Angriffe auf Streikrecht nehmen zu

Sonja Grusch

Am Valentinstag gaben sich die Beschäftigten der Privatkrankenanstalten nicht mit Blumen oder Klatschen zufrieden, sondern traten in einen Warnstreik, um ihre Forderung nach besserer Bezahlung zu unterstreichen. In den Medien wurde darauf hingewiesen, dass “die Arbeitgeber sich ans Bundeseinigungsamt gewendet haben”. Klingt harmlos, nach Mediation oder Streitschlichtung. Ist aber gefährlich und muss im Zusammenhang mit diversen Angriffen auf Arbeitsrechte gesehen werden. Just in dem Moment, wo Streiks als Kampfmittel zurückkommen, versuchen Unternehmen den Staat zum Eindämmen derselben zu nutzen.

In vielen Ländern versuchen Regierungen, das Recht zu streiken per Gesetz oder Verordnung einzuschränken. Die Argumentation ist stets dieselbe: Es müsse das “Gemeinwohl” geschützt werden. In den USA wurde mit dem Argument der “kritischen Infrastruktur” ein Streik bei der Bahn für bezahlte Krankenstandstage durch Biden und Kongress verboten. Den Beschäftigten wurde vom Kongress ein neuer Vertrag aufgezwungen, weiter ohne bezahlten Krankenstand. In Britannien plant die Regierung ein “Minimum Service Gesetz”, damit „öffentliche Dienstleistungen Basisfunktionen aufrechterhalten können“. Im Klartext: Streiks bei der Bahn und im Gesundheitswesen sollen verboten werden. In Neufundland wollte die Regierung mit ähnlichen Argumenten den Streik von Ambulanzfahrer*innen aushebeln. Im Juli 22 verbot die norwegische Regierung einen Streik der Ölarbeiter*innen. Diesmal diente die “Energiekrise” als Vorwand. Die selben Regierungen, die die öffentlichen Dienstleistungen ausbluten, kriminalisieren Beschäftigte, die sich gegen die Folgen wehren. 

Das Bundeseinigungsamt gehört zum Arbeitsministerium, dort herrscht Martin Kocher von der ÖVP, bekannt für Angriffe auf die Rechte von Beschäftigten. Wer glaubt, dass eine “Schlichtung” zu Gunsten der Beschäftigten ausginge oder auch nur “objektiv” wäre, irrt gewaltig. Der Vorstoß beim Streik in den Privatkrankenanstalten kann rasch zum Versuch der Unternehmen werden, das Streik- und auch das Kollektivvertragsrecht auszuhebeln. Zugunsten der Interessen von Unternehmen drängt der Staat die Rechte von Beschäftigten zurück. Es beginnt mit solchen Testballons, gehen die durch, kommt mehr.  

Rechte verteidigen und weiter gehen

Dass die Gewerkschaftsführung wenig beunruhigt ist, liegt auch daran, dass sie - trotz gegenteiliger Erfahrungen - an einen gerechten, neutralen Staat glaubt. Immer wieder hofft sie, dass Behörden, Ministerien, Gerichte und Regierung “fair” und “gerecht” agieren würden. Es stimmt, dass Arbeiterkammer und Gewerkschaft immer wieder Verfahren für Beschäftigte gewinnen. Doch am großen Ganzen ändert das nichts, nämlich dass die Rechte von Beschäftigten ständig angegriffen werden und verteidigt werden müssen: Die 60-h-Woche, Prekarisierung auch im Öffentlichen Dienst und eine Regierung, die zur “Mäßigung” bei Lohnrunden auffordert. In Britannien haben die Gewerkschaften die aktuelle Streikwelle nach den Drohungen der Regierung nicht eingestellt, sondern um die Verteidigung des Streikrechtes erweitert.

In Österreich ist das Streikrecht aktuell weiter gehend als in manch anderen Ländern, Schritte in Richtung “Schlichtung” würden es einschränken, aber auch der Gewerkschaftsführung die Ausrede geben, noch weiter zu bremsen.  

Doch es gibt keine “Schlichtung” und kein Ergebnis in einem Arbeitskampf, das für beide Seiten gut ist. Es mag platt klingen, aber Firmen wollen, dass wir immer mehr arbeiten für immer weniger Geld, Beschäftigte brauchen eine Arbeitszeitverkürzung und mehr Geld. Wer sich durchsetzt, ist eine Frage der Stärke, nicht der Gesetze. Insofern müssen wir jeden Angriff auf unsere Rechte bekämpfen, dürfen uns aber von rechtlichen Beschränkungen nicht davon abhalten lassen, für unsere Rechte zu kämpfen!

 

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