaum vorhanden.
So arbeiten die unterschiedlichen Bereiche, wie Betriebsratstätigkeit, Arbeiterkammer-Arbeit, UG-Arbeit und Publikationen mehr neben- als miteinander. Der letzte Ausdruck für diese Entwicklung ist der Beschluß des aktuellen Statuts der AUGE, indem sie sich teilweise noch als Gesamt-ÖGB-Fraktion definiert. Damit ist die Ernsthaftigkeit der AUGE am Aufbau der UG für uns weiter in Frage gestellt worden.
Die SOV hat sich am Entstehen und am Aufbau der UG von Beginn an beteiligt. Wir sehen uns aber aufgrund der momentanen Entwicklung in der GPA und der de facto Unmöglichkeit, das „Monopol“ der AUGE zu brechen, nicht mehr in der Lage, unsere Beteiligung in der UG-GPA aufrechtzuerhalten. Da wir leider derzeit nur in der GPA aktive Gewerkschaftsarbeit leisten, bedeutet ein Rückzug aus der UG-GPA auch ein Rückzug aus der UG.