Achtung Falle

Buchkritik
Ali Kropf

Wie wir bereits aus dem Titel erfahren können, dreht sich das Buch des Hamburger VSA-Verlags um die Frage, ob „Teilzeit” ein Weg aus der Krise am Arbeitsmarkt sein kann oder nicht. Die Palette der 16 Beiträge auf knapp 300 Seiten ist breit gestreut. Sie reicht von einer prinzipiellen Standortbestimmung des durchschnittlichen „Normalarbeitstages” über frauenspezifische Aspekte, bis hin zu mehr oder weniger konkreten nationalen Teilzeit- und Arbeitszeitverkürzungs-Initiativen.
Dabei fällt sehr bald die wechselnde Verwendung der Begriffe „Teilzeit” und „Arbeitszeitverkürzung” auf. Was für den einen Autor „Arbeitszeitverkürzung” ist, ist für den anderen noch „Teilzeit” und umgekehrt. Es gibt also keine klare Abgrenzung und Definition dieser Begriffe. Doch genau das ist die „Gretchenfrage”: Denn Teilzeit bedeutet die Reduktion der Arbeitsstunden bei gleichzeitiger Reduktion des Lohnes. Durch den Einkommensverlust wird also nicht Arbeit, sondern Arbeitslosigkeit umverteilt. Unter diesem Aspekt zeigt der Ruf nach „Teilzeit” sein wahres Gesicht – nämlich die Teilzeitfalle! Und in diese sind einige AutorInnen auch getappt. Zum Beispiel, wenn Teilzeit als Ansatzpunkt für eine gerechtere Verteilung der Hausarbeit gebracht wird, ohne die soziale Absicherung in Betracht zu ziehen. Und für viele bedeutet teilzeit-beschäftigt zu sein (alleinerziehende Mütter etc.) dann auch sozialen Abstieg. So wird nur marginal auf die „Spätfolgen” von Teilzeit, wie etwa einer geringeren Pension, eingegangen.
Auch überraschen viele Argumente der AutorInnen: Sie erinnern stark an jene der Wirtschaft. Wir lesen von besserer Ausnützung von Arbeitskraft und Maschinen, Bandbreitenmodellen, flexibleren Arbeitszeiten etc. etc. Es fragt sich also, nach wessen Bedürfnissen sich die AutorInnen orientieren - die der Wirtschaft oder der Beschäftigten?
Der dritte Abschnitt des Buches stellt den interessantesten dar und macht einiges wieder gut. Denn dort werden einzelne Teilzeit- und Arbeitszeitverkürzungsmodelle vorgestellt. Zwar auch abhängig von der/dem jeweiligen AutorIn, wird dort das US-Jobwunder, das dänische und holländische Modell, die 35-Stundenwoche Frankreichs und die ersten „Maßnahmen” (soweit man/frau sie überhaupt so bezeichnen kann) von Tony Blair unter die Lupe genommen und auch „entmystifiziert”. Alles in allem ein durchaus lesenswertes Buch; einerseits ob des letzten Abschnitts und anderseits auch „mahnendes” Beispiel dafür, daß man, wenn man sich in der Frage von Arbeitszeitverkürzung auf die Argumentationslinie der Wirtschaft begibt, sehr schnell auch von dieser eingenommen wird und die für die Beschäftigten und die Gesellschaft wesentlichen Aspekte mehr oder weniger auf der Strecke bleiben.

Teilzeit - Lebensqualität trotz Beschäftigungskrise
Hg. Angestelltenkammer Bremen
VSA-Verlag Hamburg
ISBN 3-87-975-737-2

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