Fr 01.05.1998
Jedes Jahr verabschiedet die Regierung nun schon mit einer gewissen Regelmäßigkeit einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Schon alleine daran, daß in den letzten Jahren die Arbeitslosigkeit nicht zurückgegangen, sondern im Gegenteil noch weiter bis zu Rekordmarken über 300.000 im Winter gestiegen ist, erkennt man aber die Wirkungslosigkeit dieser Konzepte. Auch der „Nationale Aktionsplan” entpuppt sich dabei nach genauer Betrachtung als nichts anderes, als eine große Seifenblase.
Als Alibiaktion gegen die hohe Arbeitslosigkeit forderte die EU ihre Mitgliedstaaten auf, nationale Konzepte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu erstellen. Die österreichische Regierung und die Sozialpartner einigten sich gerade noch rechtzeitig um am großen „Preisausschreiben” teilzunehmen. Denn gemessen werden die Konzepte nicht nach ihrer Umsetzung, geschweige denn Wirkung, sondern an den darin enthaltenen Versprechen. Vor diesem Hintergrund ist es auch gar nicht weiter verwunderlich, daß es im österreichischen „Nationalen Aktionsplan” – kurz NAP - keine Beschäftigungsgarantien gibt. Auch sind so ziemlich alle Forderungen der Gewerkschaft, wie der Anspruch auf bezahlte Bildungsfreistellung, Teilzeitkarenz, Reduzierung der Arbeitszeit von Eltern bis zum Schuleintritt ihrer Kinder und die Ausdehnung der Karenzzeit von 13 auf 26 Wochen sang- und klanglos gestrichen geworden.
100.000 neue Jobs?
Das Hauptziel des NAP ist es 100.000 (!) neue Arbeitsplätze bis zum Jahr 2002 zu schaffen. Dabei bleibt die Frage, wie denn das geschehen soll, völlig ungeklärt. Im wesentlichen stützt sich nämlich diese Zahl auf ein prognostiziertes Wirtschaftswachstum von jährlich 2,5%. Weitere Begründungen sucht man aber vergebens. Ganz im Gegensatz dazu steht eine Prognose des „Instituts für Wirtschaftsforschung”. Dort wurde errechnet, daß in den nächsten Jahren im Textil- und Bekleidungsbereich etwa 23.000, in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie 5.000, in der Grundstoffproduktion 15.000 und im Baugewerbe ebenfalls nochmals 15.000 Arbeitsplätze verlorengehen werden. Summa Summarum macht das 58.000 (!) Arbeitsplätze. Damit bleiben „nur” noch ganze 42.000 neue Arbeitsplätze für die derzeit offiziell gemeldeten 260.870 Arbeitslosen über.
Ein wenig konkreter wird das ganze dann wieder bei der Frage, wo denn diese 100.000 Arbeitsplätze entstehen sollen: 20.000 durch „arbeitsmarktpolitische” Maßnahmen und 80.000 im Dienstleistungsbereich. Zauberwort „Dienstleistung“
Nun ist das aber genau jener Bereich, in dem es die meisten prekären Arbeitsverhältnisse gibt und über die Qualität der „neuen” Arbeitsplätze wird im NAP kein Wort verloren. Daher ist zu befürchten, daß es sich dabei auch überwiegend um „McJobs” handeln wird. Alleine 28.000 Arbeitsplätze sollen bis zur Jahrtausendwende im Pflege- und Gesundheitsbereich entstehen. Nun, nach den Kürzungen durch die Belastungspakete und den Einsparungen im Sozialbereich, scheint es auch hier mehr als fraglich zu sein, wie die Regierung auf solche Zahlen kommt. Noch dazu ist die Tendenz dem genau entgegengesetzt. Denn die Arbeitslosigkeit ist im Gesundheitsbereich alleine im Vergleich zum Jahr 1997 um 12% und im Dienstleistungsbereich allgemein sogar um 14,4% gestiegen!
Die große Lehrlingsoffensive?
Nachdem Berechnungen der Sozialpartner zufolge heuer wieder 40.000 Jugendliche eine Lehrstelle suchen werden, wurde das Konzept vom Vorjahr fortgesetzt. Das heißt Beibehaltung und weitere Vergünstigungen für Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden. So bekommt jeder Unternehmer für Lehrlinge im 1. Lehrjahr einen Absetzbetrag in der Höhe von öS 20.000,-- und wird noch dazu für Lehrlinge im 1. Lehrjahr vom Arbeitgeberbeitrag zur Unfallversicherung befreit. Für Jugendliche, die trotzdem keine Lehrstellen gefunden haben, soll es die Möglichkeit geben, Lehrgänge in Berufsschulen und Lehrlingsstiftungen zu absolvieren. Aber anstatt der weit höheren „Lehrlingsentschädigung” werden die Jugendlichen nur eine besondere Beihilfe in der Höhe von öS 2.000,-- erhalten, wobei die Kosten von der öffentlichen Hand bestritten und die Unternehmer völlig aus ihrer Verpflichtung genommen werden. Anstatt die Lehrberufe „flächenmäßig” zusammenzufassen und damit den Wechsel in „verwandte” Berufe zu erleichtern, wird noch weiter aufgesplittert und neue Berufsbilder wie vielleicht Regalbetreuer oder Tankwart geschaffen.
Gleiche Chancen für Frauen?
Unter dem Titel „Gleiche Chancen für Frauen” wird in der SPÖ Presseaussendung zum NAP die Beschäftigungsoffensive für Frauen zusammengefaßt. Aber bis auf den Verweis, daß „alle schon genannten Bereiche auf Druck der SPÖ immer auch Maßnahmen zur Förderung von Frauen im Beruf enthalten” findet sich nur ein einziger frauenspezifischer Punkt. Es sollen nämlich ganze 18.000 neue Kinderbetreuungsplätze geschaffen und so den Frauen der Eintritt ins Berufsleben erleichtert werden. Der unbeschreiblich Zynismus zeigt sich daran, daß sogar nach Aussagen der Frauenministerin rund 200.000 dieser Einrichtungen fehlen! Noch dazu vor dem Hintergrund, daß bereits 42 % aller Arbeitslosen Frauen sind, Frauen immer noch um 43% weniger verdienen als Männer und sie auch in den letzten Jahren die Hauptbetroffenen vom Sozialabbau und der Kürzungspolitik der Regierung waren.
30 -Stundenwoche jetzt!
Unsere Antwort auf diese Lippenbekenntnisse der Regierungen und Unternehmer zur Massenarbeitslosigkeit muß die Forderung nach radikaler Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn in Europa sein. Der 6 – Stundentag bei einer 30 – Stundenwoche ist die einzige Möglichkeit Arbeitslosigkeit und eine weitere Flexibilisierung, die ebenfalls Arbeitsplätze vernichtet, wirksam zu bekämpfen. Darum machen auch Sie mit: unterstützen Sie unsere Unterschriftenaktion, besuchen Sie unsere Kundgebungen und Veranstaltungen zum Thema.