Fr 07.08.2009
Im Folgenden veröffentlichen wir einen Augenzeugenbericht des Socialist Party-Stadtrats Matt Waine zu den Ereignissen der letzten Woche bei Thomas Cook in der Grafton Street in Dublin. Stadtrat Waine wurde dabei mit 28 Beschäftigten der Filiale in den frühen Morgenstunden des Dienstags, 4. August, in Gewahrsam genommen und zur Bridewell Polizeistation gebracht.
Am Montag, 3. August, fing es um 18.30 Uhr an zu regnen. Ich blickte durch das Fenster der Thomas Cook-Filiale in der Grafton Street, als die Beschäftigten und ihre Gewerkschaftsvertreter gerade miteinander die jüngste gerichtliche Verfügung diskutierten, wonach die Geschäftsräume zu räumen seien, die sie seit Freitag, dem 31. Juli, besetzt hielten. Plötzlich kam es zu heftigen Beifallsbekundungen: Man hatte einmütig dafür gestimmt, die Anordnung des Gerichts zu ignorieren und mit der Besetzung fortzufahren.
Von diesem Moment an war der Konflikt zu mehr geworden als nur einem Disput um Entlassungen, geführt von einer kleinen Gruppe von Beschäftigten. Die Auseinandersetzung hatte sich damit zu einem Kampf zwischen David und Goliath entwickelt, der von jungen, hauptsächlich weiblichen Leuten aus der Arbeiterklasse gegen einen multinationalen Konzerngiganten geführt wird und die Wut hunderttausender von ArbeiterInnen im ganzen Land widerspiegelt, die besteht, weil mit grober Ungerechtigkeit ein Weg eingeschlagen wurde, auf dem die Wirtschaftskrise auf dem Rücken der Lebensbedingungen der „einfachen“ Leute gelöst werden soll.
Was aber noch bedeutsamer ist, ist die Tatsache, dass sich diese ArbeiterInnen in voller Kenntnis über mögliche Konsequenzen ihres Handels (Bußgelder oder Haftstrafen) auf derart mutige Art und Weise und entgegen der Ratschläge ihres Anwalts und ihres Gewerkschaftsvorsitzenden (von der TSSA) entschieden haben. Sie haben in den fünf Tagen, die die Besetzungsaktion andauerte, eine größere Entschlossenheit an den Tag gelegt, als die Gewerkschaftsführer in den letzten 22 Jahren der „Sozialpartnerschaft“.
Keine Alternative zum Kampf
Diesen ArbeiterInnen blieb nichts mehr übrig, als zu bleiben und für ihren Lebensunterhalt zu kämpfen. Als sie das Angebot ablehnten, nach dem sie für jedes Jahr der Beschäftigung für fünf Wochen lang abgefunden werden sollten und statt dessen acht Wochen forderten, kündigte das Unternehmen auf verächtliche Art und Weise an, dass das Angebot damit nun auf zwei Wochen heruntergefahren würde und stellte die geplante Schließung der Filiale schon für den nächsten Monat in Aussicht.
Es wird geschätzt, dass Thomas Cook in diesem Jahr mehr als 400 Millionen Euro Gewinn machen wird. Der Geschäftsführer des Unternehmens, Manny Fontenla-Novoa, erhielt vor kurzem erst eine Gehaltserhöhung von 34 Prozent und eine Bonuszahlung von 7 Millionen. Das war die Belohnung für gesteigerte Gewinne durch die Entlassung von mehr als 2.000 niedrig bezahlten MitarbeiterInnen von Thomas Cook in Großbritannien.
Die Besetzung fand ihr Ende um 5 Uhr morgens, als über 100 Gardai (Polizisten) sich erst 20 UnterstützerInen schnappten, welche vor der Filiale Zelte aufgebaut hatten, um danach unter Einsatz eines Rammbocks in die Filiale einzudringen und alle - einschließlich mir, die sich in der Geschäftsstelle befanden in Gewahrsam zu nehmen. Bei diesem Hardliner-Vorgehen handelt es sich um den Versuch des Staates, aus dem Fall der Thomas Cook-Beschäftigten ein Exempel zu statuieren: Eine Warnung an andere, ja nicht dasselbe zu versuchen!
Es erfuhr aber ganz und gar nicht jeder diese Art staatlicher Behandlung. Während 28 Thomas Cook-Beschäftigte und ihre UnterstützerInnen in den Gefängniszellen in Bridewell saßen, wurde dem Immobilenmagnaten Liam Carroll, dessen Gier und Spekulationen zu einem nicht unwesentlichen Teil zur Wirtschaftskrise beigetragen hat, gerichtlicher Schutz gegen Versuche zuteil, Teile seines Vermögens zu belangen.
Die wahre Aussage dieses Konflikts ist, dass jede Gruppe von ArbeiterInnen ihre Löhne, Rechte und Arbeitsplätze verteidigen kann, wenn sie zur Tat schreitet und geschlossen auftritt und Entschlossenheit an den Tag legt. Es war eine Ehre, Seit an Seit mit diesen ArbeitnehmerInnen zu stehen. Die Besetzung war eine Lehrstunde in puncto Disziplin und Organisiertheit der Arbeiterklasse und wird eine sehr praktische Erfahrung für ArbeiterInnen überall auf der Welt bleiben.