Bergarbeiter Kasachstans im Streik - Solidarität nötig

Dima Radschuk, CWI-Deutschland

Seit dem 25. September gibt es in Kasachstan in der Stadt Schachtinsk einen unbefristeten Streik der Kohle-Bergarbeiter des Konzerns „Arcelor Mittal“ (dieser gehört dem 5. reichsten Mann der Welt Lakshmi Mittal). Der Streik begann nach dem Tod von 41 Bergarbeitern, die bei einem Minenunglück ums Leben kamen.

Das Management des Betriebes „Mittal Steel Timirtau“ beschuldigten die getöteten Mitarbeiter, selbst Schuld an ihrem Unglück zu sein. In Wahrheit aber ist es so das die Ausrüstung der Bergarbeiter seit Sowjetzeiten nicht erneuert und die Mine seit dem auch nicht neu gesichert bzw. saniert wurde. Schon zwei Tage nach dem Minenunglück sollten die Arbeiter wieder zurück an ihre Arbeit gehen, ohne dass irgendeine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfolgte.

Bergwerke besetzt

Am 25. September weigerten sich die ersten 50 Bergarbeiter nach der Arbeit wieder zurück aus der Mine zu kommen und besetzten diese. Über Handys riefen sie weitere Kollegen an und sofort wurden drei weitere Minen des Unternehmens besetzt. Am gleichen Abend blockierten Kolonnen von Bergarbeitern, deren Familien und Teile der Bevölkerung nach einem 20 kilometerlangen Marsch das Stadtparlament. Die Gewerkschaftsführung, die Stadtverwaltung und das Management des Konzerns versuchten die Arbeiter und ihre Angehörigen zu beruhigen. Die Arbeiter entgegneten mit Pfiffen und Buhrufen. Nach einer bunten und sehr energischen Demonstration mit vielen Diskussionen und dem Versprechen der Stadtverwaltung eine paritätisch besetzte Kommission einzusetzen, gingen die Protestierenden nach Hause. Zwei Tage später traten vier weitere Minen in den Streik.

Alle protestierenden Arbeiter haben ein und dasselbe Programm, dieses wurde von den ersten 50 streikenden KollegInnen aufgestellt. Sie forderten:

  • Eine Lohnerhöhung auf 15 Dollar pro Stunde
  • staatlich garantierte Rente mit 50 Jahren

  • 100 Prozent Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
  • Abgabe des Konzerns an die Stadt für den Aufbau von Infrastruktur im

    Sinne der Bevölkerung

  • volle technische Sanierung und Aufbau der Produktion in den Minen

Metallalbeiter schließen sich an

Ähnliche Probleme wie die Bergarbeiter hatten auch die Arbeiter des Stahlwerkes in Timirtau: Arbeit für einen Niedriglohn (100-200 Euro), nicht bezahlte Überstunden und Personalabbau. 80 Prozent aller Stahlarbeiter sind wegen ihres Niedriglohnes hoffnungslos überschuldet. Gleichzeitig steigerte das Stahlwerk in den letzten 10 Jahren die Produktion um 380 Prozent. Bei den Arbeitern kam davon nichts an. Inspiriert von den Bergarbeitern organisierten die Stahlwerker am 30. September eine Demonstration. Die Gewerkschafter und Arbeiter machten in ihren Reden deutlich, dass nicht die Arbeiter an Unfällen schuld sind, sondern das Management. Denn dieses betreibt eine absolute Ausbeutung von Menschen, Maschinen und Rohstoffen, investiert aber gar nichts in die Fabriken, Maschinen und das Arbeitsmaterial. Die Demonstration war unglaublich beeindruckend, die Arbeiter aller Abteilungen zeigten ein riesige Entschlossenheit und festen Zusammenhalt. Auch die Bergarbeiter sendeten Solidaritätsdelegationen zur Demonstration der Stahlwerker.

Die Gewerkschaftsführung der Stahlwerker schlug vor eine Arbeiterdelegation nach London zu schicken um mit dem Konzernboss Lakshmi Mittal zu sprechen. Die Arbeiter indes lehnten dies ab, sie waren der Meinung sie bräuchten ebenso radikale Maßnahmen wie die Bergarbeiter. Viele forderten Streiks und Betriebsbesetzungen.

