Mo 01.03.2004
Die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften führte eine erfolgreiche Veranstaltung zur Situation bei der ÖBB in der Werkskantine Wien-Westbahnhof durch.
Zur Erinnerung: Erstmals seit 1950 gab es im Jahr 2003 in Österreich große Streikbewegungen. Vor allem durch den zweiten Arbeitskampf bei der ÖBB wurde spürbar, welche Macht die österreichische ArbeiterInnenklasse mit kämpferischen und demokratischen Gewerkschaften eigentlich hätte. Kurz nach dem plötzlichen Streikabbruch durch die Gewerkschaftsführung der EisenbahnerInnen, kam es am Montag den 17.11. zum (vorerst) letzten Streik der AUA-Belegschaft.
Man braucht nicht viel Fantasie um sich auszudenken, was passiert wäre, wenn die EisenbahnerInnen noch übers Wochenende bis Montag gestreikt hätten. Wir meinen: Der Regierungsentwurf zur Zerschlagung der ÖBB wäre vom Tisch gewesen. Was meinen die Betroffenen selbst?
Mehr Rückhalt als erwartet
Die Veranstaltung der Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften fand am 24.2 statt. Sie begann mit einem Film von Karl Fischbacher (Personalvertreter im öffentlichen Dienst und Mitarbeiter der Plattform) der während des zweiten ÖBB-Streiks, gedreht wurde. Viele Filmszenen „spielten“ am Westbahnhof. Mit Gabriele Schaufler, einer ehemaligen Versehrtenvertrauensfrau und Franz Murtenthaler Mitglied des Vertauenspersonenausschuss’ (Personalvertreter) am Westbahnhof kamen zwei aktive GewerkschafterInnen zu Wort. Verstärkt wurde das Podium mit Peter Gugerell, Pilot und langjähriger Bordbetriebsrat bei der AUA, und Michael Gehmacher (Betriebsrat und SLP-Mitglied) als Vertreter der Plattform. Gabriele Schaufler schilderte in ihrer Einleitung die Situation als Streikposten. Sie machte deutlich, wie sie anfangs von vielen positiven Reaktionen der „Nichteisenbahner“ überrascht wurde. Die massive Hetze gegen die EisenbahnerInnen in Tageszeitungen und Fernsehen hätte Anderes vermuten lassen.
Streikabbruch nicht nachvollziehbar
Umso bedauerlicher war es, dass es seitens des ÖGB wenig Informationsmaterial gab. Der mangelnde Informationsfluss wurde von vielen anwesenden EisenbahnerInnen beklagt. Klar wurde aus den Wortmeldungen, dass die EisenbahnerInnen unter der Hetze der Medien leiden, dass die meisten aber von der positiven Dynamik des Streiks überrascht waren. Als Betroffene spürten sie wohl den Gegendruck von Regierung und Wirtschaft, dass Jammern der Wirtschaft führte aber auch die eigene Stärke vor Augen. Dementsprechend war auch das frühe Ende des ÖBB-Streiks für kaum einen Eisenbahner nachvollziehbar. Ein Eisenbahner berichtete er und seine Kollegen hätten vom Streikende aus dem Radio gehört und es anfangs nicht glauben wollen. „Ein Erfolg wurde leichtfertig verspielt“ brachte eine Kollegin den Verrat der GdE-Spitze auf den Punkt.
Gewerkschaftsopposition aufbauen
Deutlich wurde auch das sich Streiks sowenig wie möglich als passives Verharren am Arbeitsplatz, sondern vor allem auf der Straße – also z.B. vor dem Betrieb abspielen - sollten. Aktive Streikposten, Flugblätter verteilen, Solidaritätsbotschaften sind zentrale Elemente einer kämpferischen Streikplanung. Wo aber war der ÖGB? Diese Frage wurde in diesem Zusammenhang immer wieder gestellt. Der Streikabbruch hat der Stimmung sehr geschadet, den aktuellen Dienstrechtsverhandlungen sehen die viele KollegInnen sehr skeptisch und eher frustriert zu. Peter Gugerell berichtete vor allem davon, wie wichtig es ist, dass sich eine kämpferische Belegschaft möglichst unabhängig vom ÖGB organisiert und möglichst viele Entscheidungen über den Streik möglichst selbst entscheidet. Widerspruch gab es allerdings, als er sagte man solle den ÖGB einfach vergessen. Wir meinen, dass es darauf ankommt, wie und in welchem Interesse der Gewerkschaftsbund geführt wird: Ein starker, kämpferischer und demokratischer ÖGB kann am wirkungsvollsten die Interessen aller ArbeitnehmerInnen verteidigen. Dazu ist aber fraktions- und branchenübergreifende linke Gewerkschaftsopposition notwendig. Einigkeit herrschte bei allen darüber, dass sich kämpferische GewerkschafterInnen zusammenschließen müssen. Der 3. April (EGB-Aktionstag) bietet eine erste Gelegenheit dazu. Der ÖGB wird sich auf eine Diskussionsveranstaltung beschränken. Die Plattform für demokratische Gewerkschaften wird mit einer kämpferischen Kundgebung aufzeigen, dass es im ÖGB viele KollegInnen gibt, die damit nicht zufrieden sind.