Di 20.12.2005
Sei es beim Kampf gegen Rassismus und Faschismus oder bei der Suche nach einer Gesellschaftsalternative - der Anarchismus gewinnt gerade unter einer Schicht von Jugendlichen wieder an Attraktivität. Dies ist auch erst einmal nicht verwunderlich. Sie sind schon lange abgestoßen von der Politik von SPD und Grünen und inzwischen auch vom reformistischen Anbiederungskurs der PDS.
Durch den Stalinismus (das System in der DDR oder anderen „Ostblock-Ländern“) ist die System-Alternative ‚Sozialismus‘ in Verruf geraten, und da es heute keine starke sozialistische Kraft gibt, bleiben diese Vorurteile oft erst einmal bestehen. In dieser Situation wirkt das scheinbar radikale und kompromisslose Angebot der AnarchistInnen als Alternative.
Radikale Lösungen sind tatsächlich nötig, um Rassismus, Faschismus, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit ursächlich zu bekämpfen. Doch bietet der Anarchismus diese Lösungen?
Eine genaue Betrachtung des Anarchismus ist notwendig, die zeigen wird, dass er keinen Ausweg aus der Misere der Arbeiterklasse aufzeigt.
Was überhaupt ist Anarchismus und wie stehen MarxistInnen dem gegenüber?
Das Wort „Anarchie“ kommt aus dem griechischen und bedeutet Herrschaftslosigkeit.
1840 wurde dieser Begriff erstmalig (nach heutigem Wissenstand) von dem Franzosen Proudhon genutzt. Anarchie steht für die Ablehnung jeglicher Autorität. Dies bedeutet nicht unbedingt Ablehnung von Organisationen - viele AnarchistInnen sahen und sehen die Notwendigkeit der Bildung einer Organisation, die anarchistische Ideen propagiert und anarchisch handelt.
Es gibt nicht DEN Anarchismus - kein einheitliches Weltanschauungsbild, sondern unterschiedliche Strömungen, die teilweise aufeinander aufbauen und sich zum Teil auch ausschließen. Die verschiedenen Varianten des Anarchismus lassen sich nicht starr voneinander trennen, sondern verfließen oft.
Kommunistischer Anarchismus
Der kommunistische Anarchismus jedoch entwickelte sich zur Hauptbewegung seit 1880. Ist es Zufall, dass gerade der kommunistische Anarchismus an Bedeutung gewann?
Nein, denn es spiegelte nur die Stimmung und das sich radikalisierende Bewusstsein der Arbeiterklasse Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts wider. Nachdem Karl Marx und Friedrich Engels mit dem Kommunistischen Manifest (1848) einen programmatischen Meilenstein im Kampf der Arbeiterklasse gegen ihre Unterdrücker gesetzt hatten, musste die anarchistische Bewegung sich an diesen Ideen messen lassen und wurde zu Teilen stark davon beeinflusst.
Nicht zuletzt die Russische Revolution 1917 zog viele anarchistisch Gesinnte an die Kommunistische Internationale. Der deutsche Anarchist Erich Mühsam zum Beispiel wurde 1919 Mitglied der KPD. Die erfolgreiche Revolution 1917 war der beste Beweis der Richtigkeit der Ideen des Marxismus. Doch durch die ausbleibenden revolutionären Erfolge auf internationaler Ebene, vor allem auch durch die gescheiterte deutsche Revolution 1918 kam es zur Isolierung der russischen Revolution und dadurch zur Entartung der Arbeiterdemokratie in Russland. Viele AnarchistInnen besannen sich da wieder auf ihre alten – eigentlich schon über Bord geworfenen Ideen – und kritisierten nicht den Stalinismus, sondern den Marxismus als vermeintliche Ursache für die Entartung der russischen Revolution.
Gemeinsamkeiten
Da der Anarchismus seine Wurzeln in der Suche nach Befreiung der Unterdrückten hat, ergeben sich viele Gemeinsamkeiten mit dem Marxismus. Die Vorstellung von einer klassenlosen Gesellschaft ohne Unterdrückung, ohne bürgerliche Normen oder Institutionen, ohne bürgerliche Zwangsgesetze oder „klassischem Familienbild“, ohne Geld ... all´ das verstehen MarxistInnen unter Kommunismus und in den Augen der AnarchistInnen ist es eben Anarchie.
