Fr 01.09.2000
Das FBI macht in der tschechischen Hauptstadt Prag eine Zweigstelle – ein Informationsbüro – auf. Alle Schulklassen sind angehalten, eine Woche außerhalb der Stadt zu verbringen. Die Prager Innenstadt wird abgeriegelt. Die Stadtregierung vermietet ein Fußballstadion an eine Privatfirma, die dann Unterkunft für DemonstrantInnen zur Verfügung stellt. Hintergrund? Das Treffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom 26. bis 29. September in Prag.
Die Vorgeschichte: Letzten November hatten Zigtausende in Seattle gegen die WTO demonstriert. Im April gingen gut 20.000 Menschen in Washington gegen IWF und Weltbank auf die Straße. Anfang August ein ähnliches Bild: Jugendliche, GewerkschafterInnen und Umweltschutzorganisationen protestieren parallel zum Wahlkampfauftakt der Republikaner in Philadelphia. Und zwei Wochen später wird auch der Parteikonvent der Demokraten von Protesten begleitet.
Carlos Petroni, Mitglied der US-amerikanischen “Socialist Alternative”, sieht diese Ereignisse als Schwelle zu einer neuen politischen Periode in den USA. “Nicht was an diesen Tagen passiert ist, sondern das, was sich hinter dem tagespolitischen Geschehen verbirgt, macht diese neue Ära aus. Die Ereignisse sind nur die Spitze des Eisbergs”, kommentiert er die Proteste.
Demos gegen das Establishment
Dementsprechend blieben die Demonstrationen in den USA nicht auf IWF & Co. beschränkt. Sie richteten sich auch gegen die etablierten Parteien. Der Unmut über deren Politik kanalisiert sich derzeit im Wahlkampf vom Grünen Präsidentschaftskandidaten Ralph Nader, der einige soziale Fragen aufgegriffen und sich klar gegen die Politik der multinationalen Konzerne ausgesprochen hat.
IWF – Wurzel des Übels?
“Auch in Prag darf nicht nur gegen IWF und Weltbank protestiert werden. Deren Druck auf die tschechische Regierung ist nicht der entscheidende. Der Großteil des Sozialabbaus wird hier im Namen der EU-Osterweiterung durchgeführt”, meint Petr Jindra von der “Socialisticka alternativa Budoucnost” – der tschechischen Schwesterpartei der SLP.
Der Präsident von “Jubilee2000” (kämpft vor allem für die Entschuldung von “3. Welt” – Staaten) rechnet jedenfalls mit größeren Protesten als vor neun Monaten in Seattle. Die Prager Stadtregierung reagiert, zieht Polizei aus dem ganzen Land zusammen und fordert die Bevölkerung auf, während der Demonstrationen ihre Wohnungen nicht zu verlassen. Mit Hilfe von Panikmache soll Polizeigewalt legitimiert werden.
Dabei sein ist alles!
Aus dem gesamten EU Raum, einer Reihe von osteuropäischen Ländern und sogar den USA wird nach Prag mobilisiert. Und zwar gleich zu zwei Terminen. Am 23. und 24. September treffen sich dort Vertreter der G8 (die reichsten 7 Staaten plus Rußland).
Parallel finden Protestaktionen statt, zu denen u.a. 4000 Mitglieder der italienischen Rifondazione Comunista kommen wollen. Am 26. beginnt dann das eigentliche IWF Treffen. Für diesen Tag werden die radikalsten Demonstrationen erwartet – und wir sind mit dabei!
Informationen sind unter www.slp.at und unter 01-524 63 10 zu erhalten.