Di 01.04.1997
Die österreichischen Fluggesellschaften AUA und Lauda fusionieren. Doch während sich die Mangager beider Unternehmungen schon einig über Sozial- und Personalabbau sind, liefern sich AUA- und Lauda-Betriebsrat ein trauriges Medien-Gefecht.
Am 1.4. wird der Luftraum völlig dereguliert: Die EU öffnet die Mär-kte radikal, auch für Binnenflüge. Die “österreichischen” Luftfahrt-Konzerne reagieren: AUA steigt mit 36 % bei Lauda Air ein und übernimmt die Führung des Konzerns. Die Lufthansa behält nur 20 % Anteile an der Lauda Air, Lauda selbst bleibt Vorstandsvorsitzender mit 30 % der Anteile. Aber die AUA hat die Option, auf eine deutliche Mehrheit der Anteile aufzustocken und Laudas verbliebene 30 % auch gegen seinen Willen zu erwerben.
Warum vereinigen sich „Todfeinde“?
Die AUA baut seit Jahren Millionen-Verluste. Die Lufthansa versuchte, mit der Lauda Air die AUA vom Markt zu verdrängen. Alle drei Airlines konnten die Spuren dieses Verdrändungswettbewerbes in ihren Bilanzen sehen. Aber nun ist alles anders: Man will - zum Nutzen aller Eigentümer - kooperieren: gegen die drohende Konkurrenz aus anderen EU-Ländern und den USA. Die AUA hält außerdem 42,9 % an der Tyrolean Airlines. So kommt schließlich der neue Konzern auf eine Größe, die im europäischen Mittelfeld liegt (77 Flugzeuge und 6.120 Beschäftigte). Alle erwarten sich niedrigere Kosten und höhere Profite für die Aktionäre. Die Lufthansa ließ durch die berüchtigte Unternehmensberatung McKinsey die Lauda Air überprüfen. Da die Lauda Air im Vergleich zur AUA geringere Löhne zahlt, fiel in dieser Hinsicht der Befund gut aus. Aber die Lauda Air hätte die AUA nie vom Markt der Linienflüge verdrängen und trotzdem Gewinne abliefern können. Daß die Republik Österreich noch zu 51,9 % Besitzer von AUA ist, ändert nichts daran, daß sich die AUA wie ein “normales” kapitalistisches Großunternehmen benimmt. Die Aktionäre (das sind neben der Republik auch verschiedene Banken, die Städtische Versicherung, Air France, All Nippon Airways, Swiss Air und 12,6 % Streubesitz) fordern Profit . Das betrifft vor allem die Sicherheitsmaßnahmen und Löhne. Von 93 bis 96 wurden die Kosten für die Flugzeugwartung um 300 Millionen und die Personalkosten um eine Milliarde Schilling pro Jahr gesenkt. Das AUA-Management provozierte durch ihr radikales Vorgehen sogar einen kurzen Streik des Flugpersonals. Die Betriebsräte stimmten schließlich einem massiven Lohnverzicht zu, “damit die AUA konkurrenzfähig bleibt”.
Belegschaften unter Druck
Der Betriebsrat des Bordpersonals der AUA, Albin Schwarz, ist kritisch gegenüber der Beteiligung, weil Lauda für ihn ein unsicheres Geschäft ist. Er befürchtet, daß nun - nachdem der BR Reallohnsenkungen hingenommen hat - weitere Verschlechterungen ins Haus stehen. Die AUA könnte nun die billigeren Leute von der Lauda Air einsetzen. “Wenn ein Luftfahrtunternehmen mehrere Tochter-Airlines hat, dann werden die Mitarbeiter gegeneinander ausgespielt.” Trotzdem er dies erkennt, grenzt er sich und die AUA als Ganzes gegenüber der Lauda Air und ihren Beschäftigten ab. Keine Angebote an die Lauda-Betriebsräte zur Zusammenarbeit, keine weitergehende Strategie zur Verhinderung des - wahrscheinlichen - Personalabbaus. Hier wäre eine internationale Herangehensweise gefragt - zum Beispiel mit den Beschäftigten der Air France, die schon harte Arbeitskämpfe gegen Deregulierung, Lohnverzicht und Kündigungen geführt haben.
Der Lauda-Betriebsrat Boden, Peter Niderl, verfaßte einen “offenen Brief”, in dem er sein “gänzliches Unverständnis” darüber ausdrückt, daß Schwarz sämtliche Mitarbeiter der Lauda Air “als unqualifizierte Billigkräfte abstemple”. Niderl ist der Meinung, daß die Divergenzen im Kostenniveau nicht aus einem unterschiedlichen Bildungsstand resultieren. Vielmehr würden die meisten Lauda Air-Mitarbeiter einen wesentlichen Motivationsfaktor in der Unternehmenskultur der Lauda Air sehen. (!) Das ist ja wohl nicht zu fassen: Lauda selbst ist ein deklarierter Gewerkschaftsfeind. Hier siegt bei beiden Betriebsräten der Firmen-Chauvinismus. Auf diese Weise wird das Management des neuen Konzerns keine Schwierigkeiten haben, die Beschäftigten weiterhin gegeneinander auszuspielen. Dagegen hilft nur SOLIDARITÄT innerhalb der Belegschaften, egal wie das Unternehmen jetzt heißt oder wem es gehört.