Räumen wir auch gleich einmal auf mit dem Vorurteil, dass Anarchie gleichbedeutend wäre mit Chaos oder den schwarzen Blöcken auf heutigen Antifa-Demos.
So schreibt der russische Anarchist Berkman (1870-1936) „Anarchismus ist das genaue Gegenteil von dem. Es bedeutet nicht Bomben, Unordnung und Chaos. Es bedeutet nicht Raub und Mord. Es bedeutet, dass alle Menschen Brüder sind und dass sie leben können wie Brüder, in Frieden und Harmonie“ (aus „Die Idee ist entscheidend“).
In diesem Punkt sind sich auch alle grundlegend einig – das Ziel ist eine freie, friedliche Welt. Doch die Frage wie dort hinzugelangen ist, öffnet tiefe Gräben zwischen AnarchistInnen und MarxistInnen.
Unterschiede
Ein entscheidendes Mittel des Anarchismus ist die „Propaganda der Tat“. Dies bedeutet, durch Terror/Gewalt Ungerechtigkeiten zu rächen und dem Feind Furcht einzujagen. Außerdem soll dadurch auf das Böse, gegen das die Tat gerichtet war, aufmerksam gemacht werden. Die kommunistischen Anarchos lösten sich schon von diesem Prinzip. Auch die SyndikalistInnen setzten eher auf Besetzungen, Boykotts oder Streiks anstatt „Terrorakte“. Trotzdem gab es immer wieder ein Aufleben dieser Ideen – zum Beispiel durch Gruppen wie RAF (Rote Armee Fraktion).
Doch egal ob im 19., 20, oder 21. Jahrhundert – das individuelle Heldentum ist nicht in der Lage die Kraft und Macht der Masse der Arbeiterklasse zu ersetzen. Statt Anschlägen bedarf es einer kollektiven Organisierung der Jugendlichen, KollegInnen, Arbeitslosen, ...
Aufgabe muss es sein, durch systematische Arbeit, gemeinsame Diskussionen und Kämpfe, den Suchenden eine Alternative aufzuzeigen. Die einzige Kraft, die in der Lage ist, kollektiv zu produzieren und somit eine sozialistische Gesellschaft Wirklichkeit werden zu lassen, ist die Arbeiterklasse. Und diese muss befähigt werden, ihren Kampf selbst zu führen.
Frage des Parlaments
Der Anarchismus gibt sich radikal. Arbeit in Parlamenten? Niemals! und „Keine Macht für niemand“. Das hört sich gut an, bedeutet aber, sich vor komplizierteren Aufgaben des Klassenkampfes zu drücken. Es ist nämlich schwieriger, das Parlament als Tribüne zu benutzen und dem Druck dieser Umgebung nicht nachzugeben. Für MarxistInnen heißt eine Position im Parlament, die Heuchelei der Herrschenden und ihre Skandale aufzudecken. Dies bedeutet natürlich niemals, eine Koalition oder Burgfrieden mit den etablierten Parteien zu schließen, sondern aufzuzeigen, wie diese den Ausverkauf der Interessen der Jugend, ArbeiterInnen, RentnerInnen, ... betreiben. Die entscheidende Frage ist immer: Welcher Weg ist nötig, um die Interessen der Arbeiterklasse konsequent zu erkämpfen und den Kapitalismus abzuschaffen. Genau das „vergessen“ die AnarchistInnen, denn keine Macht für niemand heißt heute alle Macht für die da oben!
Rolle der Partei
Die russische Revolution 1917 hat deutlich gemacht, wie wichtig eine revolutionäre, organisierte Kraft ist. Es reicht nicht aus, wütende Massen zu haben, sondern es bedarf auch erfahrener KämpferInnen, die in allen Betrieben, Wohnvierteln, Unis, die überall im Land zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Vorschläge machen. Um dies gewährleisten zu können, ist der Aufbau einer Organisation mit klarem Programm und Strukturen nötig – dies jedoch widerstrebt den AnarchistInnen völlig. Sie reden von „freiheitlichen Vereinigungen“ und davon, dass die „anarchistische Organisation offen und flexibel“ ist („Kleiner Leitfaden...“)
Doch genau dieser Pluralismus, mit dem sie Ungerechtigkeiten und Fehlentwicklungen in der Organisation vermeiden wollen, führt zu selbigen. Wie werden Entscheidungen gefällt, wer setzt diese um und was ist mit Minderheitenpositionen, wenn es keine Einigkeit gibt?
