Di 28.03.2006
Das Aufrollen der „Pazifikgeschäfte“ zeigt: 1) Die BAWAG hat im Wertpapierhandel Milliarden verloren. 2) Durch Refco ist wahrscheinlich mehr weg als ursprünglich veröffentlicht. 3) Die Beziehungen zwischen Teilen des BAWAG-Managements und Refco müssen doch enger gewesen sein als es der ÖGB vor einigen Monaten noch zugegeben hat.
Der - viel zu späte - Rücktritt von Verzetnitsch löst die Probleme des ÖGB nicht. Der - interemistische - Vorsitzende Hundstorfer steht für die Fortführung des Kurses. Die einsame Entscheidung praktisch den gesamten ÖGB für dubiose Karibikgeschäfte zu versetzen, weist auf demokratische und politische Defizite hin, die sehr tief gehen. Sie hängen mit einer - nicht zuletzt durch völlig überzogene Gagen - abgehobenen Gewerkschaftsspitze und der Orientierung auf eine Sozialpartnerschaft zusammen, die längst eine Sozialabbau-„Partnerschaft“ gegen die Gewerkschaftsbasis geworden ist.
Die ÖGB-Führung orientiert sich offensichtlich mehr an den internationalen Finanzmärkte als an den Interessen der Mitgliedschaft. Die finanzielle Situation von ÖGB & Bawag wurde und wird vor der Mitgliedschaft geheim gehalten. Viele Fragen tauchen auf: Ist der ÖGB nach dem Verlust von 20 Milliarden Schilling noch kampffähig? Wie schnell könnte der Streikfonds mobilisiert werden, da dieser angeblich in komplizierten Stiftungskonstruktionen bzw. in Bawag-Anteilen geparkt wurde? Die Vermutung liegt nahe, dass die finanzielle Krise des ÖGB nicht unwesentlich zu seiner extrem lahmen Politik beigetragen hat, weil kein finanzieller Rahmen für Streiks da war.
Volle Aufklärung ist nötig!
Die SLP tritt für eine volle Aufklärung ein - darauf hat die Mitgliedschaft ein Recht. Die BAWAG soll auf ihre Kernaufgaben reduzieren werden, alle Geschäftsabläufe müssen voll transparent und für demokratisch gewählte Gewerkschaftsorgane kontrollierbar sein. Das eine solche demokratische Kontrolle potentielle Geschäftspartner abschreckt, ist für uns irrelevant. Das Vertrauen der ÖGB- Mitglieder und der SparerInnen ist entscheidend! BAWAG und PSK sind wieder zu trennen, und die PSK als vergesellschaftete Postbank zu erhalten. Alle gewerkschaftsnahen Privatstiftungen sind aufzulösen! Die Forderung nach einem durchschnittlichen ArbeitnehmerInnengehalt für GewerkschaftsfunktionärInnen (gilt auch vor Vorstände und Aufsichtsräte einer Gewerkschaftsbank!) ist durch den BAWAG-Skandal aktueller den je!
Wir fordern einen grundlegenden Kurswechsel zu einer kämpferischen Politik. Wir fordern eine Veränderung der inneren Gewerkschaftsstrukturen an Haupt und Gliedern und schlagen daher folgende Sofortmaßnahmen vor:
- Einberufung eines außerordentlichen Gewerkschaftstages binnen vier Wochen der über den zukünftigen Kurs und die Führung des ÖGB entscheidet
- Direkte Wahl der Delegierten auf betrieblicher Ebene. Dort wo das nicht möglich ist, soll dies durch die Ortsgruppen und andere Basisstrukturen erfolgen
- KeinE GewerkschaftsfunktionärIn soll künftig mehr verdienen als einE FacharbeiterIn
- GewerkschaftsfunktionärInnen müssen der Mitgliedschaft gegenüber Rechenschaft über ihre Arbeit und ihre Entscheidungen abgeben - und sie müssen jederzeit wähl- und abwählbar sein.
- 5. Sofortige Lösung der Gewerkschaftsfinanzen aus allen undurchsichtigen, bzw. risikoreichen Finanzkonstruktionen. Vor allem der Streikfonds muss jederzeit verfügbar sein!
- Alle Gewerkschaftsfinanzen und Bilanzen müssen prinzipiell für die Mitgliedschaft einsehbar sein.
- Die Überprüfung der Gewerkschaftsfinanzen ist Aufgabe der Mitgliedschaft - wir weisen alle Versuche von Regierung, UnternehmerInnenorganisationen und gewerkschaftsfeindlichen Gruppen (wie der FPÖ) zurück, die Krise zu missbrauchen, um Angriffe auf die Gewerkschaften an sich zu versuchen.
Viele Gewerkschaftsmitglieder werden sich nun die Frage stellen, ob sie noch länger ÖGB-Mitglied bleiben wollen. Wir verstehen diesen Unmut. Wir denken aber nicht das die Lösung ist, den ÖGB und seine hunderthausenden Mitglieder der jetzigen Führung zu überlassen, sondern für eine neue, kämpferische Führung und Politik einzutreten. Wir laden alle, die auch so denken ein, mit uns im Rahmen der „Plattform für kämpferische und demokratische Politik“ - einem überfraktionellen Zusammenschluss von GewerkschaftsaktivistInnen aus verschiedenen Fachgewerkschaften - für einen solchen Kurs- und Führungswechsel einzutreten.