Repressionen gegen die Arbeiter und linke AktivistInnen

Die Gewerkschaftsbosse hatten Angst vor der Radikalisierung der Stahlarbeiter. Ihr Motto war „Mit Politik haben wir nichts am Hut“. Aus Angst vor einer Radikalisierung des Protestes untersagten die Gewerkschaftsbürokraten den Bergarbeiterführer Pavel Schumkin vor den Stahlarbeitern zu sprechen. Der Werkschutz wollte den Aktivisten vom Betriebsgelände entfernen, doch die einfachen Arbeiter beschützen ihn. Während der Demonstration wurden alle radikalen linken AktivistInnen verhaftet. Unter anderem AktivistInnen der SAV Schwesterorganisation „Sozialistischer Widerstand Kasachstan“ und der linke Flügel sogenannten „Kommunistischen Partei“. Unter den Verhafteten befanden sich Ainur Kurmanow, Alexandr Bondarenko, Andrei Zukanow, Aleksei Borisov und Viktor Okschin.

Gewerkschaftsaktivist starb

Am Abend wurden alle Verhafteten frei gelassen, aber die Polizisten beobachteten weiter die linken AktivistInnen. Sie verhafteten andere und bedrohten diese. In Folge des Drucks starb der Gewerkschaftsaktivist Viktor Okschin an einem Herzinfakt. Ainur Kurmanov (Aktivist von „Sozialistische Widerstand Kasachstan“) befindet sich unter polizeilichem Hausarrest. Die kasachische Regierung hat inzwischen Angst, dass Informationen über die Proteste und die Repressionen an die Öffentlichkeit kommen. Deswegen ist die Homepage von „Sozialistischer Widerstand Kasachstan“ von ihr vorübergehend geschlossen worden.

Streiks gehen weiter

Obwohl die Repressionen unglaublich hart sind, zeigen sich die Arbeiter kämpferisch. Ainur Kurmanow berichtet von einer unglaublich guten Stimmung unter den Arbeitern. Sie wollen so einfach nicht aufgeben. Die Kollektive – sie bestehen vorwiegend aus jungen Arbeitern – bekommen viel Solidarität aus der Bevölkerung. Die offiziellen Gewerkschaftsführungen, die Topmanager und sogar der Bürgermeister und die Minister können den Arbeitern keine Angst mehr einjagen.

Derzeit ist es sehr schwierig Informationen aus der Stadt zu bekommen. Bekannt ist jedoch das die Bergarbeiter und die Stahlwerker weiter kämpfen. Die Stadtverwaltung und das Topmanagement versuchten einen faulen Kompromiss zu erzielen. So schlugen die Manager vor das die Lohnerhöhung abhängig gemacht wird von der Einhaltung des Produktionsplans. Die Arbeiter durchschauten diesen Plan und lehnten das Angebot ab.

Solidarität nötig

Jeden Tag gibt es Treffen der streikenden Bergarbeiter mit lebendigen Diskussionen. Für ihren Kampf benötigen die Bergarbeiter und auch die Stahlwerker internationale Solidarität und Unterstützung. Solidaritätsbriefe und Protestbriefe können den Arbeitern helfen nicht nur ihre Forderungen durchzusetzen sondern auch sie vor weiteren Repressionen zu schützen.

Solidaritätsbriefe bitte schicken an:

Pavel Shumkin, inoffizieller Führer der streikenden Bergarbeiter (ist bereits bekannt durch seine Teilnahme am Bergarbeiterstreik 1989)

Pavel Shumkin, Loboda St., 13, Apt. 49, 100000, Karaganda, Republic of Kazakhstan.

Telefon ++7 3212 41 36 04, Handy ++7 705 574 75 91.

Oder via E-mail an: pshumkin@yandex.ru

Kopien bitte an: Sozialistischer Widerstand Kasachstan, kri-ainur@mail.ru und ainur1917@yandex.ru

Spenden bitte an

PSK 72620353 (wir leiten das Geld ohne Bankspesen etc. weiter)

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