Sehen wir uns einen Streik an, dann wird deutlich, wie „autoritär“ und gleichzeitig demokratisch dieser Akt ist. Die Mehrheit der KollegInnen beschließt diesen Kampf und wählt sich ein Streikkomitee, welches oberstes Gremium und „Autorität“ des Streiks ist. Zusammen stellen sie sicher, dass niemand diesen Streik torpedieren kann. Gibt es KollegInnen, die gegen den Streik sind und sind diese in der Minderheit, müssen sie sich fügen.
So können wir uns auch den prinzipiellen Aufbau einer revolutionären Partei vorstellen. Sie ermöglicht breite, ausführliche Diskussionen und eine demokratische Beschlussfindung einerseits. Und sie gewährleistet andererseits auch die Umsetzung dieser Mehrheitsbeschlüsse.
Ursache und Wirkung
Doch hier wird von den AnarchistInnen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Für AnarchistInnen sind Parteien autoritäre Gebilde, die stets undemokratisch sind. Die Erfahrungen mit den traditionellen Arbeiterparteien, deren Führung immer wieder die Ideen der ArbeiterInnen verraten hat, bestärkten die AnarchistInnen in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Parteien.
Diese Herangehensweise treffen wir auch bei der Betrachtung von Regierungen an. In den Augen der AnarchistInnen sind Regierungen an sich nicht nur Ausfluss der jeweiligen wirtschaftlichen Machtverhältnisse, sondern das Übel schlechthin. Somit gilt es auch dieses als erstes zu zerstören.
Der russische Anarchist Berkman schreibt dazu:
„Was also muss verschwinden, um die Freiheit zu sichern? Zuerst selbstverständlich das Ding, das am meisten in dein Leben eindringt, dass deine freie Aktivität behindert oder verhindert. Dieses Ding ist die Regierung. Sie füllt die Welt mit Gestalt, mit Betrug und Verrat, mit Unterdrückung und Elend“ („Die Idee ist entscheidend“).
Noch deutlicher wird die Verwechslung von Ursache und Wirkung in folgenden Zeilen: „Du siehst also, dass die Abschaffung der Regierung auch das Verschwinden von Monopol und persönlichem Besitz der Produktions- und Verteilmittel zu Folge hätte“ (Berkman).
Mit dieser Sichtweise ist es nicht unlogisch, dass ein Teil der AnarchistInnen ein Wegbomben der Regierungen als Lösung ansehen. Doch leider ist es auch hier wieder schwieriger. Erinnern wir uns, dass Lenin sagte „Politik ist konzentrierte Ökonomie“. Eine Regierung spiegelt nur die wirtschaftlichen Besitzverhältnisse der Klassengesellschaft wider. Die soziale Revolution ist nötig - also die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln. Dies bedeutet die Überführung der Banken und Konzerne in gesellschaftliches Eigentum unter Arbeiterkontrolle und –verwaltung und die Organisierung einer demokratischen Planwirtschaft.
Staatsfrage
Der ganze Staatsapparat, Militär, Polizei, Gesetze, Gerichte..., all‘ das dient in der heutigen Gesellschaft letztlich den Machtinteressen der Kapitalisten und gehört abgeschafft. Nach Auffassung der MarxistInnen müssen die alte bürgerliche Regierung und der alte bürgerliche Staatsapparat durch eine Arbeiterregierung und einen Arbeiterstaat ersetzt werden, um die Revolution zu verteidigen und die geplante Wirtschaft auf allen Ebenen demokratisch zu organisieren und die Voraussetzungen für eine klassenlose Gesellschaft zu schaffen.
Doch schon hier kommen wieder die ersten Ungereimtheiten bei den anarchistischen Ideen auf. „Jegliche Staatsform muss weg“ ist das Ziel der AnarchistInnen – doch wie? Um einen klaren Weg vor Augen haben zu können, ist es natürlich notwendig, die Rolle und Aufgaben des Staates zu verstehen.
Friedrich Engels beschrieb den Staat folgendermaßen: „Da der Staat entstanden ist aus dem Bedürfnis, Klassengegensätze im Zaum zu halten, da er aber gleichzeitig mitten im Konflikt dieser Klassen entstanden ist, so ist er in der Regel Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittels seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse.“
Mit der Machtergreifung der Arbeiterklasse nun ergreift das Proletariat „die Staatsgewalt und verwandelt die Produktionsmittel zunächst in Staatseigentum. Aber damit hebt es sich selbst als Proletariat, damit hebt es alle Klassenunterschiede und Klassengegensätze auf, und damit auch den Staat als Staat. Der erste Akt, worin der Staat wirklich als Repräsentant der ganzen Gesellschaft auftritt - die Besitzergreifung der Produktionsmittel im Namen der Gesellschaft – ist zugleich sein letztes selbständiger Akt als Staat“ (aus Engels „Anti-Dühring“, S. 301 ff).
Übergang
Der Marxismus bedeutet also nach der Revolution die bewusste Abschaffung des bürgerlichen Staates und die Errichtung des Arbeiterstaates. Marx beschreibt es als „Periode der revolutionären Umwandlung“. Doch entgegen den Verleumdungen der AnarchistInnen steht der Marxismus nicht für die Institutionalisierung dieses Staates oder den Aufbau einer Bürokratenriege wie früher in der DDR oder Osteuropa. Ganz im Gegenteil – der Arbeiterstaat unterscheidet sich von allen stalinistischen Fratzen und natürlich vom bürgerlichen Staat. Er basiert auf der politischen Beteiligung der großen Mehrheit vermittels der Räte, in denen es demokratische Kontrolle und Rechenschaftspflicht gibt. In denen Funktionäre keinerlei Privilegien haben dürfen, und nicht mehr als einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn bekommen. Es wird der gerechteste und demokratischste Staat sein, der je existierte – und er bereitet die Grundlage für sein eigenes Absterben. Vielleicht werden AnarchistInnen fragen, weshalb es denn überhaupt diesen Arbeiterstaat geben muss, wo er doch sowieso abstirbt.
Aber nach Meinung von MarxistInnen kann die sozialistische Gesellschaft (für AnarchistInnen = Anarchie) nicht unmittelbar die kapitalistische Gesellschaft ablösen. Dazwischen liegt eine Phase des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. Die sich entwickelnde sozialistische Gesellschaft wird eine Gesellschaft ohne Armut oder Mangel, ohne Krisen und Kriege sein. Sie wird sich jedoch noch mit den alten, über Jahrhunderte und Jahrtausende vermittelten Traditionen der Klassengesellschaft auseinander zusetzen haben.
Die kommunistische Gesellschaft wird dann eine noch höhere Stufe menschlicher Gesellschaft sein. Dort sind die Menschen nicht nur frei von allen materiellen Beschränkungen, sondern auch frei von allen Beschränkungen durch traditionelle Normen und Vorstellungen. Dies zu erreichen gelingt aber leider nicht von heute auf morgen.
Aus der Geschichte wissen wir auch, dass die Kapitalisten alles versuchen werden, um ihre Macht zurückzuerobern, auch mit Gewalt. Sie werden die reaktionären Kräfte im Lande selbst mobilisieren und von den kapitalistischen Ländern Unterstützung bekommen, in denen die Revolution noch nicht gesiegt hat. Genau das geschah nach der Revolution in Russland 1917.
Sobald aber der Sozialismus weltweit über den Kapitalismus gesiegt haben wird, gibt es keine Kapitalistenklasse mehr, gegen die sich zu verteidigen nötig wäre. Denn die ehemaligen Kapitalisten wären ihrer heutigen Machtmittel beraubt, ihrer Fabriken und Banken. Sie wären ihres Kapitals beraubt, mit dem sie ja jetzt ständig drohen, es nicht oder im Ausland zu investieren. Und sie könnten nicht mehr über ihren alten Staatsapparat verfügen.
Idealismus oder Materialismus?
Es gibt eine weitere Diskrepanz zwischen Marxismus und Anarchismus – die Philosophie des Idealismus.
Die Bedingung zur Erreichung der Freiheit ist für die Verfechter des Anarchismus ein besseres Wesen. Gelernt werden kann und soll das in „freien Kommunen“. Laut Berkman heißt es „wenn Dein Ziel ist die Freiheit zu sichern, so musst Du lernen ohne Autorität und Zwang zu leben. Wenn Du beabsichtigst, mit deinem Nächsten in Frieden und Harmonie zu leben, müsst ihr Brüderlichkeit üben und Respekt voreinander haben. Dieser Geist kann nicht über Nacht geboren werden. Es ist ein Geist der kultiviert, gepflegt und gezüchtet werden muss, wie eine wunderbare Blume.“
Also lasst uns alle anstrengen und lieb zueinander sein? Schade bloß, dass es da auch noch materielle Abhängigkeiten gibt – und nicht jede Familie mal gerade in einer Bauernkommune für den Sozialismus üben kann. Nicht alle AnarchistInnen formulieren ihren Idealismus so platt, aber alle geben sich mehr oder weniger der Illusion hin, schon im Kapitalismus den „sozialistischen Menschen“ schaffen zu können.
Das Sein bestimmt das Bewusstsein
Der Kapitalismus jedoch setzt die Menschen in Konkurrenz zueinander. Gleichzeitig machen die arbeitenden Menschen die Erfahrungen, dass sie nur durch solidarisches Handeln, nur durch gemeinsamen Kampf ihre Interessen verteidigen können. Im Gegensatz zur idealistischen Herangehensweise des Anarchismus sagt der Marxismus, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Wenn wir also den von den AnarchistInnen anvisierten „Geist“ erreichen wollen, müssen wir die materiellen Grundlagen dafür schaffen.
Schaffen wir das kapitalistische Konkurrenzsystem ab, dann hört auch das Konkurrenzdenken auf. Schaffen wir also die Grundlagen für ein Leben, in dem jede/r nach den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten leben, lieben, arbeiten kann. Dann wird sich auch ein entsprechend hohes Bewusstsein (Geist) entwickeln – aber nicht umgekehrt.
Kleinbürgertum
Die anarchistische Strömung spiegelt die Lösungssuche des Kleinbürgertums wider. Gezogen durch die starken sozialistischen Kräfte Ende des neunzehnten und Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts orientierte sich das Kleinbürgertum (Handwerker, Bauern, kleine Selbständige, Akademiker,...) an der Arbeiterklasse und entwickelte zwar linke Ideen, die jedoch immer wieder die Realitäten der Arbeiterklasse außer Acht ließen.
Statt Antworten auf die Probleme des Industriearbeiters oder der Angestellten im Dienstleistungsbereich zu geben, fordern AnarchistInnen ihre Selbstbestimmung, dezentrale Höfe und Produktionsstätten und den Tauschhandel. Dies ist ein Ignorieren der Entwicklung der Menschheit.
Der Marxismus dagegen zeigt genau die Möglichkeiten auf, die sich aus der ständig entwickelnden Industrie, den Forschungen und Entdeckungen ergeben, wenn nicht mehr im Interesse einer Minderheit oder nach dem maximalen Profit gewirtschaftet und regiert wird.
Sozialistische Alternative
Wir bauen mit der SAV (deutsche Schwesterorganisation der SLP, Anm.) und unserer internationalen Organisation, dem Komitee für eine Arbeiterinternationale (engl. CWI) eine Kraft auf, die die Idee des Sozialismus befreit von ihrer Diskreditierung durch den Stalinismus. Wir bauen eine Kraft auf, die sich von allen bürgerlichen oder reformistischen Parteien unterscheidet – und konsequent die Interessen der breiten Masse der Bevölkerung vertritt. Der Kapitalismus ist schon lange wie eine überreife, besser verfaulte Frucht, die es gilt abzuschütteln. Mit der Methode des Marxismus wird es gelingen, den Garten zum Blühen zu bringen.
Wir unterbreiten ehrlichen anarchistisch orientierten AktivistInnen ein Angebot zum gemeinsamen Kampf. Wir sind überzeugt, dass denen, die kämpfen wollen und sehenden Auges durch die Welt laufen, die eigenen Erfahrungen als auch die Geschichte den Weg zum Marxismus zeigen werden.